Wirtschaft

"Es ist alles möglich" US-Regierung erwägt Austritt aus WTO

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries traf sich in Washington mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries traf sich in Washington mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer.

(Foto: AP)

Keine leichte Aufgabe hat Wirtschaftsministerin Zypries bei ihrem USA-Besuch. Sie will die neue Regierung von der Idee abbringen, Handelsabkommen neu zu verhandeln. Allerdings scheinen die Amerikaner sogar zu weiteren Schritten bereit.

Derzeit stellen die USA ihre Handelsbeziehungen auf den Prüfstand und denken laut Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries auch darüber nach, die Welthandelsorganisation (WTO) zu verlassen. "Die Formulierung war: 'Es ist alles möglich'", sagte die SPD-Politikerin nach einem Gespräch mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer in Washington. "Ich würde jetzt nicht sagen, dass es eine konkrete Drohung ist, aber es zeigt schon, dass man mit dem Gedanken spielt", sagte die Ministerin weiter.

Das Gespräch mit Lighthizer sei "gut, aber schon auch fordernd" verlaufen, so Zypries. Lighthizer wolle im Streit um hohe Handelsüberschüsse Deutschlands aber auf Strafmaßnahmen verzichten. Der Handelsbeauftragte habe nicht mit Sanktionen gedroht, sagte Zypries.

"Die USA machen aber weiter Druck", ergänzte sie. Es sei die klare Priorität Lighthizers, das große Handelsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten zu reduzieren. Deutschland bleibe auf dem Radar, aber die Hauptrichtung der US-Bestrebungen sei China, so die Ministerin.

"Ball liegt bei den Amerikanern"

Der Ball liege diesbezüglich aber klar bei den Amerikanern: "Die Frage war nicht, was müssen die Deutschen tun, sondern was müssen die Amerikaner tun, um sich da stärker voranzubringen", so Zypries. Deutschland wolle dabei helfen, dass die USA mehr exportieren. Man sei während des Gesprächs außerdem überein gekommen, "dass die Länder, die freien Handel haben, zusammenstehen gegen die Länder, die Protektionismus betreiben", sagte Zypries.

Die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat ihren Wählern versprochen, den heimischen Markt gegen ausländische Exporte besser zu schützen. Das soll zu mehr Arbeitsplätzen in der Industrie führen. Trump will deshalb alle Handelsabkommen der Vereinigten Staaten auf den Prüfstand stellen, weil Amerika in den vergangenen Jahrzehnten aus seiner Sicht über den Tisch gezogen wurde.

Zypries will Überzeugungsarbeit leisten

Der Exportüberschuss der Bundesrepublik mit den USA summierte sich vergangenes Jahr auf beinahe 50 Milliarden Euro. Deutschland liefert damit doppelt so viel über den Atlantik wie es umgekehrt einführt.

Das Defizit Washingtons im Handel mit China ist allerdings beträchtlich größer als dasjenige mit Deutschland. Mit 347 Milliarden Dollar (Stand 2016) ist es das größte der Welt.

Zypries will die Amerikaner bei ihrem Besuch in der US-Hauptstadt davon überzeugen, dass allein die Änderung von Handelsabkommen keine Renaissance der Industrie bringen werde. Dafür müssten die US-Unternehmen schlicht wettbewerbsfähiger werden, so die Einschätzung in Berlin. Bei deutschen Firmen in den USA arbeiten 670.000 Beschäftigte. Ein Zehntel der ausländischen Direktinvestitionen kommt aus der Bundesrepublik. Zypries wird im Laufe des Tages noch ihren Amtskollegen Wilbur Ross treffen.

Quelle: ntv.de, kst/dpa/DJ

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