Was wird gelöscht, was nicht? Interne Facebook-Regeln veröffentlicht
21.05.2017, 21:52 Uhr
Meinungsfreiheit oder Beleidigung? Facebook entscheidet, wo die Grenzen liegen.
(Foto: AP)
Das Internet ist voll von Beleidigungen, Sex- und Gewaltvideos. Vor allem Facebook steht in der Kritik, weil es Hasskommentare nicht immer löscht oder Gewaltakte live überträgt. Ein Bericht zeigt: Die Mitarbeiter kapitulieren vor der Masse an Inhalten.
Welche Kommentare, Fotos und Videos löscht Facebook und welche dürfen stehenbleiben? Die britische Zeitung "Guardian" hat eigenen Angaben zufolge Einblick in die internen Richtlinien von Facebook erhalten. Demnach wird unter anderem in Handbüchern für Mitarbeiter vorgegeben, welche Inhalte erlaubt sind und welche nicht. Es geht dabei vor allem um Gewalt, Rassismus, Hasskommentare, Terrorismus und Pornografie.
Bei Inhalten, in denen es zum Beispiel um Gewalt geht, wird allerdings stark unterschieden. Nicht jeder Eintrag müsse gelöscht werden, in dem Gewalt angedroht wird, berichtet die Zeitung. Sie beruft sich auf mehr als hundert Handbücher von Facebook, in denen den Moderatoren Beispiele genannt würden. So müsse folgender Kommentar nicht zwangsläufig entfernt werden: "Um einer Schlampe das Genick zu brechen, stelle sicher, dass du am meisten Druck auf die Mitte des Halses anwendest." Auch "Fick dich und sterbe" oder "Ich hoffe, jemand bringt dich um" könne den Richtlinien zufolge stehen bleiben, weil diese Kommentare nicht als ernstzunehmende Bedrohungen betrachtet würden, heißt es.
Gelöscht werden müsste hingegegen ein Mordaufruf gegen den US-Präsidenten wie "Jemand soll Trump erschießen". Er sei ein Staatsoberhaupt und zähle damit als "angreifbare Person", zitiert der "Guardian" aus den Anweisungen. Für sie gelte ein besonderer Schutz. Dazu gehören den Angaben zufolge auch Informanten, Zeugen, Aktivisten, Ausländer und Obdachlose. Sämtliche Gewaltaufrufe gegen diese Personen müssten entfernt werden, heißt es.
Oft Hinweis auf verstörende Videos statt Löschung
Facebook war mehrfach in die Schlagzeilen geraten, weil User Videos von Vergewaltigungen, Tötungsdelikten und anderen Gewalttaten live sendeten. Zum Umgang mit Videos von Tötungen schreibt Facebook dem Bericht zufolge: "Videos von gewaltsamen Todesfällen sind verstörend, können aber helfen ein Bewusstsein zu schaffen. Bei Videos, glauben wir, dass Minderjährige geschützt werden müssen und Erwachsene wählen können sollen." Die Videos würden deshalb mit einem entsprechenden "Verstörend"-Hinweis für die Nutzer versehen.
Ähnliche Richtlinien gibt es der Zeitung zufolge, wenn es um Kindesmisshandlung geht. Bilder davon würden ebenfalls mit einem Hinweis versehen, aber nicht automatisch entfernt, heißt es weiter. Gelöscht würden sie, wenn Nutzer sie mit anderen Nutzern teilen und dabei zum Beispiel erkennen lassen, dass sie die Taten befürworten. Auch Fotos und Videos von Tierquälerei dürften online bleiben, wenn es darum gehe ein Bewusstsein zu dem Thema zu schaffen. Bei äußerst verstörenden Bildern soll es auch hier wieder eine entsprechende Vorwarnung für die Nutzer geben.
Zum Thema Nacktheit und Sex heißt es: Diese dürften gezeigt werden, wenn es um Darstellungen in "handgemachter" Kunst geht. Digital erzeugte Darstellungen von Sex seien hingegen nicht erlaubt. Den Angaben zufolge sollen Videos von Abtreibungen erlaubt sein, solange keine Nacktheit gezeigt wird. Eine weitere Regel betrifft Selbstverletzungen. Demnach erlaubt Facebook Livestreams von solchen Vorfällen, weil es verstörte Menschen nicht zensieren oder bestrafen wolle, berichtet die Zeitung.
Äußerst problematisch bleibt für Facebook trotz des umfassenden Regelwerks, dass die Mitarbeiter laut "Guardian" angesichts der Masse an Inhalten und Kommentaren mit der Kontrolle nicht mehr hinterherkommen. "Facebook ist nicht in der Lage, seine Inhalte zu kontrollieren", zitiert die Zeitung eine Quelle. Demnach haben Moderatoren oft nur zehn Sekunden Zeit, um beispielweise über einen Kommentar zu entscheiden.
Quelle: ntv.de, hul