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Seid Parade, immer Parade! B-Parade statt Loveparade

Bis zu 350.000 Besucher erwarten die Veranstalter der "B-Parade" unter der Siegessäule (Foto von der Loveparade 2003).

Bis zu 350.000 Besucher erwarten die Veranstalter der "B-Parade" unter der Siegessäule (Foto von der Loveparade 2003).

(Foto: REUTERS)

Zwei Jahre nach der Loveparade-Tragödie in Duisburg soll wieder geraved und gefeiert werden. Auf der "B-Parade" in Berlin. Rückkehr zur Normalität oder pietätloses Vorhaben? "B-Parade"-Geschäftsführer Eric Nußbaum nimmt im n-tv.de Interview Stellung.

n-tv.de: Im Sommer 2012 soll die "B-Parade" durch Berlin ziehen. Wozu braucht es die?

Eric Nußbaum: Um ein Portal für Berlin zu schaffen, durch das man in die Berliner Club-Landschaft eintritt. Das ist das, was auch die Loveparade in ihren Anfangsjahren ausgemacht hat und was immer auch einen Schub für Berlin, die Clubs und die Kultur-Szene hier bedeutete. Das fehlt zurzeit. Diese Lücke soll die "B-Parade" schließen.

Sie sehen sich also durchaus in der Tradition der Loveparade …

Geschäftsführer der "B-Parade": Eric Nußbaum.

Geschäftsführer der "B-Parade": Eric Nußbaum.

(Foto: B-Parade / Berlin Dance Parade GmbH)

Wenn man in Berlin ein Event von dieser Größenordnung machen will, braucht man eine gewisse Tradition. Ansonsten bekäme man gar keine Genehmigung und wir könnten eine Strecke wie die Straße des 17. Juni nicht belegen. Wir geben also schon ein Statement ab, aber ein Stück weit müssen wir das auch.

Gleichwohl betonen Sie, es solle keine Rückkehr zur Loveparade geben. Wie geht das zusammen?

Wir haben viel Neues hinzugefügt. Und es geht uns um eine Fortführung. Wir starten als "B-Parade" und wollen danach von Jahr zu Jahr mehr zu einem immer weiter gefassten "B-Festival" werden. Das beginnt schon damit, dass wir nicht nur strikt auf Techno als Musikgenre setzen, sondern wirklich alle Spielarten der elektronischen Musik berücksichtigen. Aber natürlich gibt es bestimmte Elemente der Loveparade auch in der "B-Parade". Die Musik-Trucks etwa - Parade ist Parade. Die Dinge, die uns sinnvoll und wichtig erschienen, haben wir aufgegriffen. Darunter auch vieles, was die Loveparade in den vergangenen Jahren vergessen hat.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel die angesprochene Stärkung der Clubkultur. Von den letzten Paraden in Berlin hatten sich die Clubs mehr und mehr abgewendet. Damit war das Ganze aber kein Spiegelbild mehr dessen, was in Berlin wirklich passiert. Wir geben hingegen alles dafür, dass es wieder dazu wird.

Was heißt "alles"?

Der Begriff "B-Parade" geht natürlich mit dem Slogan "Be Berlin", den die Stadt geprägt hat, einher. Wir sagen damit auch: "Sei die Parade, sei kreativ und werde ein Teil davon." Dafür haben wir auch die Kosten von den Clubs und Kreativen weggenommen, die früher viel Geld aufbringen mussten, um einen Wagen an den Start zu bringen. Wir machen das über Sponsoren und stellen die Trucks. Der Clubkultur und den Labels geht es nicht nur in Berlin nicht sehr gut. Ein Stück weit kann man ihnen mit so einem Festival den Rücken stärken. Zugleich hat das natürlich auch Zugkraft für Berlin.

Wie bei der Loveparade sollen wieder Musik-Trucks den Feiernden einheizen.

Wie bei der Loveparade sollen wieder Musik-Trucks den Feiernden einheizen.

(Foto: REUTERS)

Ein neues Element der "B-Parade" sollen etwa so genannte "Ländertrucks" sein. Was hat es damit auf sich?

Damit knüpfen wir wiederum ein wenig an die neue Berlin-Kampagne "Visit Berlin" an. Zudem wurden wir in den vergangenen Jahren mehrfach aus dem Ausland angesprochen. Dort hat man eine ganz andere, viel positivere Sicht auf Paraden. Und dort verbindet man die Parade natürlich immer mit Berlin. Deshalb reservieren wir einen Teil der Trucks für Länder, die sich offiziell bewerben können. Wenn ihre elektronische Musikkultur anders ist als die bei uns, wollen wir ihnen die Chance geben, das auf der Parade zu präsentieren.

