Auto

Isetta war der Grundstein Von der Knutsch- zur Kanonenkugel

Der Iso Grifo wurde bis 1974 bei Iso Rivolta hergestellt.

Der Iso Grifo wurde bis 1974 bei Iso Rivolta hergestellt.

Es war die "Knutschkugel", die den Grundstein für italienische "Kanonengeschosse" in den 60er Jahren legte. Seinerzeit kratzten die Überflieger von Iso Rivolta zuverlässig an der für Straßenautos als unbezwingbar geltenden 300-km/h-Grenze.

Wer kennt sie nicht, die BMW Isetta? Jenes kleine Rollermobil, das die Kassen der Bayern füllte, nachdem die V8-BMW kaum Gewinn erwirtschafteten. Bei Iso-Rivolta war es umgekehrt. Erst konzipierten die Italiener die Isetta und verdienten Geld mit Lizenzen. Um die Gewinne, in den schnellsten Supersportwagen der sich um 1960 auf den Straßen tummelte, zu versenken. Mit Hochgeschwindigkeits-Ikonen wie Iso Rivolta IR, Grifo, Fidia oder Lele setzten Renzo Rivolta und sein Sohn Piero ab 1964 genau ein Jahrzehnt lang aufregende V8-Kontrapunkte zu den V12-Supersportwagen von Ferrari, aber auch zu Lamborghini und Maserati.

Iso als erfolgreicher Exportartikel

Unter anderem die BMW Isetta (ab 1955) ist ein Lizenzbau der Iso Isetta.

Unter anderem die BMW Isetta (ab 1955) ist ein Lizenzbau der Iso Isetta.

Damals hatte Renzo Rivolta seine Automobilmarke Iso Autoveicoli gerade international ins Gespräch gebracht. War doch aus dem renommierten Hersteller von Isolierkannen, Haushaltsgeräten und Motorrollern auch ein Produzent von Kabinenrollern geworden. Isetta hieß dieser winzige Iso für die Familie, der gleich nach seinem Debüt auf dem Turiner Salon zu einem der erfolgreichsten italienischen Exportartikel avancierte.

Iso vergab Lizenzen nach Frankreich, Großbritannien, Spanien und Brasilien, vor allem aber an BMW. Als BMW Isetta wurde das von Zeitgenossen liebevoll-spöttisch "Knutschkugel" genannte Kleinstmobil ein echter Mega-Bestseller, der den Münchnern das Überleben sicherte. Konnte doch mit den parallel angebotenen Oberklassemodellen BMW 501 und 502 trotz prestigeträchtiger V8-Motoren nie genügend Gewinn erzielt werden.

Die Antwort auf Lamborghini und Ferrari

Die Iso Rivolta IR 300 überstrahlte 1963 viel andere Sportwagen.

Die Iso Rivolta IR 300 überstrahlte 1963 viel andere Sportwagen.

Was die V8-Typen betrifft, war dies eine Erfahrung, die allerdings auch Iso Rivolta machen musste. Um 1960 begann Renzo Rivolta mit der Entwicklung eines luxuriösen und leistungsstarken Gran Turismo im Stil englischer Gordon-Keeble und französischer Facel-Vega. Dies als Alternative zu den etablierten italienischen Ferrari und Lamborghini. Konzipiert wurden die ersten der stets voll straßentauglichen macchina da corsa von zwei Mega-Stars der italienischen Superautoliga: Giorgetto Giugiaro kreierte bei Bertone die zeitlos schönen und schnellen Karosseriekleider des GT IR 300 und der kongeniale Konstrukteur und Ex-Ferrari-Mitarbeiter Giotto Bizzarrini zeichnete für das Fahrwerk verantwortlich. Der Hochleistungsmotor war kein wartungsintensiver italienischer V12, sondern ein robuster Amerikaner, der V8 aus der Corvette.

Auf dem Turiner Salon 1962 überstrahlte der viersitzige Iso Rivolta IR 300 alle anderen Hochleistungs-Sportwagen. Dabei hatte Maserati gerade erst eine abermalige Leistungssteigerung für seinen erfolgreichen GT angekündigt, der Ferrari 250 GTO entstand als Homologationsserie und die Corvette Sting Ray machte sich bereit, Europa zu erobern. Die europäischen und nordamerikanischen Sportwagenimporteure jedoch standen Schlange vor dem Messestand von Iso Rivolta, um einen der begehrten Verträge als Handelspartner zu erhalten. "Sanfte Bombe", "Super Bombe", "Yankee im Frack" oder "Schnell, schneller, Rivolta", jubelten enthusiastische Medien über den eleganten GT mit Corvette-Kraft und Scheibenbremsanlage von Jaguar.

Iso Fidia S4 war das Nonplusultra

Die Iso Rivolta S4 Fidia wurde dem Publikum auf der IAA 1967 präsentiert.

Die Iso Rivolta S4 Fidia wurde dem Publikum auf der IAA 1967 präsentiert.

Allerdings war es nicht die Höchstgeschwindigkeit von damals noch respektablen 220 km/h, die diesen Enthusiasmus und tatsächlich viele Kundenbestellungen bescherte, sondern die Mühelosigkeit, mit der die Iso Rivolta Coupés schnelle Autobahnetappen bewältigten. Selbst bei 200 km/h sei es möglich, das Lenkrad loszulassen, ohne dass der Wagen versetze, wunderten sich sonst so überkritische Motorjournalisten.

Die Steigerung folgte wenige Jahre später, als Renzo Rivoltas zweiter Streich Iso Grifo nach neuem Superlativ griff. "240 km/h im dichten Verkehr, die nur durch den Blick auf den Tacho auffielen", registrierten italienische Testfahrer. 300 km/h mit langer Hinterachsübersetzung versprach das Werk für den 400 PS leistenden Racer - und wurden durch deutsche Fachjournalisten bestätigt. Nachdem sein Vater Renzo 1966 verstorben war, enthüllte Piero Rivolta mit damals 25 Lebensjahren weltweit jüngster Automobilfabrikant den Iso Fidia S4 auf der IAA 1967.

Aber die Leidenschaft endete Anfang der 1970er Jahre abrupt, dabei hatte doch gerade der neue viersitzige Lele die Nachfolge des Iso Rivolta IR 300 übernommen. Wie bei so vielen Supersportwagenhersteller der ersten Nachkriegsjahrzehnte wurden bei Iso plötzlich die Kassen klamm. Die USA als weltweit wichtigster Absatzmarkt für Luxusmodelle führten Sicherheits- und Emissionsvorschriften ein, deren Erfüllung sehr kostenaufwändig war. In Europa gab es einen sozialpolitischen und gesellschaftlichen Wandel, der es in vielen Ländern kaum mehr möglich machte, Luxusprodukte öffentlich zu zeigen.

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x

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