Sechserpack ab 20.400 Euro Honda attackiert VW-Touran
19.11.2004, 09:45 UhrVon Axel F. Busse
Sein Baby gibt man für gewöhnlich nicht weg, wenn es gerade das Licht der Welt erblickt hat. Masaaki Tsunoda tut es dennoch, denn er glaubt fest daran, dass sein Baby, wie er es selbst nennt, vielen Menschen Freude machen kann.
Die Schöpfung des Ingenieurs, der Projektleiter bei Honda ist, heißt FR-V, ein Code, der für Family Recreation Vehicle steht. Der neue sechssitzige Honda soll also seine Passagiere nicht nur sicher von A nach B bringen, sondern auch der Familie durch Anordnung der Plätze in zwei Reihen ein Wohlfühlen "wie im heimischen Wohnzimmer" ermöglichen. Kinder sitzen im Auto gern vorn, hat Masaaki Tsunoda festgestellt. Deshalb hat der Mittelsitz vorn eine Isofix-Kindersicherung serienmäßig bekommen. Laut Honda-Marketingstrategie zielt der FR-V, wenn er am 15. Januar 2005 bei den Händlern steht, im Wettbewerb vor allem auf den VW-Touran. Der Klassenprimus aus Wolfsburg hat seine Sitze aber in drei Reihen angeordnet, weshalb die Kunden den Honda wohl eher mit dem Fiat Multipla vergleichen werden.
Unbestreitbar ist, dass Honda mit den in Fahrtrichtung verschiebbaren Mittelsitzen den Insassen ein neues Raumgefühl vermittelt. In der ersten Reihe sind es 27 Zentimeter Variationsmöglichkeit, in der zweiten immerhin noch 17. Die V-förmige Platzanordnung sei auch kommunikativer als die starre Sitzreihe, sagt Honda. Weniger subjektiv ist da schon der Zugewinn an Schulterfreiheit, den die Honda-Passagiere zum Beispiel gegenüber einem Sextett im Multipla haben. Die Variabilität des Gestühls steht jedoch in Kontrast zu seiner Bequemlichkeit. Längere Sitzpolster und stabilere Seitenführung könnten weitere Pluspunkte bringen. Immerhin ist der Fahrersitz in der Serienausstattung höhenverstellbar.
Mit 439 Litern Ladevolumen dürfte der Honda Maßstäbe setzen, denn er bietet diesen Wert bei Auslastung aller Sitze. Sind weniger Insassen unterwegs, lassen sich beim Gepäckstapeln bis zu 1.600 Liter unterbringen. Das ist angesichts der kompakten Abmessungen von 4,29 Metern Länge. Die mehr als 1,80 Meter breite zeigen da schon von anderem Kaliber und bedürfen der Gewöhnung.
Die innovative Sitzarchitektur machte auch Neuentwicklungen im Sicherheitsbereich nötig. Fahrer und Mittelpassagier sollen durch einen besonders großen Doppelairbag geschützt werden. Allerdings sind die Luftsäcke nicht abschaltbar, was der Hersteller mit seiner grundsätzlichen Sicherheitsphilosophie begründet. Auch Kopf- und Seitenairbags gehören zum Package, laut Honda sind vier Sterne beim EuroNCAP-Crashtest für das Auto Pflicht.
Mit 125 bzw. 150 PS aus 1,7 bzw. 2 Litern Hubraum kommt der FR-V auf den deutschen Markt. Vor allem der Zweiliter-Benziner macht einen überzeugenden Eindruck. Einerseits zeigt er sich laufruhig und kultiviert, andererseits versorgt er den rund 1.500 Kilogramm schweren Familiensechser mit ausreichend Temperament. Trotz des hohen Aufbaus lässt er keine Wankbewegung spüren, reagiert gutmütig auch in flott gefahrenen Kurven. Bei ersten Fahrtests konsumierte er um die 10 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Wer es deutlich sparsamer haben möchte, muss sich noch ein halbes Jahr gedulden. Erst im Sommer 2005 legt der größte Motorenhersteller der Welt sein zu Recht meistgelobtes Autoaggregat nach. Der 2,2-Liter- Diesel, der auch ohne Partikelfilter Euro IV erfüllt, ist dann für den FR-V verfügbar. Kapazitäts- und Produktionsbedingungen nennt Honda als Ursache für die Verspätung. Sicher spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass Dieselantrieb in Japan (bisher) eine untergeordnete Rolle spielt. Ist der der Diesel erst einmal da, glaubt Honda an einen Absatzzuwachs von 40 Prozent. Bisher wird in Deutschland mit 5.000 Einheiten im ersten vollen Kalenderjahr gerechnet.
Wenn sich die 35-bis 44-jährigen Eltern von ein oder zwei Kindern, die der Hersteller als primäre Zielgruppe im Auge hat, für den FR-V erwärmen, müssen sie mit Kosten von wenigstens 20.400 Euro rechnen. Die bestausgestattete Serienvariante schlägt mit 25.900 Euro zu Buche. Ein Automatikgetriebe ist aber auch für den Preis nicht zu haben. Über eine Alternative zur manuellen Sechsgangschaltung will Honda erst nachdenken, wenn der Markt es deutlich verlangt.
Quelle: ntv.de