Unterhaltung

Wir freuen uns hart! Der Saal tobt - wegen Lena

Hat man sich früher besser nicht als deutscher Journalist zu erkennen gegeben, schreit man es heute in die ganze Eurovisions-Welt hinaus!

Hat man sich früher besser nicht als deutscher Journalist zu erkennen gegeben, schreit man es heute in die ganze Eurovisions-Welt hinaus!

(Foto: dpa)

Es ist vollbracht. Und wir freuen uns wirklich hart. Nach 28 Jahren ist der Fluch von "Ein bisschen Frieden" endlich gebrochen. Deutschland kann den Grand Prix also doch gewinnen. Der Grund dafür hat allerdings einen Namen mit vier Buchstaben: L-e-n-a.

Die gerade erst 19 Jahre alt gewordene Hannoveranerin hat alle Lügen gestraft. Alle, die sich über ihr – bewusst und absichtlich – akzentuiertes Englisch lustig gemacht haben. Alle, die ihre Gesangsqualitäten bemängelten. Und auch alle, denen die wahre Lena-Hysterie in den vergangenen Wochen schon ordentlich auf den Geist ging.

Wer die Tage vor dem alles entscheidenden Finale vor Ort in Oslo miterlebt hat, der konnte jedoch ahnen – oder zumindest hoffen: Da geht was. Auf der Straße konnte man "Satellite" schon im Vorfeld auffallend oft aus den Cafes dröhnen hören und auch auf den Warm-Up-Parties zum Grand Prix erwies sich der Song als "der" Tanzflächenfüller.

Love, oh love!!!

Love, oh love!!!

(Foto: APN)

Und Lena selbst? In Deutschland schien ihre bis dato scheinbar makellose Kleinmädchen-Fassade nach ihren ersten Pressekonferenz-Auftritten in Norwegen Risse zu bekommen. Zu arrogant, so befanden Einige, bügelte sie so manche Journalisten-Frage vor allem zu ihrem Privatleben ab.

Doch in Oslo war davon nichts zu spüren. Stattdessen schaffte es die Hannoveranerin hier, auch die Auslandspresse um den Finger zu wickeln. Wenn Lena rief, drängte sich wie bei keinem anderen Teilnehmer des Song Contests die internationale Journalistenschar darum, einen Blick von ihr zu erhaschen. Kein Wunder, möchte man sagen. Mit welcher Professionalität und – scheinbaren oder echten Coolness – sich die 19-Jährige auch auf der großen europäischen Bühne mit ihrer bekannten Mischung aus Humor, Frechheit und Naivität präsentierte, war wirklich erstaunlich. Manch alt gedienter Schreiberling blieb da mit offenem Mund und der zum vermutlich 723millionsten Mal gestammelten Frage nach Lenas Abiturprüfungen zurück.

Ein Traum wird wahr!

Dennoch: Dass all dies tatsächlich für den Sieg reichen würde, davon wagte kaum einer zu träumen. Auch Lena und ihr Mentor Stefan Raab schienen nach der Verkündung des Endergebnisses wirklich perplex und ernsthaft überwältigt. Show war das nicht.

Schließlich konnte man in Oslo auch die berühmt-berüchtigte Nachbarschaftsliebe beim Grand Prix miterleben. So sorgten etwa die Performances von Island und des Ohrenkrebs erregenden Songs aus Dänemark schon bei den öffentlichen Generalproben beim überwiegend norwegischen Publikum für Begeisterungsstürme. Dies und die nach 28 Jahren Grand-Prix-Desaster eingebrannte Überzeugung, dass Deutschland – schluchz - einfach keine Freunde hat, ließen einen pessimistisch bleiben. O.k., ein Platz in den Top Ten – Lena sei Dank. Aber der Sieg?!?

Dann war es soweit: Finaaale – sha-la-lie sha-la-la. In das norwegische Fahnenmeer mischten sich vor allem – angesichts der musikalischen Unverschämtheit des Beitrags aus dem Mutterland des Pop erstaunlich – britische Union-Jacks und die Farben Schwarz-Rot-Gold. Zumindest beim Fanaufkommen hatte Deutschland schon einen Spitzenplatz ergattert.

Während der Show selbst blieb es jedoch bei der Ungewissheit. Ja, Lenas Auftritt erntete viel Applaus. Doch ebenso setzte es die bekannten Jubelarien für Island und Dänemark und sorgten insbesondere der – Opa – martialische Kraftausbruch Griechenlands und der Sommer-Sonne-Song aus Frankreich in der Halle für Stimmung.

Die ersten Abstimmungsergebnisse ließen dann auch nichts Gutes erahnen. Irgendein Platz im vorderen Bereich – das schien zunächst die höchste zu erwartende Respektsbekundung für "Satellite".

Doch dann drehte sich das Blatt – und mit zunehmender Gewissheit, dass Lena tatsächlich den Sieg einfahren würde, kannte der Jubel der deutschen Fans keine Grenzen mehr. Mit einem Schlag schien war die in den vergangenen Jahren aufgestaute Verbitterung vom Tisch gefegt. Klar, in die deutschen Freudengesänge stimmten Norweger, Engländer und Co nicht ein – wer will es ihnen auch verdenken. Aber: Kein einziger Pfiff und keine Buh-Rufe – stattdessen artiger Applaus und so mancher wohlwollender Blick in Richtung der feiernden deutschen Fans. Ein Hauch von Fussball-WM 2006.

Den müssen wohl auch Lena und Stefan Raab gespürt haben. Als sie rund eine Stunde nach ihrem Sieg und einem Handshake mit Norwegens Prinzessin Mette-Marit zu ihrer letzten proppevollen Pressekonferenz in Oslo erschienen, standen dort doch dutzende, in Deutschland-Fahnen gehüllte Journalisten auf den Stühlen und grölten "Satellite". Von journalistischer Neutralität wollte da schon lange keiner mehr etwas wissen. Und das wollen wir auch nicht.

Alter Finne, verdammte Scheiße: Herzlichen Glückwunsch, Lena!

Quelle: ntv.de

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