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Spagat zwischen den Antrieben US-Autobauer zwischen Ölboom und Elektro-Vision

Der Maxximus LNG 2000 ist ein Gasrenner mit satten 1600 PS.

Der Maxximus LNG 2000 ist ein Gasrenner mit satten 1600 PS.

Die USA wollen bis zum Jahr 2015 zum größten Gas- und Ölllieferant der Welt aufsteigen. Gleichzeitig stellt der Staat den Herstellern die Aufgabe bis 2025 Autos zu bauen, die lediglich noch 4,3 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen. Eine Politik, die Europäern Rätsel aufgibt.

Gekauft wurde die Gasrakete von einem texanischen Ölmillionär.

Gekauft wurde die Gasrakete von einem texanischen Ölmillionär.

Ausgerechnet in der Spielerstadt Las Vegas wurde der Maxximus LNG 2000 vorgestellt. Mit 1600 PS und einem Stückpreis von einer Million Dollar ist das Geschoss das wohl schnellste straßentaugliche Fahrzeug, das mit Flüssig- und Erdgas betrieben werden kann. Der erste Käufer, wie bizarr, soll ein texanischer Ölmillionär gewesen sein. Unter den alternativen Antriebsformen galten in den USA gasbetriebene Fahrzeuge bis dato als unsexy. Doch in Zukunft könnten sie den Hybriden und reinen Elektro- und Wasserstoffautos Konkurrenz auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten machen.

Dass Autogas (LPG) oder Erdgas (CNG) überhaupt ein Thema für die US-Autoindustrie geworden sind, ist auch eine Folge von Fracking. Diese heftig umstrittene Methode, aus Schiefergestein mittels Wasser und zugeführten Chemikalien Öl und Gas herauszulösen, soll zusammen mit der weiteren Erschließung klassischer Ölfelder die USA bis 2015 zum größten Öl- und Gaslieferanten der Welt machen - und gänzlich unabhängig von Importen. Der Bundesstaat North Dakota hat allein in den letzten zwei Jahren mit einer Ölfördermenge von einer Million Barrels pro Tag die Produktion verdoppelt, wie das Wall Street Journal berichtet. Gut 600.000 neue Jobs in der Industrie verspricht sich die Regierung Obama in den kommenden Jahren von dem Boom. Das von einer Dauerkrise gebeutelte Land träumt wieder von den unbegrenzten Möglichkeiten. Zumindest im Antriebsmix.

Dicke Amis mit Gasantrieb

Der Bestseller auf dem US-Automarkt, der riesige F150-Pick-up von Ford beispielsweise wird bereits in einer CNG-Version angeboten. Bis Ende des Jahres will das Unternehmen 15.000 Erdgas-betriebene Fahrzeuge verkaufen - ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die General Motors-Tochter GMC, spezialisiert auf Lkw und große Pritschenwagen, bietet ihren gewaltigen Sierra HD als CNG-Variante an. Allerdings kostet die Umrüstung auf Gasbetrieb, wie der leitende Ingenieur Jeff Luke auf der Los Angeles Auto Show erzählte, umgerechnet rund 10.000 Euro.

Den GMC Sierra wird es auch mit Gasantrieb geben.

Den GMC Sierra wird es auch mit Gasantrieb geben.

Bei der Chrysler-Tochter Dodge dagegen ist man stolz darauf, dass der große Pick-up Ram mit sechs Litern Hubraum und 360 PS Leistung bereits ab Werk mit Erdgasantrieb bestellt werden kann. Die Förderoffensive macht's möglich: CNG und LPG kosten mit umgerechnet 1,50 Euro für die Gallone (knapp vier Liter) deutlich weniger als Benzin. Und unterbieten dabei noch die europäische Konkurrenz. Noch profitieren vor allem die kommerziellen Nutzer und Flotten von den sprudelnden Quellen. Dass noch nicht mehr CNG-fähige Pkw auf dem Markt sind, liegt schlicht an der noch nicht ausreichend vorhandenen Infrastruktur. Bereits vor über zehn Jahren hatte Toyota den Anfang gemacht und den Camry als CNG-Modell angeboten. Der Viertürer verkaufte sich nicht und verschwand aus dem Sortiment.

VW setzt auf Diesel, Mercedes auf sparsamen Luxus

Auch deswegen ist Gas für Jonathan Browning, Präsident und CEO von Volkswagen Group of America derzeit noch keine Option. "Volkswagen ist Europas Marktführer beim Erdgasantrieb, eben weil es die flächendeckende Versorgung der Pipelines gibt." Er setzt für die USA weiter auf eine immer stärker werdende Dieselnachfrage. "22 Prozent der Passat-Modelle werden heute in den USA als Selbstzünder bestellt. Was die Kunden überzeugt, sind die enormen Reichweiten, die durch den günstigen Verbrauch ermöglicht werden." Er sieht die amerikanischen Kunden in einem Spannungsfeld zwischen der offiziellen Politik, die Öl im Überfluss beschert und gleichzeitig per Gesetz den Durchschnittsverbrauch senken möchte. So sollen bis 2025 Fahrzeuge nicht mehr als umgerechnet 4,3 Liter auf 100 Kilometer erlaubt sein.

Trotz der heimischen Ölförderung zahlen Amerikaner derzeit rund 3,60 Dollar pro Gallone (das entspricht 3,8 Litern) an der Zapfsäule. Deswegen baut Volkswagen auch auf Hybride und rein batterieelektrische Fahrzeuge sowie auf die klassischen wirtschaftlichen Sechszylinder. Obwohl der Twin-Up nicht in Los Angeles, sondern zeitgleich auf der Automesse in Tokio gezeigt wird, hat VW die schon bekannten Hybrid-Konzepte Cross Blue Coupé und den Vision GTI mitgebracht, um zu zeigen, wie sportlich und zugleich sparsam die Alternativen zu Gas und Öl in Zukunft sein könnten.

Obwohl es bei der Konzerntochter Audi in Deutschland ein Erdgasmodell gibt, fehlt er bei der USA-Premiere der A3-Familie. Dafür ist 2015 die Einführung des A3 e-tron geplant. Auch für Filip Brabec, bei Audi of America Leiter im Bereich Produktmanagement, liegt das Problem vor allem bei der noch fehlenden Infrastruktur. Das Unternehmen kann auf CNG verzichten. "Diese Lösung ist augenblicklich nur für das Flottengeschäft anderer Hersteller interessant."

Ganz ähnlich sieht das auch Steve Cannon, oberster Statthalter von Mercedes-Benz in Nordamerika. "Wir zeigen natürlich im CNG-Markt mit der E-Klasse und dem Lieferwagen Sprinter Präsenz". Mit dem Viertürer CLA und dem kleinen SUV GLA hat er bereits zwei Superstars aus der A-Klasse im Rennen, die nicht nur den amerikanischen Hunger nach kompakterem Luxus erfüllen, sondern die Kunden auch mit ihrer Wirtschaftlichkeit überzeugen. Mit der neuen S-Klasse und dem großen Erfolg der AMG-Modelle hofft Cannon, bis Jahresende 300.000 Fahrzeuge zu verkaufen. Die S-Klasse als Hybrid wird 2015 eingeführt.

Trotz Ölreichtum keine großen Motoren mehr

Obwohl die Infrastruktur für Stromer auch in den USA noch schleppend ausgebaut wird, sind die Verkaufszahlen beeindruckend. Bis Jahresende dürften laut den neuesten Marktanalysen von J.D. Power über 25.000 Fahrzeuge mit Elektroantrieb verkauft werden. Dass viele US-Bundesstaaten den Kauf eines E-Autos mit umgerechnet bis zu 10.000 Euro fördern, trägt zur Nachfrage bei. Selbst die brennenden Batterien, die bei Tesla in den letzten Wochen für Negativschlagzeilen sorgten, haben dem positiven Image nicht geschadet. Chrysler-Mutter Fiat hat für die Autoschau in Los Angeles sogar einen E-500 im Gepäck, den es nicht in Europa, sondern nur für den kalifornischen Markt gibt. Denn dort werden immer noch die Trends von morgen ausprobiert.

Das Land der legendären, durstigen V8-Motoren, der Muscle Cars und riesenhaften SUVs hat aus vergangenen Energiekrisen gelernt. "Wir haben uns in puncto Leistung und Wirtschaftlichkeit die Deutschen zum Vorbild genommen", sagt man bei Cadillac. Und natürlich die Asiaten. Die erfolgreichsten Modelle der alten Luxusmarke haben wie die Limousine ATS zwei Liter Hubraum und vier Zylinder. "Obwohl es wieder heimisches Öl im Überfluss gibt, wollen die Käufer nicht mehr zurück zu den durstigen, großen Motoren von einst", weiß auch Jiyan Cadiz von Dodge. Selbst der Challenger und der Charger - Ikonen des American Way of Drive - versprechen mit rund acht Litern Verbrauch Power ohne Reue.

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x

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