Ausfahrt im Peugeot 3008 Hybrid4 Einzigartig: Ein Motor pro Achse
23.09.2011, 09:45 Uhr
Das Modell 3008 HYbrid4 ist das erste von zunächst drei Diesel-Elektro-Autos von Peugeot.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Die Fraktionen sind bisher klar abgegrenzt: Wenn es um effizienten Kraftstoffeinsatz geht, schwören die einen auf den Diesel, die anderen erklären die Hybrid-Technologie zum Heilmittel gegen Ressourcenverschwendung. Wenn man, wie jetzt Peugeot, beides miteinander kombiniert, kann eigentlich nur etwas Gutes dabei herauskommen.
Darüber, was gut ist, können Autofahrer natürlich unterschiedlicher Meinung sein. Zweifellos zutreffend ist aber, dass der Peugeot 3008 Hybrid4 etwas Einzigartiges darstellt, denn es gibt derzeit keinen anderen Personenwagen mit einem Diesel-Elektro-Antriebskonzept. Und weil der zusätzliche Elektromotor auf der Hinterachse des vormaligen Fronttrieblers ruht, wird die Kraft auch gleich dorthin geleitet – fertig ist der Allrad-Crossover.

Das Elektro-Antriebssystem bringt mehr Gewicht, aber auch mehr Traktion mit sich.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Das dürfte die wahre Herausforderung für die Peugeot-Ingenieure gewesen sein: Zwei komplett unterschiedliche Antriebskonzepte, an zwei unterschiedlichen Achsen und ohne eine mechanische Verbindung zwischen beiden. Solch ein System harmonisch aufeinander abzustimmen, die Vorteile zu nutzen und mögliche Nachteile nicht spürbar werden zu lassen, ist kompliziert. Wenn der Testfahrer merkt, dass er nichts merkt, ist der Versuch geglückt.
Rechnerisch 40 Prozent Einsparung
Der vordere Treibsatz ist ein alter Bekannter: der Zweiliter-Turbodiesel leistet 163 PS und treibt auch eine Reihe anderer Fahrzeuge der Löwenmarke an. Unter anderem wird er im 308, im 407 Coupé und auch im 508 angeboten. Für die reine Dieselversion des 3008 gibt der Hersteller den Durchschnittsverbrauch mit 6,6 Litern je 100 Kilometer an. Mit dem zusätzlichen Permanentmagnet-Synchronmotor auf der Hinterachse, der 27 Kilowatt oder umgerechnet 37 PS leistet, soll der Verbrauch bis auf 3,8 Liter fallen – das wären mehr als 40 Prozent Einsparung! Zu den wichtigsten Bauteilen auf dem Weg dorthin zählt die Stopp-Start-Automatik, die den Diesel immer dann außer Betrieb setzt, wenn der elektrische Antrieb ausreicht.