Es heißt, es sollen bis zu 200 DJs zum Einsatz kommen. Wie groß soll die Parade denn werden?

Bis zu maximal 50 Trucks. Wir gehen derzeit allerdings von 40 Trucks aus. Wenn man das zusammenzählt mit allen fünf Bühnen, die geplant sind, und einer Laufzeit von zwölf Stunden, kommt man auf rund 220 DJs, die dort auflegen werden.

Sind da auch schon prominente DJs im Gespräch?

Ja, aber Einzelheiten dazu werden wir erst später verkünden. Wir werden auf jeden Fall Namen mit Zugkraft haben. Aber wir achten auch sehr darauf, dass es nicht zu kommerziell wird.

Die Frage, wie kommerziell die Veranstaltung sein darf und soll, hat nicht zuletzt die einstigen Gründer und die späteren Betreiber der Loveparade auseinandergebracht. Wie soll die "B-Parade" da aufgestellt sein?

Wir haben keine Gewinnorientierung. Wir werden im ersten Jahr sicher auch Verluste einfahren. Von daher ist es keine kommerzielle Veranstaltung. Wir sehen das als Investition in die Zukunft.  Sämtliche Überschüsse würden eins zu eins für das kommende Jahr verwendet, um dafür dann eine Vorfinanzierung zu haben.

Umsonst wird die "B-Parade" aber ja sicher nicht zu haben sein. Wo kommt das Geld denn her?

Richtig: Wenn man die ganzen Auflagen und das Sicherheitskonzept dazu nimmt, muss man für so eine Parade rund zwei Millionen Euro auf den Tisch legen. Das Geld muss irgendwo herkommen. Die Stadt wird es nicht bezahlen. Das wollen wir auch nicht. Deshalb haben wir einen Investor. Daneben können wir kleinere Sponsoring-Pakete verkaufen, so dass es keinen Riesen-Hauptsponsor wie in der Vergangenheit geben wird im Stile von "Präsentiert von …". Ich finde, das war nicht der richtige Weg.

Bei der Loveparade-Katastrophe 2010 in Duisburg waren 21 Menschen ums Leben gekommen.

Bei der Loveparade-Katastrophe 2010 in Duisburg waren 21 Menschen ums Leben gekommen.

(Foto: dapd)

Wer ist der Investor?

Das ist in erster Linie Dajana Graf, die mit DD Dajana als Gesellschafter eingestiegen ist und damit auch die finanzielle Verantwortung übernimmt (Dajana Graf und DD Dajana sollen auch als Haupt-Caterer der "B-Parade" fungieren, Anm. d. Red.). Im Hintergrund agieren natürlich einige Investoren - aus dem privaten Bereich und auch aus dem Ausland. Und es gibt auch schon einige Sponsoren. Von daher können wir bereits sagen, dass ein Teil der Gelder sicher wieder eingespielt werden wird.

Das heißt: Die Macher der "B-Parade" sind komplett andere als die, die einst hinter der Loveparade standen. Wurde denn Loveparade-Gründer Dr. Motte in die Planungen einbezogen?

Nein, inhaltlich und in der Planung ist er nicht mit dabei. Aber wir werden ihn auf jeden Fall anfragen, ob er auflegen möchte, weil er ein guter DJ ist.

Die Loveparade gab sich früher als politische Demonstration. Und die "B-Parade"?

Sie hat keinen Demonstrationsstatus. Das würde auch keinen Sinn machen. Die "B-Parade" ist eine Veranstaltung, die vom Veranstalter komplett selbst kalkuliert und bezahlt wird - egal ob es um Reinigungsfragen, Umweltaspekte oder die Sicherheit geht. Insofern ist es dann doch eine kommerzielle Veranstaltung.

Es dürfte einige geben, die eine derartige Veranstaltung nur zwei Jahre nach der Loveparade-Tragödie in Duisburg pietätlos finden. Was entgegnen Sie ihnen?

Pietät bedeutet ja Respekt. Und dabei geht es um die Frage, wie man mit etwas umgeht, das passiert ist. Da gibt es viele Beispiele aus der Vergangenheit, etwa die Sheffield-Katastrophe 1989, bei der 96 Leute gestorben sind. Da wurde drei Wochen später das Spiel wiederholt. In Roskilde starben neun Leute – und das Konzert ging weiter an der Stelle. Letztlich kann so etwas also nicht bedeuten, dass man einfach mit der Sache aufhört. Es gibt auch weiterhin Fußball und Konzerte.

Loveparade-Gründer Dr. Motte hat mit der "B-Parade" nichts zu tun.

Loveparade-Gründer Dr. Motte hat mit der "B-Parade" nichts zu tun.

(Foto: picture alliance / dpa)

Dennoch meinen viele, dass die Loveparade nach Duisburg nicht mehr stattfinden darf …

Das ist richtig. Die Loveparade in der Form wird so nicht mehr stattfinden. Dummerweise ist genau das passiert, was viele befürchtet hatten: Mit dem Namen werden stets die Unglücksbilder verbunden. Deshalb machen wir ja auch keinen Neustart der Loveparade. Abgesehen davon: Unsere Pläne für Berlin gab es schon vor Duisburg.

Gleichwohl müssen aus der Katastrophe in Duisburg doch Lehren gezogen werden …

Ja, man muss aus der Geschichte lernen. Aber nicht die Veranstaltung der Loveparade an sich war an dem Desaster in Duisburg schuld, sondern Planungs- und Umsetzungsfehler. Sie hätte so dort nicht stattfinden dürfen. Insofern spricht alles für Berlin. Hier ist noch nie etwas bei großen Veranstaltungen passiert. Der Raum ist da, die Erfahrungen aller Beteiligten sind da. Polizei, Feuerwehr und Senat können mit der Situation umgehen. Und wir haben von Anfang an gesagt: Sicherheit steht ganz vorne.

Wie gewährleisten Sie diese Sicherheit?

Für uns war klar: Noch bevor wir ein inhaltliches Konzept erstellen, legen wir ein vernünftiges Sicherheitskonzept vor, das auf den Standort Berlin und die Strecke ausgelegt ist. Wir haben sogar noch eins drauf gesetzt und erfüllen die gleichen Schutzziele, die Berlin auch für den normalen Verkehr oder Sanitätsdienst festgelegt hat. Das heißt: Wir garantieren auf der Veranstaltung zum Beispiel eine Erstversorgung innerhalb von acht Minuten. Wir haben eine Gefahrenanalyse und einen Ablaufplan erstellt - was muss getan werden, damit es nie zu einer irgendwie gefährlichen Situation für den Besucher kommt? Es gab Simulationen, zu welchem Zeitpunkt sich wie viele Leute wo bewegen und was man im Extremfall unternimmt, bevor irgendetwas passiert. Erst auf Basis dieser Sicherheitsplanung gab es ein inhaltliches Konzept.

Es heißt ja immer, auf Grund der Weitläufigkeit des Tiergartens wäre eine Katastrophe wie in Duisburg hier ohnehin nur schwer vorstellbar …

Ja, uns spielt natürlich der Faktor zu, dass die Örtlichkeit ideal für so eine Veranstaltung ist. Trotzdem nehmen wir es nicht auf die leichte Schulter. Auch da kann natürlich etwas passieren. Es gibt Dinge, bei denen wir als Veranstalter machtlos sind - terroristische Anschläge oder dergleichen. Aber auf alles, was wir beeinflussen können, müssen wir vorbereitet sein.

Unterstützt die Stadt Berlin Ihr Vorhaben?

Wir haben klare Signale vom Senat, dass eine solche Parade gewünscht ist. Letztlich tun wir damit Berlin etwas Gutes. Das ist auch ein touristischer Faktor. Die Parade ist weltweit noch in den Köpfen vieler Menschen. Das ist ein Aushängeschild Berlins. Etwas, das in Berlin entstanden ist. Insofern haben wir schon die Unterstützung, zumal wir Berlin ja kein Geld kosten.

Als Termin für die "B-Parade" steht der 21. Juli 2012 im Raum. Gibt es schon die Genehmigung?

Der 21. Juli ist der beantragte Termin. Zu ihm gibt es keine Alternative. Was die Genehmigung angeht: Die bekommt man, egal, ob es um die Fanmeile, die Fashion-Week oder eine Parade geht, erst ein paar Tage vorher. Wenn man Glück hat - zu Loveparade-Zeiten kam es auch schon mal vor, dass die Genehmigung erst zwei Stunden vor Beginn eintraf. Wichtiger ist, dass es keine Absage gibt. Das wäre ein klares Signal, dass die Veranstaltung so nicht genehmigungsfähig ist. Aber eine Absage ist nicht gekommen. Von daher gehen wir davon aus, dass die Parade am 21. Juli stattfindet.

Mit Eric Nußbaum sprach Volker Probst

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