Wirtschaft

Wer sitzt denn hier am Lenker? Wenn Busse wie von Geisterhand fahren

Probefahrt in Bad Zwischenahn

Probefahrt in Bad Zwischenahn

(Foto: picture alliance / dpa)

Vollautomatische Nahverkehrszüge ohne Lokführer gibt es bereits seit Jahren. Doch ein Bus mit Passagieren an Bord im öffentlichen Straßenverkehr - unmöglich? Ein französischer Hersteller will die Welt vom Gegenteil überzeugen.

Er sieht etwas futuristisch aus, der kleine graue Kasten auf vier Rädern. Abgerundete Ecken, große Panoramafenster, Platz für 15 Passagiere. Doch was drin steckt, ist Hochtechnologie pur. Das französische Unternehmen Navya Technologies hat den wohl ersten serienreifen autonom fahrenden Bus auf den Markt gebracht. Und umweltschonend ist er auch noch: Er fährt voll elektrisch.

(Foto: Navya Technologies)

Noch sind die Stückzahlen überschaubar, der Anschaffungspreis hoch. 200.000 Euro muss der Käufer für den autonom fahrenden Kleinbus hinblättern. 70 Busse des Modells "Arma" will der französische Hersteller Navya in diesem Jahr bauen. 40 davon seien schon verkauft, so ein Navya-Manager. Der Elektrobus ist derzeit auf Deutschlandtour. Am Dienstag war die dritte Station dran: Der Park der Gärten im niedersächsischen Bad Zwischenahn.

Noch dürfen die Busse nicht auf öffentliche Straßen, denn das Zulassungsverfahren ist langwierig. Bis 2030 sollen in Deutschland die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Doch schon vorher soll es die grundsätzliche Möglichkeit des autonomen Fahrens für Lastwagen oder Autos geben, allerdings noch unter Aufsicht eines Fahrers. Für den "Arma" keine Option, denn der hat keinen Führerstand und auch keine Möglichkeit, manuell in die Fahrt einzugreifen. Bleibt also vorerst nur die praktische Erprobung auf abgesperrten Straßen.

Der Fahrer wird in dem Bus durch High-Tech ersetzt. GPS, Radar und Sensoren steuern das Fahrzeug auf einer festgelegten und vorher einprogrammierten Strecke. Auf dem Gelände im Park der Gärten sind das nur einige hundert Meter. Der Kleinbus mit 11 Sitz- und 4 Stehplätzen weicht aus, verlangsamt die Fahrt oder stoppt, wenn Spaziergänger zu nahe kommen. Der Bus bewältigt auch Ladevorgänge autonom. Sinkt die Batterieleistung unter zehn Prozent, dann fährt er eigenständig an die Ladestation.

Öffentliche Premiere in der Schweiz

Erste Busse befinden sich bereits im praktischen Einsatz. Auf dem Gelände des französischen Atomkraftwerks Civeaux sorgen insgesamt sechs dieser Gefährte für den schnellen Transport der Mitarbeiter zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen. Sie fahren im Fünfminutentakt und damit dreimal häufiger als die alten Dieselbusse. Außerdem, so das Kalkül der Ingenieure, soll die Unfallhäufigkeit drastisch sinken, da rund 80 Prozent der Unfälle auf den so genannten menschlichen Faktor zurückzuführen seien.

Ihre Premiere im öffentlichen Straßenverkehr sollen die fahrerlosen Busse in der Schweizer Kleinstadt Sitten (französisch: Sion) haben. Zwei Busse müssen im zweijährigen Testbetrieb auf privaten Straßen beweisen, dass sie die Passagiere sicher und wohlbehalten von A nach B bringen können. Und das vollkommen autonom, ohne manuelle Eingriffsmöglichkeiten. Sollte es zu einem Zwischenfall kommen, erhält der Bus neue Anweisungen vom Zentralrechner und setzt seine Fahrt selbstständig fort.

Bis fahrerlose Busse zu einem selbstverständlichen Anblick in unseren Straßenbild werden, wird sicherlich noch einige Zeit ins Land gehen. Schließlich sind die Anforderungen an den Großstadtverkehr um einiges höher als für Fahrten in verkehrsberuhigten Zonen. Doch ein Anfang ist zumindest gemacht.

Quelle: ntv.de

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