460 Jahre Staatskapelle Dresden Ältestes Ensemble der Welt
21.09.2008, 08:00 UhrEin Blick in die Archive der Sächsischen Staatskapelle Dresden lässt den Puls bei Musikfans höherschlagen. Denn die Auflistung von Dirigenten und Komponisten, die mit dem Orchester arbeiteten, ist wie ein "Who is Who" der Musikgeschichte. Heinrich Schütz rettete die damalige Hofkapelle über den Dreißigjährigen Krieg, Antonio Vivaldi komponierte Konzerte "per l'orchestra di Dresda". Johann Sebastian Bach wurde hier 1736 zum "Compositeur" ernannt. Von 1843 und 1857 standen unter anderen Mendelssohn Bartholdy, Schumann, Berlioz und Liszt am Pult.
Wenn "die Kapelle" - wie sie in Dresden ohne Verwechslungsgefahr heißt - am 22. September 460 Jahre alt wird, richtet sich der Blick erneut auf eine kulturpolitische Glanztat des Kurfürsten Moritz von Sachsen (1521-1553). Der Herrscher, der noch jung an Jahren einer Kriegsverletzung erlag, hatte Johann Walter, einen Freund Martin Luthers, mit der Suche nach geeignetem Musiker-Personal für eine "Cantorey" beauftragt. Der 22. September 1548 gilt als Geburtsstunde der Hofkapelle. Walter wurde ihr erster Kapellmeister. Später gaben vor allem Italiener an der Elbe den Ton an.
Schon frühzeitig ging das Orchester auf Tour. Die Kurfürsten nahmen es oft als "Aushängeschild" zu Reichstagen mit. 1710 wurde es zu einem "modernen" Orchester umgewandelt. Fortan mussten die Musiker nur noch ihr Hauptinstrument spielen. Auch danach setzten die Dresdner Meilensteine. 1846 dirigierte Richard Wagner am Palmsonntag die 9. Sinfonie Beethovens und begründete damit eine regelmäßige Aufführung des Werkes. Wagner prägte für die Kapelle den klangvollen Namen "Wunderharfe". Später erwies sich das Zusammenspiel mit Richard Strauss als fruchtbar. Er ließ neun Opern in Dresden uraufführen.
Sie hat alles überlebt
"Die Kapelle hat alles überlebt - und bleibt die Kapelle", sagt ihr Ehrendirigent Sir Colin Davis. Der Geiger Frank Peter Zimmermann spürt eine "Urtradition" beim Orchester der Semperoper. Der britische Dirigent Daniel Harding kann nach eigenem Bekunden "nicht ohne ein Jahr Staatskapelle" sein. Alle drei Künstler kommen in dem Film "Gemeinsam seit 1548 - Staatskapelle Dresden" zu Wort, der unlängst Premiere hatte. Die Tradition ist schwarz auf weiß zu sehen - vom Mozart-Requiem liegen handschriftliche Noten im Archiv. Der Meister hatte 1789 sein Krönungskonzert mit der Kapelle uraufgeführt.
Für Chefdirigent Fabio Luisi heißt Tradition zugleich Moderne. Die Kapelle sei stets ein risikofreudiges Orchester gewesen. "Sie hat immer wieder junge Komponisten gefördert. Die hießen damals eben Wagner und Strauss und waren revolutionär in ihrer Zeit." Inzwischen hat Luisi ein altes Amt reanimiert - den "Capell-Compositeur". Im Vorjahr komponierte die Deutsche Isabel Mundry für die Dresdner, in dieser Spielzeit ist es der Österreicher Bernhard Lang. Für Harding spielt das wohl älteste Orchester der Welt einfach mit Herz. "Alle lieben seinen Klang. Aber Klang ohne Herz bringt auch nichts."
Quelle: ntv.de, Jörg Schurig, dpa