Auto

Ein Land Rover ohne Allrad Wo weniger mehr ist

Die Front des neuen Freelanders wurde dem Modell Discovery ähnlicher.

Die Front des neuen Freelanders wurde dem Modell Discovery ähnlicher.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Land Rover begeht den Sündenfall: Die Marke, die Offraod-Ikonen wie den Discovery baut, bringt ein Fahrzeug mit Frontantrieb. Und der Freelander wird nicht der letzte sein.

Natürlich wird es ein paar Dogmatiker geben, die laut "Verrat" rufen. Sie fahren seit 30 Jahren Defender und von der Erfindung des Airbags haben sie allenfalls gelesen. Aber Land Rover wird sich auch von hartgesottenen Off-Road-Fans nicht davon abbringen lassen, Autos mit Zweirad-Antrieb zu bauen. Der Freelander macht den Anfang.

Ein quirliges Vergnügen: Mit Allrad. aber ohne Winterreifen wagt sich dieser Testfahrer in den Schnee.

Ein quirliges Vergnügen: Mit Allrad. aber ohne Winterreifen wagt sich dieser Testfahrer in den Schnee.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Die britische Geländewagenmarke kann sich solche Freiheiten leisten, hat sie laut Deutschland-Geschäftsführer Peter Modlehart doch ein "sehr, sehr schönes Jahr" hinter sich. 2010 stieg der weltweite Absatz um rund 25 Prozent, in Deutschland sogar um 30. Rund jeder dritte hierzulande verkaufte Land Rover ist ein Freelander. Die 2006 in Dienst gestellte zweite Generation wurde nun optisch etwas aufgewertet und die Modellpalette mit zwei neuen Varianten ergänzt.

Eine davon ist ein ausschließlich über die Vorderachse angetriebenes Fahrzeug. Technisch war es keine besondere Herausforderung auf den Antriebsstrang zur Hinterachse zu verzichten. Bei der Fahrt auf festem ebenem Untergrund ist der Freelander-Fahrer auch mit dem Allradmodell fast als Fronttriebler unterwegs, da die Motorkraft in diesem Normalfall nur zu fünf Prozent an die Hinterräder geleitet wird. Der vollständige Verzicht auf angetriebene Hinterräder bringt eine Verringerung des Leergewichts um rund 75 Kilogramm und eine Verbesserung des Verbrauchswerts nach EU-Norm auf sechs Liter je 100 Kilometer.

Automatik noch ohne Stopp/Start

Befürchtungen dass durch die Einführung einer Frontantriebs-Variante der Markenkern verwässert werden könnte, tritt Modelhart entschieden entgegen: "Wir können uns auf Dauer nicht den Kundenwünschen verschließen, aber, keine Sorge, wir bleiben authentisch." Kunden, die eine gehobene Sitzpostition wie im Kompakt-SUV suchen und auf Allradantrieb verzichten können, sind bisher gezwungen sich beim Volkswagen Tiguan, dem Ford Kuga oder asiatischen Produkten zu bedienen. Modelhart schätzt, dass künftig 10 bis 15 Prozent der Freelander-Verkäufe auf das Konto des Fronttrieblers gehen werden. Bei in gleichem Maße steigenden Gesamtvolumen versteht sich, denn ein Umschwenken von Kunden von der Allrad- auf die rund 1700 Euro günstigere Frontantriebs-Variante ist nicht im Sinne des Herstellers.

Die Kombination Automatik und Start-Stopp wird es frühstens nächstes Jahr geben.

Die Kombination Automatik und Start-Stopp wird es frühstens nächstes Jahr geben.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Den sehr respektablen Verbrauchswert von sechs Litern erreicht das neue Auto durch den serienmäßigen Einsatz der Stopp/Start-Automatik, die für alle handgeschalteten Modelle erhältlich ist. Auf die Kombination von sparsamer Motorstilllegung und Automatikgetriebe müssen die Kunden jedoch noch etwas warten. Vor 2012 sei mit der Einführung dieser Technik nicht zu rechnen.

