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Chinesen kaufen so viel Audi wie nie Im Q3 ab durch die Mitte

Auch dort, wo keine Nische mehr zu sein scheint, macht Audi eine auf: Vor Kurzem ist das Kompakt-SUV Q3 in Deutschland in den Markt gestartet, in China soll er demnächst gebaut werden. Fahrbericht aus einer etwas exotischen Umgebung.

Zunächst sah alles nach einem Problemkind aus: Nissan machte Namensrechte geltend, doch nach zähen Verhandlungen war "die Q" vom Eis. Audi durfte den kleineren Bruder des Q5 nun doch Q3 nennen. Der Zollstock bestätigt nicht die sehr präsent wirkende Optik des hochbeinigen Kombis. Mit 4,38 Metern misst der Q3 nicht nur 24 Zentimeter weniger als der Q5, sondern ist sogar noch vier Zentimeter kürzer als ein Opel Astra. Er gehört also eigentlich ins Kompaktsegment und ist von der Modell-Strategie des VW-Konzerns her der erste Vertreter des so genannten modularen Querbaukastens, auf dem auch der nächste Golf basieren wird.

Dass der deutsche Markt sehnlichst auf den Q3 gewartet hätte, lässt sich an den ersten Zulassungszahlen nicht ablesen. Im Oktober erreichte er knapp die Hälfte des Zulassungsvolumens - ein Q5, BMW X1 und VW Tiguan marschieren mit etwa dem Fünffachen des Werts vorneweg. Aber für Audi hat der deutsche Markt auch nicht mehr die höchste Priorität: Ende dieses Jahres werden in China erstmals mehr Autos mit den vier Ringen verkauft sein als in Deutschland, für eine Produktion des Q3 dort wurden jüngst die Vorbereitungen begonnen.

Vier Ringe und viel Neugier

Tanken in China.

Tanken in China.

Wer mit einem Q3 in China unterwegs ist, lernt an der Raststätte oder beim Tanken schnell die Affinität der Einheimischen zu der deutschen Premiummarke kennen. Im Nu haben sich die Insassen von Pkw, Reisebussen oder Lastwagen um den Fünftürer geschart und beäugen ihn neugierig. Wer ein paar Brocken Englisch kann, erkundigt sich sogleich nach den technischen Daten und dem Preis. Den kann der Testfahrer aus Deutschland natürlich nicht nennen, nur, dass die umgerechnete Euro-Summe ein Vielfaches des durchschnittlichen Jahreseinkommens eines gut verdienenden Chinesen beträgt.

Das im Vergleich zu Europa geringe Einkommensniveau hat die Bewohner im Reich der Mitte nicht davon abgehalten, im vergangenen Jahr mehr als 255.000 Audi zu kaufen – und bis auf wenige Ausnahmen bar zu bezahlen. Finanzierung ist in China unüblich. Während in Deutschland wohl die Variante mit Dieselmotor ein Übergewicht bei den Zulassungen haben wird, findet die Testfahrt von Schanghai nach Shenzhen mit einem direkt einspritzenden Turbobenziner statt, der 211 PS leistet. Ähnlich wie in den USA sind Ottomotoren in der Volksrepublik weitaus beliebter als Selbstzünder.

Der Vierzylinder ist mit einem siebengängigen Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb kombiniert. Die Quattrotechnik bietet bekannter Maßen Traktionsvorteile auf losem oder nassem Untergrund. Dass der Q3 kein Geländewagen ist, zeigt jedoch schon die geringe Bodenfreiheit von 170 Millimetern. Sie kommt eher einer angenehm hohen Sitzposition zugute, als dass sie den Insassen Freiraum für etwaige Geländeausflüge schaffte. Nur auf rund 20 von knapp 2000 Kilometern müssen die Testfahrer auf stabilen Asphalt verzichten. Mit der Offroadstrecke zwischen Bananenstauden, Kakteenreihen und Bambuswäldern hat der Q3 aber bewiesen, dass Freizeitsportler ihr Revier auch abseits befestigter Wege sicher erreichen können.

Hohe Ladekante

Der Q3 weckt die Neugier der Chinesen.

Der Q3 weckt die Neugier der Chinesen.

Wenn sie dabei Ausrüstung mitnehmen, stellen sie vermutlich fest, dass der Q3 mehr schick als praktisch ist. Alles Gepäck muss über eine 78 Zentimeter hohe Ladekante gehievt werden - das ist rund zehn Zentimeter höher, als es bei Q5 der Fall ist. Der Boden des Gepäckraumes liegt aber rund 12 Zentimeter niedriger als die Kante, so dass beim Ein- und Ausladen eine Barriere überwunden werden muss. 460 Liter fasst der Kofferraum, 1365 werden es, wenn man die hinteren Sitze umklappt. Beim Blick auf das Profil des Fahrzeugs stellt man fest, dass die schräge Heckscheibe noch einiges an Stauraum gekostet hat. Immerhin ist für 150 Euro extra eine Umlegefunktion für die Lehne des Beifahrersitzes bestellbar, so dass die Pfosten für den Selbstbau-Carport auch hineingehen.

Trotz der zum Heck abfallenden Dachlinie ist die Kopffreiheit hinten ausreichend, die Polster sind uneingeschränkt langstreckentauglich und die Beinfreiheit ist auf vorzeigbaren Niveau. Die Wohnlichkeit der Ausstattung lässt keine Wünsche offen, wenngleich den vielfältigen Ablagen und Aufbewahrungsnischen ein etwas größeres Handschuhfach gegenüber stehen sollte.

Stand- wird zur Überholspur

Der mit dem VW Tiguan verwandte kleine Bruder von Q7 und Q5 setzt die Audi-Designlinie seiner Geschwister in kürzerer Form fort.

Der mit dem VW Tiguan verwandte kleine Bruder von Q7 und Q5 setzt die Audi-Designlinie seiner Geschwister in kürzerer Form fort.

Als äußerst sinnvolles Ausstattungsmerkmal stellte sich während der Testtour der Totwinkelassistent heraus, denn der gemeine chinesische Verkehrsteilnehmer neigt dazu, sich um Zustand oder Absichten anderer nicht sonderlich zu kümmern. Das ist nicht nur innerstädtisch an kreuz und quer fahrenden Zwei- und Vierrädern zu erkennen, sondern auch an hemmungslosem Überholen auf der Standspur der Autobahn. Dass praktisch unbeleuchtete Lkw nächtens mit 40 km/h auf der linken Fahrbahn unterwegs sind, scheint die lokalen Ordnungshüter dabei weniger zu interessieren als die penible Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit durch Ausländer. Von Einheimischen wird sie offenkundig nur als Empfehlung gesehen, dafür blitzt es an fast jedem Tunnelausgang.

500 Euro nennt die deutsche Preisliste als Sonderaufwand für die automatische Radarüberwachung des Raumes seitlich und hinter dem Q3. Tatsächlich muss der geneigte Audi-Kunde aber feststellen, dass das System nur in Verbindung mit Fahrerinformationssystem, Frontscheibe mit Akustikverglasung sowie Licht-/Regensensor bestellbar ist.

Da dem Q3 nur der Transport von zwei Personen nebst etwa 40 Kilo Gepäck abverlangt und gleichzeitig 80 Prozent der Strecke im Tempobereich um 100 km/h zurück gelegt wurde, nimmt es nicht Wunder, dass der Durchschnittsverbrauch nur wenig über dem EU-Normwert lag. 8,1 Liter Super wurden je 100 Kilometer konsumiert, 0,4 mehr als auf dem Prüfstand gemessen. Herausgefahren wurde dieser Wert im Normalmodus, während die Effizienzschaltung die lang übersetzten Gänge des Getriebes bevorzugt hätte.

Das gefahrene Modell und der Q3 mit dem 170 PS starken Zweiliter-Diesel werden in Deutschland zum gleichen Preis angeboten: 36.800 Euro. Für ernsthaft interessierte Kunden bedeutet dies, dass sie ab dem Einsatz von etwa 40.000 Euro mit einem angenehm ausgestatteten Lifestyle-Laster rechnen können.

Quelle: ntv.de

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