Praxistest

Mini E im Test Großes Aufsehen

Premiere des Mini E in Berlin.

Premiere des Mini E in Berlin.

Lächeln, Winken, in die Höhe gereckte Daumen - so reagierten die Passanten in Los Angeles, wenn ihnen ein Elektro-Mini begegnete. Die Testfahrten während der Autoshow in der amerikanischen Westküstenmetropole waren der Auftakt zu einer groß anlegten Kundenaktion, mit der BMW als Hersteller des alternativen Kleinwagens Erfahrungen für die Weiterentwicklung von Mobilität aus der Steckdose sammeln will.

Gut möglich, dass bald auch in der Berlin Sympathiekundgebungen dieser Art beobachtet werden können. Denn nicht nur in Los Angeles und New York, sondern auch in der deutschen Hauptstadt werden die Elektro-Minis auf ihre Praxistauglichkeit getestet. Gemeinsam mit dem Energiekonzern Vattenfall schickt BMW ab nächstem Frühjahr 50 der kleinen Stromer auf die Straße.

Zu viert hat man noch nie wirklich bequem im Mini gesessen, so dass es nur konsequent erscheint, wenn der "Mini E", so die offizielle Bezeichnung des Versuchsträgers, nun zum Zweisitzer mutiert ist. Außer den hinteren Sitzen geht auch gleich noch der Kofferraum für die neue Technik drauf - mehr als 5000 Batteriezellen beanspruchen halt ordentlich Platz. Und sie schaffen Gewicht ins Auto. Mit 1465 Kilogramm Leergewicht bringt der Mini E exakt 260 Kilo mehr als das Modell Cooper S auf die Waage. Zuviel für ein temperamentvolles Fahrerlebnis?

Im Gegenteil. Mit Schmackes geht es vorwärts. Der Grund dafür liegt in der Eigenheit von Elektromotoren. Statt wie die Verbrenner erst mit schneller werdenden Arbeitstakten Drehmoment aufzubauen, stellt der E-Motor vom Start weg seine volle Durchzugskraft zur Verfügung. Beim Mini E sind das 220 Newtonmeter. Dem Cooper S sind zwar 260 Nm als maximales Drehmoment ins Datenblatt geschrieben, dafür braucht er aber mindestens 1600 Umdrehungen. Entsprechend überzeugend ist der Antritt des Strommobils.

Fahrgeräusche vermisst

Der Mini E ist also ein echter Sprinter, auch wenn der Hersteller das Höchsttempo erst einmal auf knapp über 150 km/h begrenzt hat. Was fehlt, ist auch nicht Tempo, sondern Sound. Das energische Anfahren wird nur von einem unterschwelligen Summen begleitet, das eher an eine Straßenbahn erinnert als an ein Automobil. Selbst wenn es den Namen Gaspedal nicht verdient, ist es immer noch ein Fußhebel, der den Vorwärtsdrang bestimmt. Und wenn das Fenster geöffnet ist, bleibt das Summen leise, es wird im Nu vom Fahrwind übertönt.

Wer den Fuß ein wenig lupft, spürt unmittelbare Verzögerung und die singend hohe Frequenz der Begleitakustik kippt in die Gegenrichtung. An die starke Bremswirkung beim Heben des Fahrpedals muss man sich erst gewöhnen. Der Grund für diesen Effekt liegt darin, dass im Schubbetrieb bereits Energie zurück gewonnen und wieder der Batterie zugeführt wird. Nur so ist die von BMW versprochene Reichweite von 240 Kilometern zu erreichen.

Komfort kostet Reichweite

Außer, dass die Fahrt im Stadtverkehr dem Ritt auf einer Sinuskurve ähnelt, ist der Mini E ein ganz normales Automatik-Auto. Den Drehzahlmesser auf der Lenksäule hat die Ladestandsanzeige ersetzt, der langspielplattengroße Tachometer bestimmt die Optik des Armaturenbretts. Auch der Ganghebel unterscheidet sich nicht von dem eines gewöhnlichen Automatik-Getriebes. Nur beim Komfort müssen die Testfahrer, wenn sie denn einen der begehrten Plätze ergattern, mit Einschränkungen rechnen. Im warmen Los Angeles fährt man sicher gern mit eingeschalteter Klimaanlage, im winterlichen Berlin mit aufgedrehtem Heizungsgebläse. Wer dieses oder jenes nutzt, muss die Ladeanzeige im Blick behalten, denn beides kostet Strom und damit Reichweite.

Für die Beförderung der Passagiere sieht die Elektroanlage des Mini E 28 kWh Kapazität vor. Je Kilometer ist der Verbrauch mit 0,12 kWh errechnet. Das dürfte dem Normal-Autofahrer wenig sagen. In der bekannten Rubrik CO2 steht aber kein dreistelliger oder hoher zweistelliger Wert, sondern eine satte Null. Nur Hardcore-Ökos stellen jetzt noch die Frage, ob denn der verwendete Strom per Kohle- oder Kernkraftwerk erzeugt wurde. An der heimischen Steckdose werden die US-Nutzer etwa 24 Stunden für eine Komplettladung des E-Mini brauchen. Dort hat das öffentliche Netz 110 Volt. Wenn in Berlin Spezialladeanlagen mit 240 Volt und 48 Ampere installiert sind, wird es dort etwa drei Stunden dauern.

Mehr elektrische Konkurrenz

Gut möglich, dass im Frühjahr die Elektro-Minis auf dem Weg dorthin noch anderen "grünen" Fahrzeugen begegnen. Gerade hat Opel in der Hauptstadt sein "HydronGen4"-Projekt gestartet. Für die Brennstoffzellen- Autos auf der Basis des kompakten GM-Geländewagens "Equinox" gibt es bereits zwei öffentliche Wasserstoff-Tankstellen. Bekanntlich spielt auch BMW die Wasserstoffkarte, nur dass in den 7er-Modellen das Gas direkt für den Antrieb verbrannt wird.

Schon ein reichliches Jahr ist in London der Elektro-Smart im Versuchs-Betrieb. Im Gegensatz zum Mini verwendet er Sodium-Nickel-Chlorid-Batterien anstatt der moderneren Lithium-Ionen Akkus. Bei letzteren ist aber das Erhitzungsproblem noch nicht endgültig gelöst, weshalb der Mini nicht ohne aufwändige Kühlung auskommt. Die Frage der Lebensdauer solcher Akkus ist ebenso wenig beantwortet. Auch Mitsubishi ist am Start beim Rennen um das zukunftsfähigste Elektroauto. Der I-Miev, der seine Elektromotoren in den Radnaben trägt, soll ab nächstes Jahr in Japan verkauft werden.

Quelle: ntv.de

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