Neuer E-Motor für den Zwerg Renault Twingo Electric - nur für die Stadt?
03.11.2020, 17:32 Uhr
Renault bringt mit dem Twingo Electric ein klassisches Stadtauto auf den Markt.
(Foto: Renault)
Bereits bei der Entwicklung des neuen Twingo hatte Renault den Elektroantrieb für den Stadtflitzer vorgesehen. Jetzt gibt es ihn endlich zu kaufen. Mit 190 Kilometern Reichweite soll der stromernde Franzose ein idealer Begleiter im urbanen Raum sein.

Mit leichtem Gasfuß sollte der Twingo Electric mehr als die angegebenen 190 Kilometer Reichweite haben.
(Foto: Renault)
Bei Stadtautos würde sich ein Elektroantrieb regelrecht aufdrängen, wenn denn die Ladeinfrastruktur in deutschen Metropolen besser wäre. Der Renault Twingo präsentiert sich jetzt als elektrischer Stadtflitzer mit neuem Motor. Mit 190 Kilometern Reichweite und schnellem Gleichstromladen soll er dann auch für gelegentliche Wochenendausflüge ins Umland taugen. Zum Marktstart gibt es zunächst ein umfangreich ausgestattetes Sondermodell für satte 25.666 Euro. Günstigere Varianten, so Renault, werden bis Jahresende nachgereicht. Auf das rund 21.000 Euro teure Basismodell müssen Kunden aber wohl noch länger warten.
Die Elektrovariante des fünftürigen Kleinstwagens teilt sich die Technik weitgehend mit dem Smart Forfour. Allerdings haben die Franzosen ihrem Modell bei gleicher Motorleistung von 82 PS eine größere Batterie mit 21,4 statt 17,6 kWh verpasst. Auf einer ersten Testfahrt ließ sich erahnen, dass Renault mit den angegebenen 190 Kilometern Reichweite eher vorsichtig gerechnet hat. Wer überwiegend in der Stadt unterwegs ist, dürfte auch Distanzen von 200 Kilometern und mehr ohne Stopp an der Steckdose absolvieren.
AC-Laden komplett ausgereizt
Beim Laden verzichtet der Twingo auf einen schnellen Gleichstromanschluss (DC), reizt im Gegenzug aber das Potenzial von Wechselstrom (AC) komplett aus. An einer geeigneten Wallbox oder Ladesäule saugt er mit 22 Kilowatt, was den Akku in rund einer Stunde zu 80 Prozent füllt. Wer an der deutlich gängigeren 11-kW-Wallbox oder -Ladesäule tankt, braucht etwas mehr als die doppelte Zeit. Die CCS-Schnelllader an der Autobahn sind tabu, was auch die Langstreckenfähigkeit des Twingo deutlich einschränkt.
Als Reiseauto für die Autobahn taugen aber auch die konventionell motorisierten Varianten wenig: Wie alle Kleinwagen sind sie für lange Touren zu laut, zu unkomfortabel und zu eng. Zumindest bei den ersten beiden Punkten bedeutet der neue E-Antrieb gegenüber den üblichen Dreizylinderbenzinern ein großes Plus. Das leise und vibrationsarme Fahren ist im oft hektischen City-Verkehr ein echtes Wellness-Programm. Der flotte Antritt, der dank Heckantrieb minimale Wendekreis und die bauartbedingte Automatik dürften hingegen auch eiligeren Stadtbewohnern gefallen. Selbst auf kurzen Überlandetappen punktet der kleinste Renault dank des durch die Unterflur-Akkus tief platzierten Schwerpunkts durch seine satte Straßenlage.
Kein Raumwunder
Das Platzangebot leidet unter dem neuen Antrieb nicht, da die technische Plattform von Anfang an für die Elektrifizierung vorgesehen war. Ein Raumwunder darf man auf 3,62 Metern Gesamtlänge allerdings nicht erwarten, vor allem auf den beiden Plätzen im Fond zwickt es schon kleinere Menschen. Auch der Kofferraum fällt mit gut 200 bis knapp 1000 Liter klassentypisch klein aus. Im Cockpit gefallen die vielen Ablagen und das insgesamt freundliche Ambiente, bei der Materialqualität ist aber noch Luft nach oben.
Unterm Strich überzeugt der Renault als Stadt- oder Zweitwagen. Die Laufruhe, die Kraft und das Zusatzgewicht des E-Antriebs lassen den Twingo Electric solider und verbindlicher wirken als die konventionellen Varianten. Dank des von Renault auf runde 10.000 Euro aufgestockten Umweltbonus liegt der Preis des Stromers auf gleichem Niveau. Dass die bei der Konkurrenz teils vorhandene DC-Schnellladefähigkeit fehlt, dürfte sich bei einem Stadtauto von vielen potenziellen Kunden verschmerzen lassen.
Quelle: ntv.de, hpr/sp-x