Auto

EcoSport rollt nach Europa Stadt-Indianer von Ford ohne Allrad

20 Zentimeter Bodenfreiheit, aber kein Allrad: Der Ford EcoSport ist eben nur ein "Stadt-Indianer".

20 Zentimeter Bodenfreiheit, aber kein Allrad: Der Ford EcoSport ist eben nur ein "Stadt-Indianer".

(Foto: Axel F. Busse)

Datenpakete und Milliardensummen jagen im Sekundentakt um den Globus, bei Hardware dauert es mitunter etwas länger: Zehn Jahre brauchte der Ford EcoSport von Brasilien bis nach Deutschland, wo er ab Mitte nächsten Jahres jüngere SUV-Kunden begeistern soll. Damit wird es noch enger in dem wachsenden Segment.

Das außen liegende Reserverad unterstützt das SUV-Image.

Das außen liegende Reserverad unterstützt das SUV-Image.

(Foto: Axel F. Busse)

Für Chefingenieur Nick Fitzgerald ist er ein "Weltauto", nicht nur, weil drei Kontinente involviert sind. In Brasilien sah man den Ford EcoSport zuerst auf der Straße, in Indien werden jetzt die Exemplare für Europa gebaut. Der amerikanische Konzern will teilhaben am Boom der kleinen, hochbeinigen Kompakten, doch die Europa-Version der ersten Stunde ist mit einem deutlichen "Ja, aber..." zu begrüßen. Manches, was für die Konkurrenz von Nissan Juke, Opel Mokka oder Chevrolet Trax prägend ist, kann man beim Ford weder für Geld noch gute Worte bekommen.

Knapp mehr als vier Meter misst der Fünftürer nur, wirkt aber deutlich wuchtiger und das aus zwei Gründen. Mit einer Bodenfreiheit von 20 Zentimetern ragt er mehr als andere in die Luft und die 26 Zentimeter tiefe Abdeckung des auf der Hecktür montierten Reserverades lässt den Wagen deutlich länger erscheinen. Obwohl die Front bullig wie ein Terrier daher kommt, ist die Seitenansicht grazil und gestreckt. Ein kleines Seitenfenster in der C-Säule lockert die mit einer ansteigenden Gürtellinie versehene Silhouette noch auf. So sehen geländegängige Fahrzeuge aus, standfest, robust, hoch überm Boden und deshalb bequem für den Einstieg, mit einer guten Übersicht aufs Geschehen für die Insassen.

Bullige Front: Als kleinerer Bruder des Kuga stürzt sich der EcoSport ins Geschehen, nicht aber ins Gelände.

Bullige Front: Als kleinerer Bruder des Kuga stürzt sich der EcoSport ins Geschehen, nicht aber ins Gelände.

(Foto: Axel F. Busse)

Das alles trifft auch auf den EcoSport zu, mit einer Ausnahme: Beim Attribut "geländegängig" sind Einschränkungen zu machen, die Kraft von zwei Achsen kann man nicht in Anspruch nehmen. Das Auto wird in Europa ausschließlich mit Frontantrieb angeboten. Wiederholt fällt in der Präsentation die Vokabel "Stadt-Indianer". Warum dies so ist, will nicht recht einleuchten, denn in Brasilien konnten die Kunden von Anbeginn 4x4 damit fahren, die Technik steht also zur Verfügung. Überdies erzielen die Wettbewerber durchaus ansehnliche Ausrüstungsquoten mit ihren Allradantrieben. Beim Juke war es zuletzt rund ein Fünftel, bei Mokka und Trax zwischen 40 und 50 Prozent. Chefingenieur Nick Fitzgerald ist sicher, dass seine Kunden mit dem EcoSport "am Wochenende nicht in die Wildnis fahren" wollen, ganz ausschließen mag er aber auch nicht, dass man sich in Detroit eines besseren besinnt und eines Tages eine Allradversion für Europa nachschiebt.

Bescheidene Erwartungen für den Start

Nachdem der Ford Kuga durch Größenzuwachs Platz nach unten geschaffen hat, soll der Raum für ein zusätzliches Modell frei sein. Immerhin gehen Marktbeobachter davon aus, dass das Teilsegment der kleinen SUV in den nächsten fünf Jahren nochmals um 50 Prozent zulegt, und jeder Dritte neu zugelassene Pkw dem SUV-Bereich (gleich welcher Größe) zuzurechnen sein wird. Von dem Kuchen, dessen Teig noch kräftig aufgeht, will Ford zunächst nur ein bescheidenes Stück abhaben: Mit 4000 Bestellungen wird in Deutschland für 2014 wird gerechnet. Mindestens 19.200 Euro müssen die Kunden bezahlen, um einen EcoSport mit 1,5-Liter-Benziner und Fünfgang-Handschaltung und 112 PS zu erhalten.

Mehr Gänge sind nur mit der PowerShift-Automatik zu bekommen, die es aber wiederum nicht in Verbindung mit dem preisgekrönten EcoBoost-Dreizylindermotor (125 PS) gibt. Dritter Motor im Bunde ist der 90 PS starke Diesel mit 1,5 Litern Hubraum. Ford geht davon aus, dass sich etwa zwei Drittel der Kunden für den Dreizylinder entscheiden werden, dessen kombinierter Verbrauch mit 5,3 Litern je 100 Kilometer angegeben wird.