Die Vorderräder drehen durch, gleich schiebt die Hinterachse das Auto aus dem Sand.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Zusammen stehen also 147 kW oder 200 PS zur Verfügung, was gemeinsam mit dem kombinierten Drehmoment von 450 Newtonmetern ausreichen sollte, um ein knapp 1900 Kilogramm schweres Fahrzeug einigermaßen dynamisch vorwärts zu bringen. Der 4,37 Meter lange und 1,64 Meter hohe Vielzweck-Fünftürer läuft auf dem gleichen Fahrwerk wie das Schwestermodell ohne Hybrid-Technologie. Das bedeutet McPherson-Federbeine vorn und Mehrlenker-Hinterachse hinten. Auf die Erhöhung der Bodenfreiheit, die zum Beispiel den SUV-Charakter eines allradgetriebenen Fahrzeugs visualisieren kann, wurde verzichtet.
Für einen bequemen Einstieg ist der 3008 ohnehin hoch genug gebaut, das harmonisch gestaltete Interieur und das zum Fahrer hin orientierte, kanzelartig abgestufte Cockpit sind bedienerfreundlich aufgeteilt. Über den Sinn von Schaltpaddeln an der Lenksäule lässt sich bei einem auf hochwertigen Reisekomfort ausgelegten Fahrzeug sicher streiten. Da Peugeot damit rechnet, dass mehr als die Hälfte der Neukunden von anderen Marken zum Löwen-Hybrid kommen, sollten die Automatikfahrer unter ihnen auf Umstellungsprobleme vorbereitet sein: Das automatisierte Schaltgetriebe, dessen zierlicher Wählhebel einen Hauch von Enterprise ins Cockpit bringt, kennt keine Parkstellung. Geparkt wird in Neutral-Stellung und mit Handbremse. Wer den Hebel wie gewohnt bis zum Anschlag nach oben drückt, landet im Rückwärtsgang.
Head-up-Display in Serie
Zu den Eigenheiten in der Ausstattung des 3008 HYbrid4 gehört das Head-up-Display, mit dem der Duft von Premium ins Innere des Fünftürers weht. Bisher kann man die Projektionstechnik, die Statusinformationen in die Fahrbahnperspektive rückt, nur bei BMW und Audi, bei Corvette und Camaro bekommen. Bei Peugeot ist die Darstellung auf die Tempoanzeige beschränkt. Die ausfahrbare Scheibe wirkt sehr filigran und auf den ersten Blick wie selbst gebastelt. Gänzlich neu gegenüber der Bedienkonsole des 3008 ohne E-Motor ist der Drehknopf unterhalb des Ganghebels, mit dem der Fahrmodus ausgewählt wird. Zwischen vier Modi kann sich der Fahrer entscheiden. Im Auto-Modus bleibt es der Bordelektronik überlassen, die Kraft je nach Tempo und Gashebelstellung aus Verbrennungs- und/oder Elektromotor zu saugen und sie auf eine oder beide Achsen zu verteilen.
Steht das Wählrad auf "ZEV" wird der Peugeot zum "Zero-Emission-Vehicle", ist also im rein elektrischen Betrieb unterwegs. Das ist bis zu einem Tempo von 70 km/h möglich und soll unter optimalen Voraussetzungen für eine Strecke von bis zu vier Kilometern reichen. Dann ist die mit 1,1 kWh Leistung angegebene Nickel-Metallhydrid-Batterie leer und der Dieselmotor muss ran. Die Wahl des 4WD-Modus aktiviert beide Kraftquellen gleichzeitig, das Auto ist also per Allradantrieb unterwegs. Das kann auf rutschigem Belag, bei Schnee oder Nässe, ganz praktisch sein oder, wenn das Auto in der Freizeit als Strandmobil herhalten muss. Bis zu 40 Prozent des erzeugten Drehmoments werden dann über die Hinterachse auf den Boden gebracht. Das Zusammenwirken der beiden Motoren im "Sport"-Modus ist für die kurzzeitige Bereitstellung der kompletten Energie gedacht und soll zum Beispiel beim Überholen einen Boost-Effekt für schnellen Vortrieb bringen.
Das Doppelherz-Auto wird unversehens zum Hecktriebler, wenn man auf ebener Strecke sanft und zurückhaltend das Fahrpedal niederdrückt. Der vollständig geladenen Batterie kann dann so viel Energie entnommen werden, dass der Wagen zügig losrollt, der Diesel aber dennoch abgeschaltet bleibt. Allein der Selbstzünder ist in Aktion, wenn 120 km/h oder mehr gefordert sind. Dann wird jedes Lupfen des Gaspedals zur Rekuperation genutzt, die Bewegungsenergie wird wieder der Batterie zugeführt und so Energie für die nächste City-Passage gewonnen. Die Verzögerung des rollenden Fahrzeugs ist bei der Rückgewinnung so deutlich spürbar, als würde man in einem konventionellen Auto zart anbremsen.
Lenkung lieber direkter

Das aufpreispflichtige Panoramadach bringt eine großzügige, luftige Atmosphäre in den Innenraum.
(Foto: n-tv.de/Busse)
In der Summe sind die Fahreindrücke harmonisch und unkompliziert, die aufwändige Technik gab auf den ersten Testkilometer keine Rätsel auf und funktionierte tadellos. Nicht immer konnte der Geräuschkomfort mit dem souveränen Fahrverhalten mithalten. Wenn sich der Diesel bei energischer Leistungsanforderung seiner Nenndrehzahl näherte, knurrte er laut und genervt die Insassen an. Dass Schallreduktion bei Selbstzündern effektiv möglich ist, habe die Peugeot-Profis in anderen Modellen schon häufig bewiesen, da gibt es an dem neuen Auto also noch Verbesserungspotenzial. Gleiches kann man der Lenkung zuschreiben, die zu sämig und gefühllos wirkt, um Präzision und Direktheit zu vermitteln.
Dass die opulent ausgestatteten Testwagen mit ihrem Verbrauch nicht an die der abgespeckten 3,8-Liter-Autos heran reichen würden, war zu erwarten. Mit einem Testkonsum von 5,6 Litern je 100 Kilometer lag das Ergebnis jedoch noch einen Liter unter dem des Normal-3008. Dabei ist nicht zu vergessen, dass die Hybrid-Variante je nach Ausstattung bis zu 120 Kilogramm Mehrgewicht mit sich herum schleppt. Batterie und E-Motor im Heck kosten etwas Laderaum, doch es bleiben 377 Liter übrig, wenn man bis auf Fensterhöhe packt. Die Ladehöhe der quer geteilten Heckklappe beträgt 69 Zentimeter.
Der Einstiegspreis des Hybriden liegt 2600 Euro über dem des vergleichbaren Normal-Diesels. Ausgehend vom Normverbrauch der beiden Schwestermodelle beginnt sich etwa ab einer Laufleistung von 7000 Kilometern der Mehraufwand zu rechnen. Nächstes Jahr sollen auch die Modelle 508 und 508 RXH mit Diesel-Hybrid bestückt werden.
Quelle: ntv.de