Wer dreht auf - wer dreht ab? Spurenleser im Börsen-Handel gesucht
17.10.2015, 11:02 Uhr
Wer geht in welche Richtung? Die Notenbanken machen weiter die Kurse.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die neue Börsenwoche beginnt mit Wirtschaftszahlen aus China. Diese werden den Kurs für die Handelstage bestimmen. Einmal mehr rücken zudem die Interpretationen der Notenbank-Worte die Kurse in die eine oder andere Richtung.
Nach der Erholungsrallys von den Jahrestiefs ist der deutsche Leitindex Dax wieder ins Stocken geraten. Die anhaltenden Wachstumssorgen rund um China und der bisher schwache Verlauf der Berichtssaison sprechen nicht für großes Kurspotenzial nach oben. Zugleich ist die Absturzgefahr an den Börsen aber gering. Denn immer weniger Anleger gehen davon aus, dass die US-Notenbank noch in diesem Jahr die Leitzinsen anheben wird. Zugleich mehren sich die Spekulationen, dass die EZB ihr Wertpapierkaufprogramm ausweiten könnte und auch in China und Japan halten sich Hoffnungen auf weitere liquiditätssteigernde Stimuli der Notenbanken. "Der Dax wird sich voraussichtlich über der Marke von 10.000 Punkten stabilisieren", meint Aktienstratege Tobias Basse von der NordLB.
Die Woche beginnt im Zeichen der chinesischen Wachstumszahlen. Im Konsens wird erwartet, dass die sich das Wachstum im dritten Quartal auf annualisiert 6,8 Prozent nach 7 Prozent im zweiten Quartal verlangsamt hat. Nach Ansicht der Commerzbank dürften die Korrektur der Übertreibungen am Immobilienmarkt sowie die hohe Verschuldung der Unternehmen weiter ihren Tribut gefordert haben.
Gerade für deutsche Unternehmen wären das keine guten Nachrichten, denn sie hatten in den vergangenen Jahren stark auf das scheinbar nicht enden wollende Wachstum im Reich der Mitte gesetzt. Der Beitrag Chinas ist in der Zwischenzeit signifikant: So erzielt beispielsweise Infineon dort rund 45 Prozent seiner Erlöse. Bei VW sind es immerhin etwa 30 Prozent. Für Adidas, BMW, HeidelCement, Daimler, Siemens und Beiersdorf ist China für mindestens 20 Prozent der Umsätze verantwortlich.
Berichtssaison: Summe von verfehlten Erwartungen
Die bislang schwach laufende Berichtssaison in Deutschland mit Gewinnwarnungen in Serie hat ebenfalls viel mit China zu tun. Kein einziges Unternehmen habe die Schätzungen übertroffen, urteilt die Commerzbank. Zwei von drei Firmen habe sie sogar verfehlt. Und wirkliche Besserung erwarten die Experten nicht.
Für den deutschen Aktienmarkt bedeutet dies nur begrenztes Aufwärtspotenzial. Die Erholung von dem Jahrestief bei 9325 Punkten auf nun wieder über 10.000 war vor allem der Erwartung geschuldet, dass die Geldpolitik in den USA - unter anderem wegen der chinesischen Wachstumsschwäche - länger expansiv bleiben wird, als erwartet.
Fed findet keinen klaren Ton
In der Zwischenzeit gehen die meisten Beobachter davon aus, dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus nicht vor März kommenden Jahres einleiten wird. Die Analysten der Essener National-Bank dämpfen indes die Hoffnung auf mehr Klarheit: "Den US-Notenbankern gelingt es zur Zeit nicht, einen klaren Kurs zu kommunizieren. Vermutlich wird das in den kommenden Wochen so bleiben." Einige Börsianer halten es inzwischen sogar für möglich, dass die Fed den Geldhahn weiter aufdreht, statt die geldpolitischen Zügel anzuziehen.
Gleichzeitig mehren sich die Hinweise, dass die EZB noch in diesem Jahr das Volumen ihres Wertpapierkaufprogramms ausweiten wird. Sorgen bereitet weiter eine praktisch nicht vorhandene Inflation. Da das Zinssenkungspotenzial ausgeschöpft ist, bleibt eigentlich nur eine Erhöhung des "Quantative Easing" (QE) genannten Kaufprogramms von derzeit monatlich 60 Milliarden Euro.
Auf der EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag dürfte es allerdings noch nicht so weit sein. Wahrscheinlicher erscheint der Dezember als Termin.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts