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Regenwald steuert auf Kollaps zuIm Amazonas entsteht eine neue, noch heißere Klimazone

10.12.2025, 17:07 Uhr
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Nicht nur durch Waldbrände vernichtet die immer stärkere Hitze die Bäume des Amazonas. (Foto: REUTERS)

Der Amazonas-Regenwald gerät durch extreme Dürren und steigende Temperaturen an seine Belastungsgrenze. Forscher warnen vor einer neuen Klimazone, die das empfindliche Ökosystem zerstören könnte.

Der Amazonas-Regenwald könnte am Beginn einer tiefgreifenden Transformation stehen. Einer neuen Studie zufolge gleitet das größte tropische Ökosystem der Erde langsam in ein Klima ab, das heißer und trockener ist als alles, was seit Dutzenden Millionen Jahren auf diesem Planeten existiert hat. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der University of California, Berkeley, beschreibt im Fachjournal "Nature", wie häufige und extreme "Hot-Drought"-Phasen, also extrem heiße Dürren, den Wald bereits heute an seine Belastungsgrenze treiben.

Die Analyse zeichnet dabei ein alarmierendes Bild: Wenn die Treibhausgasemissionen weiter ungebremst steigen, könnten solche "Hot-Drought"-Bedingungen bis zum Jahr 2100 an bis zu 150 Tagen pro Jahr im Amazonas auftreten - und sogar während der Regenzeit, schreiben die Autorinnen und Autoren. Die Folgen wären dramatisch. Der Regenwald, der wichtigste Kohlendioxid-Speicher der Erde, würde Teile seiner Fähigkeit verlieren, das Treibhausgas aufzunehmen. Schon heute zeigten Messungen, dass nach extremen Dürreereignissen mehr CO2 in die Atmosphäre gelangt als gewöhnlich.

Ein neues Klima: die "Hypertropen"

Die neu entstehende Klimazone nennt das Forschungsteam "Hypertropen". Sie entsteht demnach, weil steigende Temperaturen die ohnehin trockenen Monate zwischen Juli und September verlängern und verschärfen. "Diese heißen Dürren markieren ein Klima, das jenseits dessen liegt, was wir heute als tropischen Regenwald bezeichnen", sagt Studienleiter Jeff Chambers laut Mitteilung. Das Besondere: Die Bedingungen erinnerten an tropische Klimazustände, wie sie vor 10 bis 40 Millionen Jahren herrschten - deutlich heißer als heute.

Bereits jetzt zeigen die Daten laut Studie, dass die neuen klimatischen Bedingungen massive Auswirkungen auf den Regenwald haben. Die Forschenden fanden heraus, dass "Hypertropen"-Phasen die Sterberate von Bäumen um etwa 55 Prozent ansteigen lassen.

Entscheidend ist der Wasserhaushalt. In zahlreichen Messreihen - darunter 30 Jahre Daten von zwei Forschungstürmen nördlich von Manaus - fanden Chambers und sein Team einen kritischen Schwellenwert: Sinkt der Wassergehalt im Boden unter rund ein Drittel, geraten die Bäume in akuten Stress. Sie schließen dann ihre Spaltöffnungen, um Wasserverlust zu verhindern - und schneiden sich damit zugleich von Kohlendioxid ab. Die Folge: Sie hungern und können ihre Zellen nicht mehr reparieren. Zudem bilden sich der Studie zufolge unter extremem Hitzestress Luftblasen im Leitungssystem der Pflanzen, sogenannte Embolien. "Wenn genug dieser Blasen entstehen, kollabiert der hydraulische Kreislauf des Baums - und er stirbt", sagt Chambers.

Globale Auswirkungen - und ein Wettlauf gegen die Zeit

Besonders gefährdet sind demnach schnell wachsende Arten mit weichem Holz - jene Bäume also, die häufig in jüngeren oder wiederbewaldeten Flächen dominieren. Sie sterben deutlich häufiger als langsam wachsende, dichte Holzarten. Das bedeutet, dass sekundäre Wälder - beispielsweise nach Abholzung - deutlich anfälliger für Dürren sein könnten.

Die Forschenden betonen, dass die Entwicklung nicht auf den Amazonas beschränkt bleiben werde. Auch Regenwälder in Westafrika und Südostasien könnten künftig in hypertropische Klimaklassen rutschen. Entscheidend sei nun, wie schnell die globale Erwärmung voranschreitet - und wie entschlossen die Weltgemeinschaft handelt. "Es liegt an uns, wie stark wir diese hypertropische Zukunft tatsächlich erschaffen", so Chambers. Ohne deutliche Reduktion der Emissionen werde der Übergang unaufhaltsam und schneller verlaufen als bislang erwartet.

Quelle: ntv.de, hny

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