Praxistest

Renault Laguna Coup Schönheit geht vor Nutzen

Na bitte, es geht doch! Nicht immer hatte Renault beim Design seiner Pkw-Modelle zuletzt ein glückliches Händchen. Der gerade abgelöste Megane war zum Beispiel so gestaltet, dass die Beschreibung "mutig" schon ein Kompliment darstellte. Doch seit das Laguna Coup auf der Straße ist, weiß man: Die Franzosen können es noch.

Der 4,64 Meter lange Zweitürer ist ein wahrer Augenschmaus. Kraftvoll und aggressiv ist das große Gitter an der flachen Front. Ein eleganter und geschmeidiger Schwung mit chromgefassten Seitenscheiben führt zur sich sanft verjüngenden Heckpartie mit filigranen, zweigeteilten Leuchtenbändern. Ein frecher Akzent findet sich auf dem Kofferraumdeckel: eine zarte Abrisskante. Aber ist der Neuling in der Praxis auch so ein Schmeichler, wie das Auge ihn empfindet?

Die für diesen Test zur Verfügung stehende Motorisierung ist im Renault-Regal eine bekannte Größe. Als Allzweckwaffe kommt der Zweiliter-Turbodiesel zum Einsatz, der in Modellen wie Grand Scenic, Laguna, Koleos oder Espace ebenfalls Verwendung findet. Beim frontgetriebenen, aber allradgelenkten Testwagen mit 178 PS (statt 150) ist er mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe kombiniert. Auch auf den zweiten Blick gefällt das Coup: Eine Profilkante betont zusammen mit dem markant hervortretenden Türschweller die untere Hälfte der Karosserie. Die elegante Heckpartie unterstreichen schmale, langgestreckte Rückleuchten in LED-Technik. Sportliche Eleganz vermitteln die 18-Zoll-Räder sowie die verchromten Endrohre der Auspuffanlage.

GT-Ausführung nur als Handschalter erhältlich

An der manuellen Schaltung zeigt sich jedoch, wie weit Schönes manchmal vom Praktischen entfernt sein kann: Dieses Getriebe wird nämlich mittels eines edel schimmernden Schaltknaufs bedient, der auch noch von einer auf Hochglanz polierten Edelstahlkugel gekrönt wird. Toll anzuschauen, aber jeder Gangwechsel lässt einen zucken, denn gerade im Winter kann es dauern, bis dieser Knauf Innenraum-Temperaturen annimmt. Wer also kälteempfindliche Hände hat, kann zwischen Handschuhnutzung und winterlichem Fahrverzicht wählen. Automatikgetriebe kommt als Alternative nicht in Betracht, denn das ist gegen 1800 Euro Aufpreis nur für die "Dynamique-" und nicht für die GT-Version vorgesehen.

Mit einem Drehmoment von 400 Newtonmetern, das schon bei 2000 Umdrehungen bereit gestellt wird, offenbart der Motor ein zupackendes Wesen. So zupackend, dass es am Lenkrad förmlich mit Händen zu greifen ist und auf feuchtem Untergrund auch schon mal die Traktionskontrolle im Regelung bittet. Ernste Probleme, die Kraft auf die Straße zu bringen, sind das aber nicht. So wie sich große Durchzugskraft schlecht mit rutschigem Belag verträgt, so sind auch Holperpflaster und scharfer Lenkeinschlag keine Freunde. Die Schläge, die das Rad dabei aufnimmt, dringen als Rumpeln und Zittern bis in Lenkrad durch. Dieser Effekt tritt ausdrücklich nur beim Einlenken auf. Bei Geradeausfahrt war nichts Derartiges wahrzunehmen.

Leicht steuerbar und wendig

Mit einem Beschleunigungsvermögen von 8,5 Sekunden von Null auf Hundert ist das Coup nicht ganz so temperamentvoll wie es aussieht. 218 km/h Spitzengeschwindigkeit sind aber mehr als ausreichend. Der als hoch empfundene Fahrkomfort ist eine Summe aus geringer Geräuschbelastung, guten Federungs- und Dämpfungseigenschaften und einem agilen Handling. Letzteres ist einer sehr direkten Abstimmung der Lenkung und den lenkbaren Hinterrädern zu verdanken. Renault bezieht das System von einem Zulieferer aus Japan. Die Hinterräder des Coup sind dazu mit einer durchgehenden Lenkstange verbunden, die sich elektrisch nach links oder rechts schieben lassen. So können die Räder bis jeweils 3,5 Grad aus der Mittellage bewegt werden. Steuertechnik und Bewegungsmechanik wiegen zusammen 19 Kilogramm.

Die verbesserte Wendigkeit beim Ein- und Ausparken oder in engen Gassen kommt dadurch zustande, dass die Räder an der Hinterachse unterhalb von 60 km/h entgegen dem Einschlagwinkel der Vorderräder angestellt werden. Sichtbar wird der Effekt durch einen um mehr als einen Meter reduzierten Wendekreis des Coups gegenüber dem normalen Laguna. Bei schnellerer Fahrt steuern die Hinterräder in dieselbe Richtung wie die Vorderräder. Dadurch wirken sie der Fliehkraft entgegen, die sonst das Heck des Autos zum Kurvenaußenrand zieht. An Handlichkeit und Sitzkomfort gibt es nichts auszusetzen, im Test verbrannte der Dieselmotor 7,2 Liter je 100 Kilometer. Das sind 0,7 Liter mehr, als nach EU-Norm als Kombiwert ermittelt wurde.

Zehn Airbags serienmäßig

Das Kofferraumvolumen von 423 Litern ist für ein Coup beachtlich. Da Renault den Zweitürer aus Gründen der Karosseriesteifigkeit nicht mit einer Heck-, sondern einer gewöhnlichen Kofferraumklappe ausgestattet hat, die zudem nur über eine recht hohe Ladekante zugänglich ist, ist die Nutzung dieses Platzes mit Einschränkungen verbunden. Die stärker am Nutzen orientierten Kunden werden mit der Laguna-Limousine oder dem Kombi sicher besser bedient. Dort säße man auch hinten besser, denn beim Coup muss man bauartbedingt mit verminderter Kopffreiheit rechnen.

Serienmäßig stattet Renault das Coup mit zehn Airbags aus. Die Frontairbags verfügen über ein Doppelkammersystem. Diese Airbags sollen sich schneller entfalten und optimal an die Statur von Fahrer und Beifahrer anpassen. In den Türen der B-Säule sind doppelte Aufprallsensoren untergebracht, die die Spanne bis zum Auslösen der Airbags verkürzen helfen. Zum Serienumfang gehören ferner vorhangartige Windowbags, weitete Luftsäcke verhindern das Abtauchen der Frontpassagiere unter den Gurt ein Effekt, den die Unfallforschung mit "Submarining" bezeichnet.

Die Ausstattungslinie "GT" ist als sportliche und komfortbetonte Variante ab Werk mit Klimaautomatik, automatischer Aktivierung von Abblendlicht und Scheibenwischer sowie einem CD-Radio mit MP3-Funktion ausgestattet. Ferner gehören Tempomat mit Geschwindigkeitsbegrenzer, automatische Parkbremse und Bi-Xenon-Scheinwerfer dazu. Lederpolsterung, beheizbare Vordersitze sowie das schlüssellose Zugangs- und Startsystem "Keycard Handsfree komplettieren den Lieferumfang. Für dieses Paket verlangt Renault 35.900 Euro.

Quelle: ntv.de

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