Polarwirbel werden instabil Klimawandel könnte mehr Kältewellen bringen
10.02.2021, 10:22 Uhr
Ausgerechnet die Erwärmung der Arktis könnte zu mehr Kältewellen führen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Schnee fällt in Massen, die Temperaturen fallen tief ins Minus. Deutschland bibbert in der Kältewelle. Es könnte sein, dass wir uns an solche Kältewellen gewöhnen müssen - nicht trotz, sondern gerade wegen des Klimawandels.
Kältewellen wie derzeit in Europa können nach Angaben des Klimaforschers Stefan Rahmstorf im Zuge des Klimawandels häufiger werden - und die Winter dennoch wärmer. "Das kann man auch darauf zurückführen, dass der Polarwirbel instabil geworden ist", sagte der Leiter der Abteilung Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Der Polarwirbel drehe sich normalerweise um die Arktis in der Stratosphäre, der zweiten Atmosphärenschicht, gegen den Uhrzeigersinn und beeinflusse auch das Wetter in der Troposphäre, der unteren Atmosphärenschicht.
Der Polarwirbel schließt die arktische Kaltluft ein - solange er sich nicht abschwächt oder gar umkehrt. "Dann kann die Kaltluft, die normalerweise in diesem Wirbel über dem Pol gefangen ist, auf Abwege geraten und auf die angrenzenden Kontinente wandern." So kann es nach Angaben des Forschers passieren, dass es in Nordamerika oder Nordeuropa sehr kalt wird. "Dann wird es in der Arktis besonders warm. Die Kaltluft verlagert sich", erklärte Rahmstorf. "Ausnahmsweise reicht das auch mal bis nach Spanien oder in den USA bis nach Florida."
Die Auswertungen von Daten der vergangenen Jahrzehnte haben nach Angaben des Potsdamer Forschers gezeigt, dass die Zahl der Tage mit instabilem Polarwirbel stark zugenommen hat. Er geht daher davon aus, dass es künftig möglicherweise mehr Kältewellen geben wird. "Wir rechnen schon damit, dass das Phänomen wahrscheinlich weiter zunehmen wird", sagte Rahmstorf.
Globale Erwärmung wahrscheinlich Ursache
Rahmstorf verwies auf Studien, die teils am PIK von der ehemaligen Doktorandin Marlene Kretschmer mit erstellt worden seien. Sie habe gezeigt, dass die Ursache zunehmender Instabilität des Polarwirbels wahrscheinlich die besonders starke Erwärmung der Arktis und die Abnahme des Meereises dort sei, sagte Rahmstorf. In einer neuen Studie sei sie darauf eingegangen, dass sich eine weitere Destabilisierung des Wirbels im Lauf der Jahrzehnte durch fortgesetzte globale Erwärmung erwarten lasse.
Deutschland erlebt zwar seit Tagen eine strenge Kältewelle mit teils zweistelligen Minusgraden. Wetter darf aber nicht mit Klima verwechselt werden, das sich insgesamt erwärmt. Meteorologen beobachten seit Jahren steigende Durchschnittstemperaturen. So war das Jahr 2019 das zweitwärmste, das seit Beginn der Aufzeichnungen 1881 gemessen wurde - nur das Jahr davor war noch wärmer.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa