Auto

Der fünfte Golf Keine Experimente!

Von Christof Johann

"Persil bleibt Persil" könnte man assoziieren beim ersten Blick auf die Testwagenflotte am Flughafen Hannover Langenhagen. 40 nageneue Golf der fünften Generation warten darauf, von Journalisten aus aller Welt unter die Lupe genommen zu werden. Und es ist wie immer, wenn die Präsentation einer neuen Golf-Baureihe ansteht. "Der sieht ja fast aus wie der alte" lauten die Kommentare. "Ein bisschen mehr Mut hätten sie schon zeigen können" die Kritik.

Und so fröhlich, wie man es von einem Welt-Bestseller erwarten könnte, blicken sie auch nicht in die Welt, die vielen neuen bunten Golf. Kein Wunder: Der Druck! Erfolg macht bekanntlich nicht nur froh sondern Alle erwarten, dass man diesen Erfolg – bitte schön – auch wiederholen möge und wenn möglich noch eins draufsetze. Das gilt auch für den Golf und wenn so viel von einem erwartet wird, dann kann man schon mal schwitzen unter den Karosseriefugen. Hier die Fakten: Gut 15 Prozent des VW-Umsatzes entfallen in guten Jahren auf den Golf und fast die Hälfte des Ertrages. In diesem Jahr sollen noch 135 000 Stück produziert werden, 600 000 im nächsten und 2005 folgt dann die Nagelprobe: Schafft der Golf die Produktionsschallmauer von einer Million Exemplare?

Um dieses Ziel nicht zu gefährden verzichtete VW auf Experimente und setzte auf bewährte Technik. Hier die Neuerungen im Einzelnen:

Karosserie: Höher, länger und breiter als der Vorgänger stößt der Golf V fast schon in eine neue Klasse vor. Der Raumgewinn macht sich vor allem auf der Rücksitzbank bemerkbar. Hier können jetzt auch großgewachsene Personen anständig sitzen. Da auch der Kofferraum 20 Liter mehr Volumen aufweist, ist der Golf jetzt auch mit vier Erwachsenen an Bord reisetauglich. Dazu kommt, dass die Karosserie verglichen mit dem Vorgänger noch einmal an Steifigkeit zugelegt hat. Kein Knistern oder Knacken auch bei derben Bodenwellen sind das Ergebnis.

Fahrwerk: Der größte technische Fortschritt versteckt sich unter dem hinteren Wagenboden und heißt "Mehrlenker-Hinterachse". Eine besonders aufwendige Form der Radführung, die bislang nur bei wesentlich teureren Autos eingebaut wurde. Das Ergebnis rechtfertigt den Aufwand. Auch in kritischen Fahrsituationen bleibt der Golf brav wie in Lamm. Zur Verdeutlichung: Wenn bei anderen Autos in extremen Kurvensituationen das Heck langsam beginnt, die Front zu überholen, kann man beim Golf in aller Ruhe noch weiter einlenken und die Hinterräder fahren den Vorderrädern einfach hinterher. So soll es sein.

Motoren: Zwei Benziner und zwei Diesel stehen zum Verkaufsstart bereit. Alle vier sind bewährte Triebwerke, die aus dem Vorgänger oder anderen Modellen des Konzerns (Audi A 3) bekannt sind. Die Einstiegsvariante ist ein 75-PS-Benziner, die aber wohl nur als "Behördenmodell" wegen des günstigen Preises Beachtung finden dürfte. Empfehlenswert dagegen der 1,6-Liter-FSI-Motor mit seiner modernen Benzin-Direkteinspritzung. 115 PS bieten Gewähr für ordentliche Fahrleistungen und der Norm-Verbrauch von rund 6.5 Litern ist für ein Fahrzeug von der Statur des Golf V ökonomisch zu nennen. (Wobei es in der Praxis gerade bei Direkteinspritzern oft schwer fällt, günstige Verbräuche zu realisieren. Jeder beherzte Tritt aufs Gas macht nämlich den ganzen schönen Technik-Vorsprung wieder zunichte und führt zu fröhlichen Saufgelagen unter der Motorhaube). Ebenfalls bekannt und bewährt sind die TDI-Dieselmotoren mit 105 und 140 PS. Der stärkere Motor ist ebenso wie die FSI-Maschine jetzt mit einem sehr gut funktionierenden 6-Gang-Getriebe kombiniert, das Verbrauch und Geräusch vor allem auf der Autobahn noch einmal senkt.

Ausstattung: Auch wenn die Konkurrenz teilweise mehr bietet, hat der Golf vor allem in Sachen Sicherheit alles an Bord, was nötig ist: ESP, sechs Airbags, Bremsassistent, aktive Kopfstützen sowie Isofix-Halterungen für Kindersitze sollten heute in keinem Auto mehr fehlen. Dass elektrische Fensterheber jetzt auch im Golf Serie sind ist schön, dass aber selbst eine einfache Klimaanlage 1200 extra kostet, ist nicht mehr zeitgemäß. Ansonsten gibt es für den Golf gegen Extrageld mittlerweile Dinge, die es früher erst ab der Mittelklasse gab, wie Zwei-Zonen-Klimatisierung oder elektronische Einparkhilfen.

Preise: Los geht es mit dem 75-PS-Einstiegsmodell für 15 220 . Ein "politischer" Preis, denn er entspricht exakt dem des Vorgängers und damit ist der Golf auf dem Papier nicht teurer geworden. Schon beim Blick auf die nächst-teurere Variante wird aber klar, in welchen Regionen sich die Preise bewegen. Für 17 995 gibt es den 1,6-Liter FSI mit zwei Türen. Schon mit vier Türen und Klimaanlage ist dann die 20 000-Euro-Schwelle erreicht. Und für einen 140-PS-Diesel-Golf in den gehobenen Ausstattungslinien Comfortline oder Sportline müssen 22 625 investiert werden.

Fazit: Technisch hat VW die Messlatte in der Kompaktklasse wieder ein ganzes Stück höher gelegt. Auch wenn man sich formal etwas mehr Mut gewünscht hätte steht fest: Der neue Golf ist in fast allen Punkten besser als sein Vorgänger. Vor allem in den Kapiteln Sicherheit und Komfort muss sich die Konkurrenz gewaltig anstrengen. Aber keine Bange, das wird sie tun und wenn demnächst der neue Opel Astra und der neue Ford Focus bereitstehen haben die Kunden wieder eine schöne Auswahl unter modernen zeitgemäßen Kompaktwagen.

Mehr zu Golf und Konsorten am Dienstag, 30. September um 23:30 auf n-tv motor, der Sendung für Automobiles

Quelle: ntv.de

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