Und so sieht das Angebot des kleinsten Land Rovers zu Beginn dieses Jahres aus: Die vier Diesel- und das für Deutschland praktisch unbedeutende Benziner-Modell bedienen sich eines 2,2-Liter großen Vierzylinders sowie eines 3,2 Liter großen Reihensechszylinders. Bemerkenswert ist, dass auch der 233 PS starke Sechszylinder-Ottomotor quer zur Fahrtrichtung eingebaut ist. Die Dieselmotoren haben wahlweise 150 oder 190 PS. Der frontgetriebene Diesel (150 PS) ist ausschließlich mit Sechs-Gang-Handschaltung zu bekommen, der 190-PS-Selbstzünder nur mit Sechs-Gang-Automatik. Dazwischen rangiert der allradgetriebene Freelander mit 150 PS, bei dem die Kunden ihr Wunschgetriebe bestellen können.

Leichte Retuschen an der Front

Die optische Differenzierung zu den bisher aktuellen Modellen des Freelanders funktioniert in erster Linie über die Frontpartie. Dort wanderte der Kühlergrill noch oben zwischen die Scheinwerfergläser und bekam zwei Querstreben, die nun die Verwandtschaft zu den größeren Modellen Discovery und Range Rover wieder enger werden lassen. Die Lichtquellen an Front und Heck wurden ebenfalls neu gestaltet und die Farbpalette vergrößert. Neue Sitzdesigns und Polsterfarben komplettieren die Renovierung des Freelanders, der weltweit bis Ende 2010 fast 55.000 Kunden fand.

Die Ersparnis für den rein frontgetriebenen Freelander liegt bei 1700 Euro.

Die Ersparnis für den rein frontgetriebenen Freelander liegt bei 1700 Euro.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Da der 190-PS-Diesel sein Leistungsmaximum bereits bei einer niedrigeren Drehzahl erreicht als der um 40 PS schwächere Motor, erstand bei ersten Fahrtests ein deutlich munterer Eindruck. In der Schubkraft von 420 Newtonmetern (ab 2000 Umdrehungen) unterschieden sich die beiden Aggregate nicht. Die Robustheit der Produkte des Geländewagenspezialisten offenbaren sich nicht zuletzt auf der Waage, wo der Fronttriebler mit 1710 Kilogramm anschlägt, die Automatik-Versionen jedoch fast zwei Zentner mehr mitbringen.

Abgesehen von gelegentlicher Schaltnervosität der Automatik, die offenbar Mühe hatte, für flotte Gangart auf der langgezogenen Bergstrecke die geeignete Fahrstufe zu identifizieren, fiel der 190-PS-Allradler nicht weiter unangenehm auf. Wie man sich nach ausgelassenem Schneevergnügen mit Driftparcours und deaktivierten Spurhaltesystemen wieder auf den Boden der Realität bringen kann, zeigte der anschließende Blick auf den Bordcomputer: 11,3 Liter statt der sechs aus dem EU-Normtest. Doch auch der Karussellbetreiber verschenkt seine Fahrkarten nicht und ein Ausflug in die weiße Pracht mit der britischen Allrad-Wühlmaus ist in jedem Fall vergnüglicher. Beim Einsatz im tiefen Schnee werden Normverbräuche verständlicherweise zur Makulatur.

Der günstigste Freelander wird künftig in Deutschland für 28.200 Euro angeboten. Eine angetriebene Achse mehr gibt es in dem Auto für 29.900. Dafür gibt es schon Airbags in der zweiten Reihe sowie Zentralverriegelung und Leichtmetallfelgen. Das Modell mit 190 PS, und Automatikgetriebe bietet zusätzlich zum Beispiel Regensensor, Tempomat, Zwei-Zonen-Klimaautomatik und ein Audio-System für 36.400 Euro. Der Spitzendiesel für 44.600 Euro hat außerdem noch ein Navigationssystem und Ledersitze, Xenon-Scheinwerfer und 19-Zoll-Alufelgen.

Quelle: ntv.de

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