Neue "sportliche Speerspitze" Ein "Plus" schärft den Audi R8
02.11.2012, 13:24 Uhr
Tagfahrlich und Grill wurden der aktuellen Audi-Optik angepasst.
(Foto: Axel F. Busse)
Eine Leistung von 430 PS beim Einstiegsmodell und ein sechsstelliger Preis schränken den Kundenkreis für ein Auto erheblich ein. Das hindert Audi aber nicht daran, seinen R8 sechs Jahre nach der Markteinführung gründlich aufzufrischen.
In guten Monaten werden vom VW Golf in Deutschland mehr als 20.000 Exemplare neu zugelassen. So viel waren es bisher beim Audi R8 auch – in sechs Jahren, weltweit. Exklusivität ist also weiterhin garantiert, wenn sich heute jemand entscheidet, den schnellsten Wagen der Modellpalette zu bestellen. Der R8 war der erste Serien-Audi, mit dem der Hersteller die freiwillige Selbstbeschränkung auf 250 km/h Höchstgeschwindigkeit über Bord warf.
Heute läuft das Topmodell 317 km/h, ein eher theoretischer Wert, selbst auf den beschränkungsfreien Abschnitten der Autobahn. Aber es ist auch eine Imagefrage für eine Marke, dem internationalen High-Speed-Club anzugehören. Als "sportliche Speerspitze", so Audi, fährt das Modell schließlich in Wettbewerben der GT3-Klasse mit. Wer derartige Ambitionen hegt, kann zu mehr als 300.000 Euro einen reinrassigen Rennwagen für den so genannten "Kundensport" erwerben und zum Beispiel bei den 24 Stunden-Rennen am Nürburgring mithalten.
LEDs "wischen" in Fahrtrichtung
Nicht minder aufregend ist der R8 "von der Stange", der jetzt mit einem neuen Automatik-Getriebe und technischen Finessen, wie etwa einem Blinker mit Wischeffekt aufwartet. Das Lichtband der gelben LED-Lampen zur Fahrtrichtungsanzeige am Heck läuft bei Betätigung von innen nach außen, ein optischer Effekt, der erstmals bei der Studie Sportback Concept auf der Los Angeles Auto Show 2009 gezeigt wurde. Da sich die 30 Leuchtdioden einzeln ansteuern lassen, können sie wie ein Lichter-Laufband aktiviert werden und ziehen scheinbar einen Strich in die Richtung, in die der Fahrer abbiegen will.
So etwas sah die Kfz-Zulassungsordnung in Deutschland bisher nicht vor, aber, so ist von Audi zu hören, ließen sich die Experten des Kraftfahrtbundesamtes schließlich überzeugen, dass die dynamische Lichtleiste einen zusätzlichen Aufmerksamkeitswert verspricht und so der Verkehrssicherheit dient. Der "Wisch-Effekt", der eine weitere Funktion aus dem Smartphone-Universum in die Autowelt transportiert, wird wohl nach und nach auch in andere Modelle der Vier-Ringe-Marke integriert werden. Voll-LED-Scheinwerfer gehören beim R8 mittlerweile zum Serienumfang, die Geometrie des Tagfahrlichts wurde zu besseren Unterscheidbarkeit geändert.
Das Modellprogramm umfasst nunmehr sieben Varianten. Sowohl das Coupé als auch der Spyder sind wahlweise mit V8- oder V10-Motor zu haben und haben 4,2 oder 5,2 Liter Hubraum. Zusätzlich können die Kunden zwischen einem manuellen Sechsgang-Getriebe oder der neuen S-tronic wählen. Letzteres ist ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen, dessen elektronische Steuerung beim Herunterschalten auch mal zwei oder drei Gänge überspringen kann. So steht zum Beispiel zum Herausbeschleunigen aus der Kurve immer das optimale Drehmoment zur Verfügung. 430 Newtonmeter schaufelt der V8 maximal an die Kurbelwelle, beim V10 sind es derer 530. Der Standardsprint von Null auf einhundert Stundenkilometer wird mit dem neuen Getriebe drei Zehntel schneller erledigt als beim Vorgängermodell.
Nach wie vor ist die Verteilung des Antriebsmoments heckbetont ausgelegt, was aufgrund der Achslastverteilung von 53 Prozent hinten auch sinnvoll erscheint. Im Normalfall sind 15 Prozent der Kraft für die Vorderachse vorgesehen. Falls die Traktionskontrolle an der Hinterachse Schlupf registriert, können das maximal 30 Prozent sein. Die leichte Tendenz zum Übersteuern, die sich aus der Hinterachs-Betonung ergibt, ist gewollt und sorgt für das sportwagen-typische Fahrgefühl, das bei scharfen Testrunden auf dem Rundkurs aufkommt. Da der R8 mit dem adaptiven Magnetic-Ride-Fahrwerk ausgestattet ist, bleibt bei aller sportlichen Härte ein Rest von Komfort übrig, der für die Alltagstauglichkeit vonnöten ist. Unterhaltsamer noch als die Suche nach der Ideallinie auf dem Rennkurs ist die gewundene Landstraße mit guten Belag und wenig Verkehr, wo sich die Vorzüge einer präzisen Lenkung mit denen von seitenstabilen Sportsitzen vermählen.
Nicht für die Garage
Laut Volker Höhl von der Quattro-GmbH hat der durchschnittliche R8-Kunde zwar noch eine Reihe anderer Sportwagen im Stall, jedoch werden die Produkte aus Neckarsulm überdurchschnittlich häufig gefahren. Zwischen 10.000 und 15.000 Kilometer sind nach Erkenntnissen der Audi-Tochterfirma die Regel. Dass es den zu 40 Prozent aus den USA stammenden Kunden nicht aufs Geld ankommt, zeigt die Tatsache, dass etwa 80 Prozent der Käufer sich für die (in Deutschland) 36.200 Euro teurere V10-Variante entscheiden. Vom Gesamtvolumen werden rund 40 Prozent als Spyder ausgeliefert.
Neu im Programm ist eine geschärfte Version des Zweisitzers, die es nur als Coupé gibt und die Bezeichnung "R8 plus" trägt. Wie der Namenszusatz vermuten lässt, gibt es ein Mehr an Leistung und Drehmoment, und zwar stehen dann 550 PS (statt 520) und 540 Newtonmeter zur Verfügung. Zu den nennenswerten Eigenschaften des "Plus" gehört aber auch ein "Minus": Das Fahrzeug ist rund 50 Kilogramm leichter als die Schwestermodelle mit V10-Motor. Dafür sorgen nicht nur die serienmäßigen Keramikbremsen sondern auch zahlreiche Bauteile aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff, wie zum Beispiel die charakteristischen Side-Blades der Karosserie. Sie bleiben beim "Plus"-Modell unlackiert.
Obwohl pekuniäre Fragen für R8-Interessenten meist von nachrangiger Bedeutung sind, sollen die Daten zu Anschaffung und Verbrauch an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Für 113.500 Euro gibt es einen R8 mit 430 PS und Handschaltung. Für das gleich ausgestattete Cabriolet werden 124.800 verlangt. 14,4 Liter kombinierter Normverbrauch stehen bei diesem Modell etwa 16 Liter in der Praxis gegenüber. Für 154.600 Euro ist das Coupé des V10-Modells ab Januar 2013 lieferbar. Immerhin absolvierte der um mehr als einen Liter Hubraum größere Motor den EU-Normtest dank S-tronic mit einem Verbrauch von 13,1 Litern. Das "Plus" hinter dem R8 schraubt die Anschaffungskosten auf 173.200 Euro.
Quelle: ntv.de