Kein Komplett-Verzicht für Vorstände VW-Chef Müller will Boni kappen
10.04.2016, 14:54 Uhr
VW-Chef Müller hat schwerwiegende Entscheidungen zu treffen: Die Boni-Regelung wird die neun Vorstandsmitglieder betreffen, aber auch 2015 ausgeschiedene Top-Manager wie Martin Winterkorn.
(Foto: dpa)
Wie viel erfolgabhängiges Honorar haben sich die VW-Vorstände mitten in der Abgasaffäre verdient? Die Meinungen der Manager gehen weit auseinander. VW-Chef Matthias Müller will am Montag angeblich einen Kompromiss vorstellen.
Im Streit um einen Gehaltsverzicht der VW-Vorstände wegen der Abgasaffäre will Volkswagen-Chef Matthias Müller einem Zeitungsbericht zufolge am Montag eine Lösung vorstellen. Er werde dem Präsidium des Aufsichtsrates vorschlagen, dass die Konzernvorstände freiwillig auf rund 30 Prozent ihrer Boni verzichten sollten, berichtet "Bild am Sonntag".
Diese Regelung würde neben amtierenden auch ausgeschiedene Vorstandsmitglieder wie Ex-Chef Martin Winterkorn betreffen, der wegen der Affäre um millionenfach manipulierte Abgaswerte 2015 seinen Hut genommen hatte. Der VW-Vorstand habe kontrovers über die Prämien diskutiert. Einige Manager hielten Sonderzahlungen derzeit für unangemessen, andere hätten darauf bestanden.
Die Boni sind grundsätzlich ein heißes Eisen für den kriselnden Konzern. Einerseits sind die variablen Vorstandsvergütungen vertraglich fest geregelt. Sie hängen am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und zudem an individuell mit den Managern vereinbarten Zielen für die persönliche Leistung. Sowohl für einen Komplett- als auch für einen Teilverzicht müssten die Vorstände jeweils einwilligen und von den vertraglichen Regelungen zurücktreten - sie könnten aber auch genauso gut auf einer Zahlung der Boni nach den Berechnungsregeln bestehen. Die Höhe der Vorstandsboni und ein möglicher freiwilliger Verzicht haben im Strudel des Abgas-Skandals allerdings auch große öffentliche Signalwirkung.
Streit um Stellenabbau
Insidern zufolge werden das Präsidium des VW-Aufsichtsrats auch noch andere schwierige Themen beschäftigen. Am Montag werde auch über den Streit zwischen Betriebsratschef Bernd Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess gesprochen, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen. Der Betriebsrat wirft Diess vor, er wolle die Aufarbeitung der Affäre zu einem Stellenabbau nutzen.
Erste Leiharbeiter mussten das Unternehmen angeblich schon verlassen. Die 120.000 Mitarbeiter im VW-Haustarif haben wegen roter Zahlen bei der VW-Kernmarke keinen Anspruch auf ihre gewohnte Erfolgsbeteiligung. Sie erhalten alternativ eine Anerkennungsprämie, deren Höhe aber noch unklar ist. Auch die Volkswagen-Aktionäre zahlen für den Abgasskandal. Sie müssen sich diesmal auf weniger Dividende einstellen, möglicherweise sogar auf eine Minimal-Zahlung.
Auf der Tagesordnung des Aufsichtsratspräsidiums steht ferner auch noch der Stand der Untersuchungen einer US-Anwaltskanzlei, die seit Herbst daran arbeitet, die Hintergründe und Verantwortlichen des Abgasskandals zu ermitteln, heißt es weiter. Zudem werde es bei der Sitzung um die angespannte finanzielle Situation des Konzerns gehen.
Wegen drohender Milliardenstrafen und Schadenersatzzahlungen infolge der Manipulationen hat VW bisher noch keine Bilanz für 2015 vorgelegt. Nun habe der Aufsichtsrat seine für den 20. April angesetzten Beratungen über den Jahresabschluss 2015 um mindestens zwei Tage verschoben, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf Konzernkreise.
Hintergrund sei, dass sich die Gespräche mit US-Umweltbehörden über die technische Nachbesserung von rund einer halben Million Dieselautos in die Länge zögen. Ohne die Affäre, für deren Folgen der Konzern hohe Rückstellungen bilden muss, hätte sich im vergangenen Jahr ein Gewinn von rund zehn Milliarden Euro ergeben, berichtete "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Geschäftszahlen, die der Konzern Ende April vorstellen werde.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa