Auto

Scharfes Dickschiff mit viel Luxus Nissan macht Murano zum Charakterkopf

Designer Ken Lee hat dem neuen Murano sehr charakteristische Züge ins Blech gebügelt.

Designer Ken Lee hat dem neuen Murano sehr charakteristische Züge ins Blech gebügelt.

Vorerst darf der neue Nissan Murano ausschließlich auf dem US-Markt vorfahren. Dort dürfte er so etwas wie der Charakterkopf unter den Dickschiffen sein. Aber auch in Deutschland hätte das Flaggschiff keine schlechten Karten.

SUV sind inzwischen Weltweit der Renner und nicht nur für die USA gilt inzwischen: Je wuchtiger, desto besser. Mit dem neuen Murano hat Nissan jetzt ein Gardemaß-SUV auf die Räder gestellt, das allerdings zunächst ausschließlich auf dem US-Markt zu bekommen ist. Der große Japaner ist auch gleich so gestaltet, dass selbst etablierte Konkurrenten wie ein Ford Edge, ein Kia Sorento oder ein Hyundai Santa Fe ganz schön alt und angestaubt aussehen. Wen das jetzt noch nicht juckt, der könnte spätestens beim Blick auf die Preisliste blass vor Neid werden. Denn frontgetrieben startet das Basismodell schon knapp unter 30.000 Dollar und selbst mit Allrad und schmucken 20-Zoll-Rädern kann man den Preis kaum über 45.000 Dollar treiben.

Gerade mit seinem ausgefeilten Heck verabschiedet sich der Murano aus dem SUV-Einerlei.

Gerade mit seinem ausgefeilten Heck verabschiedet sich der Murano aus dem SUV-Einerlei.

Für den schockierenden Auftritt im Einerlei der SUV-Flotte hat Chefdesigner Ken Lee den Murano erst kräftig aufgebockt und dann wieder platt geklopft wie einen Sportwagen, er hat die Scheinwerfer so scharf und zackig wie Scherben geschnitten und die Seitenfenster bis über die D-Säule gezogen. Dazu gibt’s markante Powerdomes auf der Haube, über die Flanke laufen Zierleisten wie Muskelstränge, das Dach fällt nach hinten ab wie bei einem Coupé und das breite Heck lebt von Rückleuchten im Bumerang-Styling, einer stark nach vorn geneigten Scheibe samt markantem Spoiler sowie endlos breiten Kotflügeln. Diese Optik wird nicht jedermanns Ding sein, macht den Murano aber unverwechselbar. Das jedenfalls haben die Japaner raus.

Klare Strukturen für den Innenraum

Während der Murano außen wirkt wie von einer anderen Welt und man fast reflexartig erst einmal einen Schritt zurücktritt, zeigt er beim Einsteigen sein einladendes Wesen: Viel ruhiger und sauberer gezeichnet als das Exterieur nimmt sich der Innenraum dezent zurück, wirkt luftig, weit und aufgeräumt. Nicht umsonst haben die Entwickler die Zahl der Knöpfe zum Beispiel auf der Mittelkonsole halbiert. Stattdessen gibt es ein großes Display zwischen den Instrumenten, ein gut bestücktes Multi-Funktionslenkrad und vor allem einen riesigen Touchscreen samt App-Store und Online-Services. Dazu bequeme Klima-Sitze, ein beheiztes Lenkrad, viel Sicht und Licht durch eine großzügige Verglasung und quadratmeterweise Intarsien wahlweise in hellem Holzimitat oder in poliertem Pseudo-Blech. Fertig ist der kommode Kilometerfresser für Familien, denen eine Limousine zu lahm und ein Van zu spießig ist.

Im Innenraum macht der Nissan Murano eine edle Figur.

Im Innenraum macht der Nissan Murano eine edle Figur.

Aber der Murano will nicht nur ein Auto für die erste Reihe sein. Konsequenter als manche Konkurrenten haben die Japaner auch an die Hinterbänkler gedacht. Dafür stehen nicht nur der flache Mitteltunnel, über den man sich spielend hinweg beugen und so leichter mit den Passagieren ins Gespräch kommen kann. Dafür stehen auch die Sitze der Rückbank und die Freiheit für Kopf und Knie. Weil sich Nissan den Luxus leistet und konsequent auf die dritte Sitzbank verzichtet, hat man auf der zweiten spürbar mehr Platz und der Kofferraum bietet trotz der schnittigen Form ein ordentliches Volumen – 1100 Liter sind schließlich nicht schlecht.

Standesgemäßer Vortrieb für die USA

Er spielt zwar in einer anderen Liga, aber bei der Technik bedient sich der Murano seiner europäischen Verwandten Qashqai und X-Trail. Denn genau wie die CrossOver für die alte Welt bietet das SUV für die USA Finessen wie LED-Scheinwerfer, Around-View-Monitor mit gleich vier Kameras und Assistenten wie Tempomaten mit Abstandsregelung, Helfer für Spurführung und –wechsel sowie die Querverkehrskontrolle beim rückwärts Ausparken.

Auf eine dritte Reihe verzichtet der Murano. Deshalb herrschen im Fond königliche Platzverhältnisse.

Auf eine dritte Reihe verzichtet der Murano. Deshalb herrschen im Fond königliche Platzverhältnisse.

Nur beim Antrieb geht Nissan mit dem Murano für die Staaten einen eigenen Weg. Weil das europäische Downsizing in den USA suspekt ist und der 1,2-Liter-Vierzylinder aus dem Basis-Qashqai diesseits des Atlantiks allenfalls für einen Rasenmäher taugt, setzten sie wie eh und je auf einen standesgemäßen V6-Motor. Der 3,5-Liter ist ebenso bekannt wie bewährt und wäre nach wie vor eine probate Kraftquelle, wenn ihn Nissan nicht konsequent mit einer stufenlosen Automatik kombinieren würde.

Denn was helfen einem der seidenweichste Lauf und die harmonischste Kraftentfaltung, wenn beim Kickdown der Gummiband-Effekt einsetzt und das Getriebe den Motor zu johlenden Drehzahlorgien zwingt. Da vergeht einem die Lust an 260 PS und 325 Newtonmeter und man lässt es gleich viel ruhiger angehen. Aber vielleicht ist das ja insgeheim auch so gewollt. Denn nicht ohne Grund sind auch Fahrwerk und Lenkung eher auf gemütliches Cruisen ausgelegt und nicht auf den schnellen Ritt durch enge Kehren. Außerdem kann man so wohl am ehesten von den rund 20 Prozent Verbrauchsvorteil profitieren, die Nissan durch einen guten Zentner weniger Gewicht und viel Feinschliff im Antrieb verspricht. Aber Trotzdem: Unter zehn Liter wird man den Murano selbst im tranigen US-Trott kaum bewegen.

Für Europa fehlt noch was

Genau das ist auch der Haken, wenn es um die Exportaussichten des erstmals in Mississippi montierten Geländewagens geht. Zwar würde der erklärten Cross-Over-Marke Nissan in Europa ein Flaggschiff wie der Murano gut zu Gesicht stehen. Bei 4,90 Metern Länge und einem Schätzpreis von 45.000 Euro wäre er weit genug weg von Qashqai und X-Trail, damit bei den beiden Volumenmodellen nichts anbrennt. Und was das Setup von Fahrwerk und Lenkung angeht, ließe sich das mit ein paar Abstimmungsrunden auf europäischen Straßen schon richten. Doch ohne einen Diesel oder wenigstens einen Hybrid-Antrieb dürfte es Murano in Deutschland schwer haben.

Aber wer weiß: Vielleicht schafft der Murano ja nach einem vernünftigen Anlauf in den USA doch noch den Sprung nach Europa. Schließlich steht auch der Vorgänger im Augenblick ab 47.600 Euro auf der deutschen Verkaufsliste der Japaner.

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen