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Drei Quadratmeter pro Tonne CO2 So stark schwindet Sommer-Eis in Arktis

Forscher erkunden das Meereis in der Arktis.

Forscher erkunden das Meereis in der Arktis.

(Foto: Dirk Notz/dpa)

Ein Flug von Deutschland nach San Francisco lässt das sommerliche Arktis-Meereis um fünf Quadratmeter schwinden. Erstmals leiten Forscher den Eis-Rückgang direkt aus Beobachtungsdaten ab. Sie zeigen: Die Folgen von CO2 für das Eis sind viel größer als gedacht.

Mit jeder Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid (CO2) schwindet die Meereis-Fläche in der Arktis im Sommer um drei Quadratmeter. Das berechneten Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie und Julienne Stroeve vom National Snow and Ice Data Center in Boulder (US-Staat Colorado) anhand direkter Beobachtungen. Sollten in Zukunft 1000 weitere Gigatonnen CO2 ausgestoßen werden, würde es im September kein Meereis mehr in der Arktis geben, schreiben sie in der Zeitschrift "Science". Bislang galt die Menge von 1000 Gigatonnen CO2 als akzeptabel, um das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 2-Grad-Ziel zu erreichen.

Die Arktis ist vom Klimawandel besonders stark betroffen: Die Fläche, die das arktische Meereis im Spätsommer bedeckt, hat sich während der vergangenen 40 Jahre etwa halbiert. Klimamodelle kommen zu unterschiedlichen Schlüssen, bis wann die sommerliche Arktis eisfrei sein könnte.

Notz und Stroeve stützten sich bei ihren Kalkulationen auf Beobachtungsdaten: Sie glichen die Menge des arktischen Meereises im September, die seit Anfang der 1950er-Jahre systematisch erfasst wird, mit dem weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) seit Beginn der Industrialisierung ab.

Neuer Wert zuverlässiger

Zwar variiert das Verhältnis von Meereis und CO2-Ausstoß in einzelnen Jahren, doch über längere Zeiträume fanden die Forscher einen linearen Zusammenhang. Den hatten zwar auch Klimamodelle gefunden, aber in deutlich schwächerer Form: "Bisher ging man von einem Rückgang des sommerlichen Meereises um 1,7 oder 1,8 Quadratmeter pro Tonne CO2 aus", sagt Notz. "Unser Wert von drei Quadratmetern liegt deutlich darüber." Da der neue Wert auf direkten Beobachtungsdaten beruhe, sei er zuverlässiger.

Bislang gelten den Forschern zufolge Emissionen von weiteren 1000 Gigatonnen CO2 als Limit, um die globale Erderwärmung auf weniger als zwei Grad im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung zu beschränken. Doch der neuen Studie zufolge wäre die Arktis bei dieser Emissionsmenge im September eisfrei. Nur bei einem Emissionsszenario, das die Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt, sei im Sommer noch mit Meereis in der Arktis zu rechnen. Derzeit würden weltweit pro Jahr etwa 35 bis 40 Gigatonnen CO2 ausgestoßen, sagt Notz.

Auswirkung von CO2-Emissionen berechenbar

"Bisher hat sich der Klimawandel immer irgendwie abstrakt angefühlt", wird Ko-Autorin Stroeve in einer Mitteilung des Max-Planck-Instituts zitiert. "Unsere Ergebnisse stellen dieses Gefühl fundamental infrage. Wir können jetzt zum Beispiel direkt ausrechnen, dass die Kohlendioxid-Emissionen auf einem Hin- und Rückflug von Frankfurt nach San Francisco pro Sitz etwa fünf Quadratmeter Meereis in der Arktis abschmelzen lassen."

In Deutschland verursacht dem Umweltbundesamt (Uba) zufolge jeder Bürger im Schnitt einen jährlichen Treibhausgasausstoß, der dem Effekt von 11,91 Tonnen CO2 entspricht. Zu den Treibhausgasen gehören unter anderem CO2, Methan und Lachgas.

Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa

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