Fragwürdige Bonitätsprüfung Kein Kredit für Kevin
29.10.2010, 17:39 UhrAuskunfteien speichern nicht nur Informationen darüber, wie viele Konten jemand hat und ob er seine Schulden zuverlässig zurückzahlt. Sie errechnen auch die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Zahlungsausfälle. Dabei stützen sie sich bisweilen auf fragwürdige Kriterien wie etwa Wohngegend und sogar Vorname.

Macaulay Culkin als "Kevin allein zuhaus": Niedlich, aber nicht kreditwürdig.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Winfried Hassemer, hat die Methoden mancher Auskunfteien zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit kritisiert. In einem am Freitag vorab veröffentlichten Interview mit dem "Spiegel" wandte sich Hassemer etwa gegen die Analyse von Vornamen und Adressen. "Das Kalkül ist denkbar einfach: Zu bestimmten Zeiten haben eher arme Leute ihren Kindern bestimmte Vornamen gegeben", sagte er. Wer Kevin heiße, der habe einen Malus und "wer in einer armen Gegend wohnt, wird unter einen Generalverdacht geraten."
Die größte Auskunftei hierzulande, die Schufa, verzichtet laut Hassemer weitgehend auf solche Analysen. Der 70-Jährige ist seit Juli Ombudsmann der Schufa. Verbraucher können sich an den ehemaligen Verfassungsrichter wenden, wenn sie mit dem Verbraucherservice des Unternehmens keine Einigung in einem Konflikt erzielen konnten.
Gratis-Auskunft gefragt
Auskunfteien stufen die Bonität von Verbrauchern vor Geschäfts- und Vertragsabschlüssen im Auftrag von Banken und anderen Unternehmen ein. Sie berechnen dafür einen sogenannten Scoring-Wert. Hassemer zufolge nutzt die Schufa für diesen Wert Namen, Alter, Zahl der Umzüge, Anzahl der Kreditaktivitäten, Informationen zu Kreditkarten und Girokonten sowie die Dauer der jeweiligen Vertragsbeziehungen. Dazu kämen "kreditrelevante Erfahrungen" wie eidesstattliche Erklärungen oder nicht eingehaltene Verträge.
Seit dem 1. April können Verbraucher einmal im Jahr kostenlos Auskunft über diese Werte verlangen. 700.000 solcher Anfragen hat es bislang gegeben. Hassemer kann das Interesse nachvollziehen. Die Schufa sei eine "Blackbox", deren Ergebnisse auf Mathematik und Statistik beruhten, "und eine Blackbox, von der man abhängt, erzeugt Ängste."
Hassemer rief die Geschäftspartner der Schufa zu mehr Verantwortung auf: "Eine verantwortliche Kreditentscheidung kann nicht nur auf der Schufa-Auskunft basieren", sagte er dem "Spiegel". Es sollte beispielsweise auch einfließen, wieviel Vermögen jemand habe oder wie sein Lebenslauf aussehe.
Quelle: ntv.de, AFP