Wirtschaft

"EZB hat Bogen überspannt" Zinstief kostet Sparer richtig viel

Die Politik des billigen Geldes kommt dem deutschen Sparer teuer zu stehen. Die Deutsche Versicherungswirtschaft spricht von einer Schicksalsfrage für Generationen. Dagegen sparen Immobilienbesitzer kräftig.

Massive Auswirkungen auf die Altersvorsorge.

Massive Auswirkungen auf die Altersvorsorge.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die deutschen Sparer haben wegen des Zinstiefs in den vergangenen fünf Jahren insgesamt einen zwölfstelligen Eurobetrag an Zinseinnahmen verloren. Das berichtet die "Bild-Zeitung", die sich auf Berechnungen der Postbank beruft.

Demnach büßten Sparer auf Sparbüchern und anderen Konten seit 2011 insgesamt 88 Milliarden Euro an Zinseinnahmen ein. Besitzer von Lebensversicherungen und Pensionsfonds verloren darüber hinaus im gleichen Zeitraum rund 37 Milliarden Euro Zinseinnahmen. Im Gegenzug sparten Immobilienbesitzer, die einen Kredit aufnahmen, seit 2011 rund 85 Milliarden Euro Zinskosten.

Unter dem Strich ergebe sich damit ein Verlust von rund 40 Milliarden Euro in fünf Jahren, sagte Postbank-Chefstratege Marco Bargel dem Blatt. Währungsexperte Niklas Potrafke vom Münchner Ifo-Institut sagte der Zeitung, die Europäische Zentralbank (EZB) habe bei der Zinspolitik "den Bogen überspannt".

Der Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Alexander Erdland, warnte vor massiven Folgen für die Altersvorsorge und forderte die EZB zu einer Umkehr in der Zinspolitik auf. Die Niedrigzinspolitik entwickele sich zur Schicksalsfrage für Generationen: "Sie zerstört das Fundament für einen sicheren Ruhestand von Millionen Menschen in Europa."

"Schwierige Auswirkungen für Deutschland"

Derweil halten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann die öffentliche Debatte über die EZB-Nullzinspolitik für gerechtfertigt. Die Unabhängigkeit der Notenbank dürfte aber nicht infrage gestellt werden, betonten beide auf einer gemeinsamen Pressekonferenz am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Man sollte schon noch auf die schwierigen Auswirkungen für Deutschland hinweisen, die ja unbestreitbar seien, sagte Schäuble. Dies dürfe aber nicht verwechselt werden mit einer Kritik an der EZB oder gar mit Angriffen auf ihre Unabhängigkeit. Die Entscheidungen der EZB seien nicht sakrosankt und dürften durchaus diskutiert werden, sagte auch Weidmann, der zu den schärfsten Kritikern der ultralockeren Geldpolitik zählt.

Die EZB und ihr Präsident Mario Draghi stehen seit Wochen vor allem in Deutschland massiv in der Kritik. Geschäftsbanken müssen Gebühren zahlen, wenn sie ihr Geld auf Konten der EZB parken. Nicht nur Sparer gehen leer aus. Der fehlende Zins ermuntert zudem nicht zur privaten Vorsorge. Andererseits profitieren unter anderem Hausbauer sowie die öffentlichen Haushalte von der EZB-Politik.

Quelle: ntv.de, wne/DJ/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen