Fettsäure-Produzenten im Darm Diese Bakterien schützen vor schweren Entzündungen
21.06.2024, 11:33 Uhr Artikel anhören
Mikrobiom im Darm: Einer Studie zufolge verringern bestimmte Darmbakterien das Risiko schwerer Entzündungen.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
Auch von unserer Darmflora hängt ab, wie gesund wir sind. Aber welche Bakterien haben genau worauf Einfluss? Das ist noch wenig untersucht. Nun findet ein Forschungsteam heraus: Bestimmte Darmbakterien senken das Risiko einer schweren Infektion.
Wer mit einer schweren Infektion wie etwa einer Lungenentzündung im Krankenhaus liegt, hat häufig eine gestörte Darmflora. Aber ist das Mikrobiom im Ungleichgewicht, weil jemand krank ist und behandelt wird, oder sind die Menschen krank, weil ihr Mikrobiom vorher schon nicht gut aussah? Bisher, so schreibt ein Forschungsteam im Fachblatt "The Lancet Microbe", habe es dazu keine großen Untersuchungen in der Allgemeinbevölkerung gegeben. Das Team kommt in seiner Studie nun zu dem Schluss, dass bestimmte Darmbakterien das Risiko senken, schwere Entzündungen zu entwickeln.
Besonders auffällig sei die Zahl der Bakterien gewesen, welche die kurzkettige Fettsäure Butyrat produzieren. Je höher ihr Anteil im Darm war, desto seltener wurden die Menschen wegen einer Entzündung im Krankenhaus behandelt. Die Forschenden um Robert Kullberg von der Amsterdam University Medical Center schreiben, dass schon länger bekannt sei, dass Butyrat einen positiven Einfluss auf das Immunsystem von Mäusen habe. Nun habe das auch für eine große Gruppe Menschen aus zwei Ländern gezeigt werden können.
Butyrat als Faktor
Für die Studie wurde die Darmflora von 10.699 Menschen in Dänemark und Finnland auf Bakterien untersucht. Dafür wurden Stuhlproben auf Erbgut ausgewertet, um Arten und Häufigkeiten von Bakterien und anderen Lebewesen im Darm zu ermitteln. 602 der Studienteilnehmer entwickelten in den Jahren nach der Erstuntersuchung eine schwere Infektion, die in einigen Fällen auch zum Tod führte. Die Erkrankten hatten deutlich weniger dieser Butyrat produzierenden Bakterien in ihrem Darm als die übrigen Personen.
"Wir haben festgestellt, dass bei Menschen, die 10 Prozent mehr dieser Bakterien in ihrem Darm haben, die Wahrscheinlichkeit einer Infektion um 15 bis 25 Prozent sinkt", erklärte Kullberg. Bei den Infektionen habe es sich auch um Entzündungen außerhalb des Darms gehandelt, also zum Beispiel in der Lunge, im Harntrakt oder in anderen Teilen des Bauchs.
Transport im Körper
Butyrat wird zwar im Darm von bestimmten Darmbakterien produziert, kann aber auch in das Blut und andere Organe wie die Lunge gelangen. "Dadurch kann Butyrat die Zellen des Immunsystems im Darmtrakt, aber auch in anderen Organen unseres Körpers beeinflussen", erklärte Kullberg.
Die Fettsäure habe zum Beispiel Einfluss auf die Entwicklung und den Energiestoffwechsel von bestimmten Immunzellen, den Makrophagen. "Dies führt zu einer verstärkten Aktivität gegen Bakterien und Viren, die Infektionen verursachen können, zum Beispiel durch die Produktion von mehr kleinen Molekülen mit antimikrobieller Wirkung oder durch ein verstärktes Abfangen und Abtöten von Bakterien." Außerdem könne Butyrat Entzündungen ausgleichen, was zu einer geringeren Organschädigung führe.
Die Lebensweise der Probanden wurde durch Fragebögen zu Beginn der Studie ermittelt. Die Forschenden konnten aber keinen ausgeprägten Zusammenhang zwischen der Ernährung der Studienteilnehmer und den Butyrat-produzierenden Bakterien feststellen. Sie konnten die Ernährung als Faktor aber auch nicht ausschließen.
Ballaststoffe als Faktor?
Daher ist bisher unklar, wie sich die Zahl Butyrat-produzierender Bakterien im Darm womöglich erhöhen ließe. "Das ist wahrscheinlich leichter gesagt als getan", meint Kullberg. Diese Frage habe das Team auch nicht speziell untersucht. "Aber ich denke, dass ein gesunder Lebensstil - also zum Beispiel nicht rauchen, ausreichend körperliche Aktivität - im Allgemeinen hilfreich ist."
Butyrat werde von Bakterien bei der Fermentierung von Ballaststoffen produziert. "Eine ballaststoffreiche Ernährung - Obst, Gemüse, Getreidekörner - ist also wahrscheinlich hilfreich."
Quelle: ntv.de, abe/dpa