Fahrbericht Mini E Der Stromer
27.11.2008, 11:02 UhrIm kalifornischen Beverly Hills, dem Mekka der Schönen und Reichen, wird die Welt mittels Automobilen in zwei Hälften geteilt und sogleich wieder vereint. Ein Teil der Menschen ist gezwungen, sein Auto auf der Straße zu parken. Da stehen sie dann in Reih und Glied: Verrostete Pickups, ölende Riesenvans und verbeulte Amischlitten aus den 80ern. Die Besitzer dieser Fahrzeuge sind das Personal, das irgendwo in den Prachtvillen und parkartigen Gärten der Häuser arbeiten, vor denen die Autos parken. Der andere - weitaus kleinere - Teil der Menschen wohnt in diesen Villen und parkt seine Autos in der Einfahrt: Mercedes S-Klasse, Porsche Cayenne, Bentley Continental, um nur eine kleine Auswahl der automobilen Pretiosen zu nennen, die sich hier tummeln. In der Regel gleich mehrfach. Und was vereint sie alle? Ganz einfach: Ihre Fahrzeuge saufen wie die Löcher.
Genau der richtige Ort also, dachte BMW, als zur ersten Probefahrt mit dem neuen Mini E geladen wurde. Denn der verbraucht gar nix. Nullkomma nix. Jedenfalls keinen Treibstoff im klassischen Sinne, sondern Strom. Denn der Mini E ist ein reines Elektrofahrzeug und verzichtet gänzlich auf einen Verbrennungsmotor. Etwa so wie der rollende Kofferkuli im Hauptbahnhof. Um es vorweg zu sagen: Die ökologische Gesamtbilanz ist umstritten. Alles hängt davon ab, wie der Strom hergestellt wird. Atomstromfans können sich minimaler CO2-Emissionen brüsten, aber in USA wie auch anderswo kommt ein beträchtlicher Teil der elektrischen Energie immer noch aus Kohle- oder Gaskraftwerken. Zwar ist die Herstellung von Strom in Großkraftanlagen in der Regel effizienter als die Verbrennung von Benzin in Hubkolbenmotoren, aber der Vorsprung ist gering. Und solange die Elektrizität nicht aus regenerativen Quellen gewonnen wird taugt der Mini E nicht als Ökomobil.
Aber soviel Last wollen wir dem kleinen Oxforder hier in Beverly Hills auch gar nicht aufbürden. Wie soll auch ein so kleines Autochen die Welt vor dem Treibhauseffekt retten? Eines steht jedenfalls fest: Verglichen mit den anderen Autos in Beverly Hills ist er so ökologisch wie Renate Künast beim freiwilligen Ernteeinsatz im Wendland.
Sieger bei jedem Ampelstart
Nein, wir wollen ihn einfach nur mal fahren und sehen, wie er funktioniert. Lustig ist schon das Anfahren. Der Mini E ist ein echter Fußgängerschreck! Und zwar vor allem deshalb, weil arglose Passenten seine Annäherung nicht hören. Und die kann verdammt schnell vonstatten gehen, denn 150 KW sind eine ordentliche Portion Leistung für so ein kleines Wägelchen. Vor allem stehen die Kilowatt eines Elektromotors gleich vom ersten Meter an zur Verfügung. Mit anderen Worten: Im Mini E geht ganz schön die Post ab. Beim vollen Beschleunigen drehen die Vorderräder durch und er zappelt in der Lenkung wie ein Zitteraal im Netz. Nach 8,5 Sekunden wird die 100 km/h-Marke erreicht und bei 152 km/h elektronisch abgeregelt (letzteres konnten wir angesichts der bedrohlichen Cop-Dichte in Beverly Hills nicht ausprobieren, glauben es aber aufs Wort). So gefordert dürften die Lithium-Ionen-Akkus mit einer Gesamtkapazität von 35 KwH schnell leergesaugt sein. Obwohl es imposant klingt: 5088 einzelne Zellen zusammengefasst zu 48 Modulen jagen ihre Energie durch 380-Volt-Leitungen zum Elektromotor über den Vorderrädern. Tatsächlich handelt es sich dabei mehr oder wenige um handelsübliche Akkus, die noch nicht auf den Einsatz im Auto abgestimmt sind. Ein weiterer Nachteil: Die Akku-Packs nehmen den ganzen hinteren Teil des Wagens in Beschlag, das heißt: Außer den beiden vorne Sitzenden geht nichts rein in den Mini E.
Ladevorgang von zweieinhalb Stunden
Dafür geht es jetzt raus aus Beverly Hills und rein in die Straßenschluchten von Los Angeles. An das Fahrverhalten hat man sich schnell gewöhnt. Es gibt nur ein Gaspedal - sorry: Strompedal - und die Bremse. Der Mini E fährt sich also wie ein ganz normales Automatik-Auto. Nur dass man mit ihm jeden Ampelstart gewinnt. Und nach zwei Stunden im Stadtverkehr zeigt die Stromuhr immer noch rund 50 Prozent Füllung an. Gar nicht schlecht. Bei moderater Fahrweise verspricht BMW eine Reichweite von rund 250 km.
Zurück in Beverly Hills geben wir den Mini nur ungern wieder her, aber schließlich muss er jetzt doch aufgeladen werden. Im schwachbrüstigen amerikanischen 110-Volt-Stromnetz dürfte das tagelang dauern. Hat der Kunde aber eine so genannte „Wallbox in seiner Garage montiert, wird mit 380 Volt gespeist und die Akkus sind nach 2,5 Stunden wieder randvoll. Aber auch mit der Wallbox bleibt das alte Problem von „Wieso Atomkraft? Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose!
Anmerkung: Einen ausführlichen Fahrbericht des Mini E sehen sie am Samstag, den 29.11. in der Sendung "n-tv Motor" mit Klaus Niedzwiedz.
Quelle: ntv.de