Dass es keine Sechsgang-Handschaltung gibt, die mit langer Übersetzung Geräuschniveau und Verbrauch mindert, mag noch hingehen, aber auch auf Start-Stopp-Automatik müssen die Kunden verzichten. Immerhin gibt es eine Schaltempfehlung im zentralen Display, was zumindest den Erwartungen an ein modernes Fahrzeug entspricht. Wer diese Erwartungen darüber hinaus mit Scheibenbremsen rundum verknüpft, wird von Ford aufgeklärt, dass Trommelbremsen an der Hinterachse nicht nur wartungsfreundlicher sind, sondern wegen des geringen Fahrzeuggewichts (1350 Kilogramm) auch absolut ausreichend.

Ein fest eingebautes Navigationssystem wird Ford zunächst nicht anbieten.

Ein fest eingebautes Navigationssystem wird Ford zunächst nicht anbieten.

(Foto: Axel F. Busse)

Gut möglich, dass derartige technische Fragen für die von Ford ins Visier genommene Zielgruppe ("Anfang 30, beruflich und privat aktiv, immer online") gar nicht von Belang sind. Vielleicht wird statt dessen das Ford AppLink zum wichtigen Anschaffungsgrund, können damit doch in Verbindung mit Smartphone und dem Audiosystem des Fahrzeugs Zugriffe auf digitale Datenbanken realisiert werden, die 20 Millionen Musiktitel, Hörbuch-Archive, Fremdenführer-Funktionen und andere Dienste offerieren. Inklusive Bluetooth-Schnittstelle und Notruf-Assistent ist das Infotainment-System für 400 Euro Aufpreis zu haben.

Solide Grundausstattung, wenig Extras

Auf der überschaubaren Liste der Sonderausstattungen erscheint noch die Parkhilfe mit Abstandssensoren sinnvoll, da der unvermeidliche (und aufpreisfreie) Reserverad-Kasten rund einen Viertelmeter über die hintere Stoßstange hinaus ragt. Sicher ist, dass die seitlich angeschlagene Hecktür eine große Parklücke benötigt, will man sie in Gänze öffnen. Die hinteren Sitze sind nach dem amerikanischen Faltsystem inklusive Sitzfläche umzuklappen, worauf ein maximal 1238 Liter großer Gepäckraum entsteht. Hinten sitzt man übrigens erstaunlich kommod, auch vorne herrscht ein angenehmes Raumgefühl, wenngleich man sich von den vorderen Sitzen etwas mehr Seitenstabilität wünschen würde.

In dem Paketpreis von 19.200 Euro sind bei EcoSport Diebstahl-Warnanlage, Dachreling, Front-, Kopf-, Seiten- und Knieairbag für den Fahrer enthalten, ABS und ESP, Isofix-Haltevorrichtungen für Kindersitze, Nebelscheinwerfer und schlüsselloses Zugangssystem, Zentralverriegelung, Bordcomputer, Klimaanlage, elektrische Fensterheber vorn und hinten sowie Leichtmetallräder. Die Radio-CD-Kombination ist mp3-fähig und hat eine USB-Schnittstelle. Wer den Blick auf die gute alte Landkarte nicht schätzt, muss sich selbst um elektronische Navigation kümmern. Nachrüstgeräte aus dem Fachhandel müssen ein fest eingebautes Hersteller-Navi ersetzen. In der Version mit dem 1,5-Liter-Dieselmotor kostet der Wagen 21.200 Euro. Der Aufpreis für das Automatik-Getriebe beträgt beim Benziner 1300 Euro, für den Diesel ist die Automatik nicht lieferbar.

Auf den ersten Testkilometern tat sich der Dreizylinder-Benziner durch ein kerniges Arbeitsgeräusch und großes Verlangen nach Drehzahl hervor. Bevorzugt man eine eher niedertourige Fahrweise, was den Spritkonsum dämpfen würde, muss man Abstriche im Temperament hinnehmen. An längeren Anstiegen ist ein Herunterschalten oft nicht zu umgehen, obwohl das Einliter-Triebwerk zwischen 1400 und 4500 Umdrehungen sein maximales Drehmoment von 170 Newtonmetern erreicht. Immerhin 205 Newtonmeter schafft der Diesel, weshalb sich die 35 PS Minderleistung gegenüber dem EcoBoost-Motor nicht so nachhaltig bemerkbar machen, wie befürchtet. Unter 2000 Umdrehungen ist ein durchaus ordentlicher Anzug zu spüren. Bei beiden Aggregaten macht sich oberhalb von 120 km/h der Motorlauf trotz fehlenden 6. Ganges nicht störend bemerkbar, weil Wind- und Abrollgeräusche die Oberhand gewinnen. In bergigem Gelände und mit etwa 180 kg Zuladung (rund der Hälfte des Erlaubten) lag der Verbrauch der beiden Testfahrzeuge, die mit 5,3 Liter Benzin und 4,6 Liter Diesel angegeben sind, jeweils rund zwei Liter über dem nach EU-Norm ermittelten Wert für hundert Kilometer.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen