Auto

Audis Aufholjagd bei E-Autos Die Führung als Ziel

Auf allen zur Führung: Audi hat Nachholbedarf in Sachen Elektromobilität. Jetzt geben die Ingolstädter mit gleich mehreren Modellen kräftig Strom.

Auf allen zur Führung: Audi hat Nachholbedarf in Sachen Elektromobilität. Jetzt geben die Ingolstädter mit gleich mehreren Modellen kräftig Strom.

(Foto: Tobias Sagmeister)

In zehn Jahren will Audi "der führende Premiumanbieter bei E-Mobilen" sein. Serienreife Autos kurz vor der Markteinführung haben derweil andere. Doch auch in Ingolstadt geht es voran, wie ein Blick in die Labore offenbart.

Ein knallroter Sportwagen war es, mit dem Audi seine Offensive der Öffentlichkeit kundtat: Die R8-ähnliche Flunder mit dem Namenszusatz "e-tron" sollte vor gut einem Jahr dokumentieren, dass Audi die Entwicklung weg vom Verbrennungsmotor nicht verschläft. Laut Frank van Meel, der als Leiter Strategie Elektrifizierung das große Ganze im Blick haben muss, soll "e-tron" bei Audi-Produkten zu einem Begriff werden, mit dem Kunden ganz bestimmte Eigenschaften verbinden – genau wie bei "quattro" zum Beispiel.

Mittlerweile trägt auch ein Kleinwagen der Modellreihe A1 die charakteristische Buchstabenkombination. Nach dem Konzept soll das Auto helfen, in Mega-Cities individuelle Mobilität zu gewährleisten, selbst wenn wegen umweltbedingter Einschränkungen herkömmliche Fahrzeuge in der Garage bleiben müssen. Der A1 ist abweichend vom Strom-R8 kein reines Elektroauto, sondern kann durch einen so genannten Range-Extender seine Fahrt fortsetzen, auch wenn die Erstladung der Batterie erschöpft ist.

Auferstehung des Wankels

Bei diesem Fahrzeug besann sich Audi auf ein Motorenkonzept, dem seinerzeit im NSU Ro 80 nur ein wenig schmeichelhaftes Dasein beschieden war. Jetzt aber scheint der von Felix Wankel entwickelte Kreiskolbenmotor genau die richten Eigenschaften zu haben, die man für ein Zusatzaggregat in einem Elektromobil braucht. Konstruktionsbedingt baut der Rotationsmotor im Vergleich zu einem Hubkolbenmotor extrem kompakt und kurz, das Kammervolumen von 254 ccm reicht gerade aus, um bei einer konstanten Drehzahl von 5000 U/min so viel Kraft zu erzeugen, dass ein Generator daraus 15 kW oder 20 PS elektrische Leistung für die Batterie macht.

Mit 20 Exemplaren des A1 e-tron soll nächstes Jahr in München ein Modellversuch gefahren werden.

Mit 20 Exemplaren des A1 e-tron soll nächstes Jahr in München ein Modellversuch gefahren werden.

(Foto: Tobias Sagmeister)

Sie ist rund 150 Kilo schwer, sitzt wie zum Beispiel bei Chevrolet Volt unter Rückbank und im Mitteltunnel. Auch die Audi-Batterie hat eine T-Form. Der von der Firma Sanyo entwickelte Akku hat eine Betriebsspannung von 270 Volt und einen Energiegehalt von 12 Kilowattstunden (kWh). Das reicht unter optimalen Bedingungen für 50 Kilometer Reichweite. Da die Lithium-Ionen-Batterie eine große Wärme entwickelt, wird sie von einem eigenen Wasserkreislauf gekühlt. Weitere 250 Kilometer sollen möglich sein, wenn der Range-Extender in Aktion tritt. Für seine Arbeit nutzt der Wankelmotor den Inhalt eines zwölf Liter großen Benzintanks.  

Intelligente Bremsrekuperation

So kompliziert das technische Zusammenspiel von Batterie, Generator und Range-Extender sein mag, so unkompliziert fährt sich der Prototyp, über dessen etwaige Serienfertigung zumindest offiziell noch nicht entschieden ist. Aus dem Stand heraus stehen 150 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung, in Lastspitzen sogar 240 Nm. Damit legt der kleine Stadtflitzer einen beherzten Antritt hin, summt sich im Nu hoch auf City-Tempo und schnurrt dann unauffällig und leise mit einer einzigen Getriebestufe durch den Parcours. Die Leistung des Synchronmotors ist mit 45 kW oder 61 PS angegeben, die für 130 km/h Spitzentempo gut sein soll.

Ganz nahe an der Serie: Mit dem Q5 will Audi im kommenden Jahr sein erstes Hybrid-Modell in Serie bringen.

Ganz nahe an der Serie: Mit dem Q5 will Audi im kommenden Jahr sein erstes Hybrid-Modell in Serie bringen.

Wer sie erreichen will, muss in jedem Fall auf die maximale Elektroreichweite verzichten, die Audi mit 50 Kilometern angibt. Natürlich kann der A1 nicht nur Strom, verbrauchen, sondern auch gewinnen, nämlich durch Tritt auf die Bremse oder durch die Fahrt im Schubbetrieb, wenn zum Beispiel bei Bergabfahrt das Fahrzeuggewicht die Räder antreibt. So wie der Serien-A1 mit Automatikgetriebe verfügt auch der "e-tron"-Prototyp über Schaltpaddel an der Lenksäule. Hier haben sie die Funktion, die Bremswirkung des Rekuperationsmechanismus zu beeinflussen. Wird die kinetische Energie zu einem großen Teil in elektrische umgewandelt, verzögert der Viersitzer stärker, als wenn der Schub für Streckengewinn ausgenutzt wird.

Ein Motor für jedes Rad

Die Dynamik dieses Fahrzeugs ist beachtlich, jedoch nicht vergleichbar mit Sportwagen aus demselben Haus, wie der R8 zum Beispiel. Doch auch innerhalb der so vernünftig erschienenden Welt der Elektromobilität scheint sich ein Bereich heraus zu kristallisieren, in dem Emotionalität mehr zählt als Reichweite. Rasen ohne Reue verspricht der R8 e-tron, der ebenfalls als fahrbarer Prototyp existiert und in bester quattro-Manier über vier angetriebene Räder verfügt. Um Unterschied zum Allrad-Bruder aus der Serie sitzen jedoch bei diesen Coupé vier Asynchronmotoren an den Rädern, um dort mit einem ein kaum vorstellbaren Drehmoment von bis zu 4500 Newtonmetern für Vortrieb zu sorgen.

Elektrisch bis 100 km/h: 130 Kilogramm mehr bringt die Hybrditechnik auf die Waage.

Elektrisch bis 100 km/h: 130 Kilogramm mehr bringt die Hybrditechnik auf die Waage.

Dort, wo sonst zwei Zylinderreihen ein Benzin-Luft-Gemisch verbrennen, sitzt bei diesem Elektro-Sportwagen die rund 550 Kilogramm schwere Lithium-Ionen-Batterie, die bei knapp 400 Volt Spannung 53 kWh Energie speichert. Etwa 42 davon können für den Fahrbetrieb genutzt werden, die Ingenieure lassen dem Zweisitzer freien Lauf bis 200 km/h. Technisch wäre sicher noch mehr drin, jedoch sinkt die Reichweite dann rapide. Zunächst ist der Elektro-Renner darauf ausgelegt, in der finalen Ausbaustufe 250 km mit einer Ladung zu schaffen. Dann muss er an die Steckdose, denn einen Range Extender oder ein anderes Hilfsaggregat gibt es nicht.

Kühlkreislauf für das Batteriepaket

Der Testwagen, dessen Interieur sich aus praktischen Erwägungen nicht groß vom Serien-R8 unterscheidet, bot auf dem kurzen Testausflug eine beeindruckende Vorstellung. Die atemberaubende Schubkraft entlädt sich mit einem vibrierenden Pfeifen, das dem eines startenden Jets kaum nachsteht. Der Druck in die Rennschalen ist so immens, dass der rasant heranschießende Einlenkpunkt schon wie den Fuß in Richtung Bremse pendeln lässt. Die harte und wenig Rückmeldung bietende Lenkung ist offenkundig noch weit von einem Serienzustand entfernt, doch Beschleunigung, Kurvendynamik und Straßenlage machen dem Prädikat "Elektro-Sportwagen" alle Ehre.

Der Strom-Bolide untermauert mit seinen Fahrleistungen glaubhaft die Aussage von van Meer, dass Elektromobilität "keine rollende Verzichtserklärung" sein solle. Aus seiner Sicht müssten sich die Autohersteller damit vertraut machen, dass es sich bei den abgasfreien Antrieben "nicht um Nischenprodukte, sondern um ein selbstverständliches Angebot im Modellprogramm" handelt. "Es führt", da ist sich der Chefstratege sicher, "kein Weg daran vorbei".

Q5 als "strategischer Wegbereiter"

Bevor ein A1 e-tron einem Nissan Leaf oder anderen Elektro-Pkw Paroli bieten kann, will Audi erstmal auf dem Gebiet der Hybrid-Fahrzeuge Boden gut machen. Die Konzern-Geschwister VW und Porsche mischen schon im Spiel mit, auch BMW verkauft schon das eine oder Exemplar vom X6 Hybrid. Noch vor dem Sommer 2011 wird der Q5 Hybrid die Lücke füllen, die noch immer im Ingolstädter Modellprogramm klafft. Laut Projektleiter Bernd Huber hat der Q5 deshalb "einen strategischen Auftrag", nämlich "Wegbereiter der Elektrifizierung" für die Marke zu sein.

Die Eckdaten des rund 1900 Kilo schweren SUV: Aufgeladener Zweiliter-Benziner und permanenter Allradantrieb, elektrisches Fahren ist bis 100 km/h möglich. An einem Achtgang-Getriebe hängt statt des Drehmomentwandlers das Hybridmodul, die Lithium-Ionen-Batterie auf der Hinterachse wird luftgekühlt. Die Zusatzausstattung bringt etwa 130 Kilogramm Mehrgewicht ins Auto. Im fast geräuschfreien Losrollen unterscheidet sich der Q5 nicht von anderen Produkten, allerdings soll er am anderen Ende der Skala recht sportlich unterwegs sein. 222km/h verspricht Audi als Höchstgeschwindigkeit. Die Rückgewinnung von verbrauchtem Strom hat auch hier der Fahrer in der Hand – besser gesagt im Fuß: per Bremse.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen