Elbtower und KaDeWe Treuhänder übernimmt Verkauf von Signa-"Filetstücken"
18.03.2024, 17:43 Uhr Artikel anhören
Ein Treuhänder soll die prestigeträchtigsten Immobilien der Signa-Gruppe verkaufen.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Gläubiger fordern von der insolventen Signa-Gruppe fast 13 Milliarden Euro. Anerkannt sind bisher knapp sechs. Ein Treuhänder soll für sie nun möglichst viel Geld herausholen und die hochkarätigsten Immobilien in den kommenden Jahren verkaufen.
Die hochkarätigsten Immobilien aus dem insolventen Reich des österreichischen Investors René Benko sollen in den nächsten Jahren von einem Treuhänder verkauft werden. Für diese Lösung stimmten in Wien mehr als 400 Gläubiger der Teilgesellschaft Signa Prime Selection AG, wie der Insolvenzverwalter mitteilte. Damit entschieden sie sich dagegen, den Kernbestand von Signa schneller, aber zu möglicherweise niedrigeren Erträgen zu Geld zu machen.
Die Signa Prime ist das Schmuckstück der verschachtelten Signa-Gruppe, die im Zuge von gestiegenen Zinsen, Baukosten und Energiepreisen in die Krise geschlittert ist. Zum Prime-Portfolio gehören unter anderem der noch unfertige Elbtower in Hamburg, das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe, Immobilien der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof und das Gebäude des österreichischen Verfassungsgerichtshofs.
Die Treuhand-Lösung erleichtere es, frisches Kapital für die Untergesellschaften der deutschen Signa-Objekte aufzutreiben, sagte Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform. Dieses Geld sei vor dem strukturierten Verkauf dieser Immobilien nötig. Insolvenzverwalter Norbert Abel hat als Treuhänder nun mehrere Jahre Zeit, um die Prime-Immobilien zu verwerten. Gläubiger der Signa Prime haben Forderungen von rund 12,8 Milliarden Euro angemeldet. Der Verwalter hat davon bislang nur etwa 5,9 Milliarden Euro anerkannt.
Angeboten worden sei ein Sanierungsplan mit einer Quote von 30 Prozent, teilten die Gläubigerschutzverbände KSV1870 und der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) mit. Sofern aufgrund der Verwertungserlöse mehr als 30 Prozent erreicht werden können, gelange dieser Betrag als "Superquote" an die Gläubiger zur Ausschüttung. "Ob dies tatsächlich eintreffen wird, hängt in erster Linie von der Entwicklung des Immobilienmarktes in den nächsten Jahren ab", sagte Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz vom KSV1870. "Mit der Annahme des Sanierungsplans ist jedenfalls der Grundstein für eine erfolgreiche Entschuldung gelegt".
Auch bei der zweiten Immobiliengesellschaft Signa Development stimmten die Gläubiger mehrheitlich für eine Sanierung unter einem Treuhänder, wie die Sanierungsverwalterin mitteilte. Die Gläubiger sollen ebenfalls eine Quote von 30 Prozent erhalten. Mit den Aufgaben der Treuhandschaft sei die bisherige Sanierungsverwalterin Andrea Fruhstorfer betraut worden.
Hoffnung auf Erholung des Immobilienmarkts
"Letztendlich ist es die wirtschaftlich vernünftigste Lösung", sagte Weinhofer. Denn Abel gehe in seinem Treuhandplan davon aus, dass sich der Immobilienmarkt in den kommenden Jahren erholt. "Klar ist, dass am Ende Signa nur mehr am Papier bestehen bleibt", sagte Weinhofer.
Aus steuerlichen Gründen werden die deutschen Immobilien von Signa Prime formell nicht dem Treuhänder unterstellt, de facto behält er aber über Zustimmungsrechte und offene Forderungen der Signa Prime an deren Untergesellschaften die Kontrolle. Bei der Gläubigerversammlung in Wien ging es nur um die Abwicklung von Signa-Immobilien, nicht um den Verkauf von Warenhausbetrieben wie KaDeWe und Galeria Karstadt Kaufhof. Diese ebenfalls zur Signa-Gruppe gehörenden Einzelhändler sind jedoch ebenfalls insolvent und suchen nach Käufern.
Gegen die längerfristige Abwicklung positionierte sich die Republik Österreich als Signa-Gläubiger. Ein rascher Abverkauf würde mehr Klarheit in die intransparente Firmengruppe bringen und etwaige strafrechtliche Ermittlungen rund um den Niedergang von Signa erleichtern, argumentierte der oberste Rechtsvertreter der Republik, Wolfgang Peschorn, am Freitagmorgen im Radio Ö1. "Und ich hoffe auch darauf, dass die Strafbehörden hier alsbald zielgerichtete Ermittlungen aufnehmen", sagte er.
Der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne könnte einem Insider zufolge mit einem Notkredit unter die Arme greifen. Es gebe Gespräche über ein Darlehen in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro, sagte eine mit der Situation vertraute Person zur Nachrichtenagentur Reuters. Zuvor hatte die Agentur Bloomberg über einen solchen Notkredit berichtet.
Kühne und einige Banken könnten insgesamt einen Kredit von mehr als 100 Millionen Euro bereitstellen, hieß es in dem Bericht unter Berufung auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das Geld würde Liquidität zur Deckung von Rechnungen und zur Fortsetzung der Bauarbeiten bereitstellen, sagten die Insider. Ein Sprecher der Kühne Holding wollte sich auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters nicht dazu äußern. Bei der Gläubigerversammlung sei ein möglicher Notkredit nicht Thema gewesen, sagten die Gläubigervertreter.
Geldwäsche-Vorwurf vehement zurückgewiesen
In Deutschland hat die Münchner Staatsanwaltschaft bereits mit Ermittlungen wegen Geldwäsche-Verdachts bei der Signa-Gruppe begonnen. Aus einer Mitteilung der Münchner Behörde ging vorige Woche hervor, dass auch andere Staatsanwaltschaften in Deutschland mit dem Fall befasst sind. Die Anwälte von René Benko haben Berichte über die Vorwürfe als "haltlos" zurückgewiesen. Benko hat vor Kurzem selbst Insolvenz angemeldet.
Die schwer angeschlagene Signa hatte im Herbst noch versucht, das Ruder mithilfe von angeheuerten Sanierungsexperten herumzureißen. Im Dezember meldeten Signa Prime und Signa Development Insolvenz an. "Ziel ist die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens," hieß es damals von Signa. Davon war nun keine Rede mehr.
Auch die Gläubiger der insolventen Immobilienentwicklungs-Einheit Signa Development Selection AG stimmten für einen Treuhand-Plan. Signa Development ist mit Forderungen von 2,3 Milliarden Euro konfrontiert, von denen bisher mehr als 1 Milliarde anerkannt wurde.
Quelle: ntv.de, als/dpa/rts