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Studie: Reptilien jagten wie LeopardenIn Australien sprangen wohl einst Krokodile von Bäumen

19.11.2025, 11:52 Uhr
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Mekosuchinae-Krokodile ließen sich der neuen Studie zufolge einfach auf ahnungslose Beute fallen. (Foto: Pressebild (erstellt mit KI) zu Panadès, X. et al.: Australia’s oldest crocodylian eggshell: insights into the reproductive paleoecology of mekosuchines. Journal of Vertebrate Paleontology, 2025)

Ein Fund auf einer australischen Schafweide stellt die Welt der Paläontologie auf den Kopf: 55 Millionen Jahre alte Eierschalen belegen eine ausgestorbene Krokodilart. Diese urzeitlichen Reptilien lauerten ihrer Beute einer neuen Studie zufolge auf Bäumen auf.

Auf einer unscheinbaren Schafweide im Osten Australiens haben Forschende eine Sensation ausgegraben: die ältesten bekannten Krokodileierschalen des Kontinents. Die 55 Millionen Jahre alten Funde stammen von einer längst ausgestorbenen Krokodilgruppe: den Mekosuchinae. Ihre Vertreter jagten offenbar nicht nur im Wasser - sondern stürzten sich möglicherweise auch aus Bäumen auf ihre Beute.

Die Analyse der Schalen wurde nun im Fachmagazin "Journal of Vertebrate Paleontology" veröffentlicht. Entdeckt wurden sie bereits vor Jahrzehnten - doch erst moderne Untersuchungsmethoden, unter anderem mit Unterstützung spanischer Forschungsteams, lieferten einen klaren Befund.

Die Vorstellung, dass Krokodile einst aus Bäumen sprangen, klingt wie aus einem Abenteuerfilm, aber Paläontologen halten die Erklärung für plausibel. Einige Mekosuchinae-Krokodile könnten sich als terrestrische Jäger entwickelt haben, die sich im dichten Urwald des damaligen Australien ähnlich verhielten wie heutige Großkatzen, heißt es in der Studie. "Es ist eine bizarre Idee", sagt Co-Autor Michael Archer von der University of New South Wales der BBC. "Aber einige dieser Tiere haben vielleicht wie Leoparden gejagt - sie ließen sich einfach auf ahnungslose Beute fallen."

Die Spezies war demnach vielfältig, weit verbreitet und konnte bis zu fünf Meter lang werden. DIe Tiere lebten in einer Zeit, als Australien noch Teil des Superkontinents Gondwana war und enge ökologische Verbindungen zu Südamerika und der Antarktis hatte. Australiens heute lebende Salz- und Süßwasserkrokodile kamen dort erst vor rund 3,8 Millionen Jahren an.

Ein spektakulärer Fund im Hinterhof

Der Fundort liegt in Murgon, einem kleinen Ort im Bundesstaat Queensland - heute trockenes Farmland, vor 55 Millionen Jahren jedoch ein üppiger Regenwald. Seit den frühen 1980er-Jahren graben Forscherinnen und Forscher hier in einem Tongrubenabschnitt, den die Grundstückseigentümer großzügig zur Verfügung stellten.

Archer erinnert sich gut an den Beginn der Grabungen: "Wir sind 1983 nach Murgon gefahren, haben am Straßenrand geparkt, die Schaufeln geschnappt und einfach an der Haustür gefragt, ob wir ihren Hinterhof aufgraben dürfen." Nach einem kurzen Hinweis auf möglicherweise verborgene fossile Schätze hätten die Besitzer sofort zugestimmt. "Sie grinsten und sagten: 'Natürlich!'"

Die Region hat seither fossile Sensationen hervorgebracht: die ältesten bekannten Singvögel, frühe Schlangen und Frösche Australiens, kleine Säugetiere mit Verwandten in Südamerika - und eines der weltweit ältesten Fledermausfossilien. "Das Gebiet ist ein Fenster in eine völlig andere Welt", sagt Koautor Dr. Michael Stein.

"Bisherige Entdeckungen sind nur der Anfang"

Dass nun auch uralte Krokodileierschalen identifiziert wurden, erweitert das Bild dieser verschwundenen Ökosysteme. Zudem bestätigt der Fund die Existenz der Mekosuchinae lange vor den bekannten jüngeren Fossilien aus 25 Millionen Jahre alten Ablagerungen in einem anderen Teil Queenslands.

Ob die "Drop Crocs", wie Wissenschaftler sie tauften, tatsächlich regelmäßig auf Bäumen lauerten, muss noch weiter untersucht werden - doch die Morphologie einiger Fossilien stützt zumindest die Möglichkeit eines zum Teil im Baum lebenden Lebensstils. Und für die Paläontologie ist die Fundstelle weiterhin ein Versprechen. "Die bisherigen Entdeckungen sind nur der Anfang", sagt Archer. "Mit jedem Spatenstich wird klarer, dass dort noch viele Überraschungen im Boden warten."

Quelle: ntv.de, hny

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