Auto

Neues Topmodell von Lamborghini Stier tanzt Spitze

Mit der dynamischen Präsentation seines neuen Topmodells Aventador treibt die italienische Sportwagenmarke Lamborghini den PS-Kult auf die Spitze. Nie in der noch vergleichsweise jungen Firmengeschichte gab es mehr Leistung zu kaufen. 700 PS stehen zu Buche, das stellt sogar aktuelle Rennprototypen für Le Mans in den Schatten.

Wenn dieses Bild im Rückspiegel auftaucht, setzt man besser den rechten Blinker.

Wenn dieses Bild im Rückspiegel auftaucht, setzt man besser den rechten Blinker.

(Foto: Ingo Barenschee)

Das Wort "Automobil" kennzeichnet bekanntlich eine Fähigkeit, nicht einen Nutzen. Und weil das so ist, gibt es Autos wie den Lamborghini Aventador, dessen Fähigkeiten enorm, dessen Nutzen aber gering ist. Der Murchiélago-Nachfolger ist ein Männerspielzeug reinsten Wassers, freilich nur für Wohlhabende. Es wurde gebaut, Emotionen zu wecken und zu befriedigen.

Die Marke mit dem Stier im Logo, zählt mit gerade mal 48 Jahren noch zu den Youngstern der Sportwagenbranche. Erst seit 20 Jahren werden allradgetriebene Fahrzeuge gebaut. Als direkter Nachfahre des Diablo VT von 1991 vertraut auch der Aventador auf zwei angetriebene Achsen. Ebenso unverändert bleibt die Eigenheit der italienischen Firma, ihre Erzeugnisse nach spanischen Kampfstieren zu benennen.

Komplett aus Kohlefaser

Vier Auspuffrohre ziehen die Fahne eines fetten Sounds hinter sich her.

Vier Auspuffrohre ziehen die Fahne eines fetten Sounds hinter sich her.

(Foto: Charlie Magee)

Die nur 1,14 Meter hohe Karosse ist dem Murciélago nicht unähnlich, wenngleich nicht so aggressiv und viel geschmeidiger gestaltet. Anders als sein Vorgänger hat er nicht dessen brachiale Präsenz, der Aventador ist ausgewogen designt und vertraut weiterhin auf die spektakulär nach oben schwenkenden Scherentüren. Die Grundstruktur ist als Monocoque aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff gebacken, was den Wagen selbst im Kreise der Supersportler einzigartig macht. Oberhalb der hinteren Kotflügel sind automatisch öffnende Lüftungsklappen eingelassen, die bei Bedarf zusätzliche Kühlung in die Brutstätte der Kraft fächeln können. Unter einem gewaltigen verchromten Endrohrrahmen sind am Heck vier Auslässe für die Verbrennungsabgase zu erkennen.

Nicht zu Unrecht wurde am Interieur des kleineren Bruders, dem Modell Gallardo, die auffällige Gegenwart diverser Audi-Bauteile kritisiert. Beim neuen Top-Modell hielt sich der Mutterkonzern erkennbar zurück, was der Eigenständigkeit der Straßenrenners zugute kommt. Das Cockpit ist dem eines Flugzeugs nachempfunden. Nicht nur die Gestaltung des zentralen Monitors, sondern auch die rampenartige Mittelkonsole unterstreichen diesen Eindruck. Der Startknopf ist unter einer roten Abdeckung verborgen. Die Assoziation, das mit dem Hochklappen die Herstellung der Feuerbereitschaft eines Kampfjets verbunden ist, ist kaum zu vermeiden.

Keine Traktionsprobleme: Bis zu 60 Prozent des Drehmoments können an die Vorderachse geleitet werden.

Keine Traktionsprobleme: Bis zu 60 Prozent des Drehmoments können an die Vorderachse geleitet werden.

(Foto: Charlie Magee)

Die komplett neue Antriebseinheit setzt auf einen traditionellen Saugmotor, der 6,5 Liter Hubraum auf zwölf Zylinder verteilt. Auf eine Direkteinspritzung – wie beim Gallardo – wurde aus traditionellen Gründen verzichtet. Und obwohl der technische Aufwand erheblich ist, zum Beispiel hat jede Zündkerze ihre eigene Zündspule, liegt das Gewicht des Motors mit rund 230 Kilogramm rund 20 Prozent unter dem des Vorgängers. Selbst der mit nur zehn Zylindern bestücke Gallardo-Motor ist schwerer. 700 PS werden bei 5500 Umdrehungen zubereitet, das Crescendo aus zwölf Fanfaren kündet vom Selbstbewusstsein des Chefs in der Arena.

Gangwechsel in 50 Millisekunden

Der Startknopf auf der Mittelkonsole ist unter einer roten Klappe verborgen.

Der Startknopf auf der Mittelkonsole ist unter einer roten Klappe verborgen.

(Foto: Ingo Barenschee)

Die Kraftübertagung obliegt einem automatisierten Schaltgetriebe, das an Schnelligkeit sogar die viel gelobten Doppelkupplungsgetriebe übertrifft. Geheimnis dieses Tempos sind Schaltstangen, von denen eine den hoch drehenden Gang herausnimmt, während eine zweite fast zeitgleich den nächsten einlegt. In dem rennsport-ähnlichen Schaltmodus "Corsa" dauert dieser Gangwechsel nur noch 50 Millisekunden. Die Elektronik kann bis zu 60 Prozent des Drehmoments an die Vorderachse leiten.

Wo andere von der unterbrechungsfreien Zugkraft schwärmen, hat Lamborghini den unverfälschten Gegenentwurf zum Prinzip erhoben. Was dem Fahrer im "Corsa"-Modus blüht, nennt der Hersteller "emotionales Schaltgefühl". Beim Antippen der fest montierten Schaltpaddel rastet der nächste Gang mit solch einer Heftigkeit ein, dass der Ruck von Fahrzeug und Fahrer eins zu eins nachvollzogen wird. So ähnlich muss es sich anfühlen, wenn der Fallschirmspringer seinen Schirm geöffnet hat. Wer nicht voll konzentriert und mit angespannten Muskeln seinen Boldiden im Griff hält, kann in diesem Sekundenbruchteil schon mal mit dem Hinterkopf an der Nackenstütze anschlagen.

Er kann auch sanftmütig

Der völlig neu entwickelte 12-Zylinder-Motor leistet satte 700 PS.

Der völlig neu entwickelte 12-Zylinder-Motor leistet satte 700 PS.

(Foto: Ingo Barenschee)

Die reichliche Verwendung von High-Tech-Material und der konsequente Laichtbau lassen den Hersteller – ganz Rennsport-Jargon – von einem "Trockengewicht" von 1575 Kilogramm sprechen. Dass noch etwas weniger drin wäre, darf getrost angenommen werden, denn für eine spätere "Superleggera"-Version sollte noch Luft sein. Derzeit beträgt das Leistungsgewicht 2,25 Kilogramm je Pferdestärke. Vollgetankt und mit dem Fahrer in Startaufstellung sind beim Aventador demnach rund 1715 Kilogramm zu veranschlagen.

Die Spielwiese des neuen Lamborghini-Topmodells ist der Asphalt der Rennstrecke.

Die Spielwiese des neuen Lamborghini-Topmodells ist der Asphalt der Rennstrecke.

(Foto: Ingo Barenschee)

Wer nicht die Zehntel auf dem Circuit sucht, kann auch vollautomatisch und entspannt dahingleiten. Das dürfte besonders für die Kundschaft in Berverly Hills oder den Emiraten von Bedeutung sein. Obwohl unverkennbar Lamborghini hat der Aventador die Rauhbeinigkeit des Vorgänger in der Garage gelassen, gibt sich sanftmütig und in niedrigen Drehzahlen sogar akustisch zurückhaltend. Fürs Cruisen auf dem Boulevard bieten die Sitze eine gute Voraussetzung, denn ihnen fehlt die Enge einer Rennschale. Diese sportliche Härte soll erst in einer der nächsten Ausbaustufen realisiert werden, wenn die Kunden mit der Nürburgring-Jahreskarte bedient werden. Bei Interesse an einem Aventador ist nicht nur reichlich Barvermögen (er kostet in Deutschland 312.790 Euro) sondern auch Geduld nützlich: Die Produktion der nächsten 18 Monate, etwa 1100 Exemplare, ist bereits ausverkauft.

Quelle: ntv.de

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