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Untypisch für Europas Königshäuser Die abdankungswilligen Oranier

Moderner Wechsel auf dem Thron: Beatrix geht, Sohn Willem-Alexander kommt.

Moderner Wechsel auf dem Thron: Beatrix geht, Sohn Willem-Alexander kommt.

(Foto: dpa)

In den Niederlanden verlässt Königin Beatrix freiwillig den Thron. Sie folgt dem Beispiel ihrer Vorgängerinnen Wilhelmina und Juliana. Das Oranier-Dynastie bleibt in dieser Hinsicht besonders. In den meisten europäischen Könighäusern erfolgt der Thronwechsel nach dem Ableben des jeweiligen Regenten.

In den europäischen Königshäusern steht ein Generationswechsel an, und die Niederlande machen den Anfang: Der vorzeitigen Abdankung seiner Mutter Beatrix "verdankt" es Willem-Alexander, dass er mit 46 Jahren den Thron besteigen kann. Damit setzt das Herrscherhaus Oranien-Nassau eine Tradition fort. Auch Beatrix wurde noch zu Lebzeiten ihrer Mutter Juliana, im Jahr 1980, Königin. Julianas Mutter Königin Wilhelmina machte 1948 ebenfalls vorzeitig den Thron für ihre Tochter frei und lebte danach bis zu ihrem Tod im Jahr 1962 zurückgezogen auf dem Schloss Het Loo bei Apeldoorn.

Damit haben die Niederlande seit 1890 keinen Monarchenwechsel, der auf dem Tod des jeweiligen Regenten beruht, mehr erlebt. Es wird erwartet, dass auch die älteste Tochter von Willem-Alexander und Maxima, die jetzt neunjährige Amalia, noch zu Lebzeiten ihres Vaters niederländische Königin wird.

In den meisten anderen europäischen Königshäusern ist eine vorzeitige Abdankung von Monarchen eher untypisch. Die Oranier gelten in dieser Frage als besonders fortschrittlich. Zwar mehren sich in einigen Ländern - erwähnt seien Spanien und Schweden - die Stimmen, die einen Wechsel auf dem Thron fordern. Derzeit ist es aber unwahrscheinlich, dass es dazu kommt.

Lächeln, auch wenn es schwer fällt: Schwedens König Carl XVI. Gustaf mit Ehefrau Silvia und Kronprinzessin Victoria.

Lächeln, auch wenn es schwer fällt: Schwedens König Carl XVI. Gustaf mit Ehefrau Silvia und Kronprinzessin Victoria.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In Schweden hat König Carl XVI. Gustaf derzeit einen schweren Stand. Er wurde im Alter von erst 26 Jahren Oberhaupt des Herrscherhauses Bernadotte. Carl Gustaf folgte seinem verstorbenen Großvater Gustav VI. Adolf, der am 15. September 1973 starb, auf den Thron. Der Vater des jungen Monarchen war 1947 bei einem Flugzeugunglück auf dem Kopenhagener Airport Kastrup ums Leben gekommen. Carl VI. Gustaf musste bei seinem Volk um Anerkennung ringen. Erst die Hochzeit mit der Deutschen Silvia Sommerlath sorgte bei den Schweden für einen Stimmungsumschwung zugunsten des Erhalts der Monarchie. 1980 wurde im Rahmen einer Verfassungsreform festgelegt, dass im größten skandinavischen Land das jeweils erstgeborene Kind unabhängig vom Geschlecht auf den amtierenden Herrscher folgt. Carl Gustaf war darüber gar nicht begeistert. Wegen außerehelicher Eskapaden steht der König in der Kritik. Zudem fiel der Monarch 2004 bei vielen Untertanen in Ungnade, als er während eines Besuchs in Brunei den dortigen absolut herrschenden Sultan Hassanal Bolkiah für dessen angebliche Bürgernähe lobte. Die Mehrheit des Volkes wünscht sich die 1977 geborene Kronprinzessin Victoria, die 2010 den Bürgerlichen Daniel Westling heiratete, auf den Thron. Sie ist für ihren zukünftigen Job gerüstet. Auch nach Victoria werden die Schweden mit der 2012 geborenen Estelle durch eine Frau repräsentiert.

Im benachbarten Norwegen ist Harald V. seit Anfang 1991 König. Er folgte seinem verstorbenen Vater Olav V. Harald heiratete 1968 als Kronprinz die Bürgerliche Sonja Haraldsen. Der 76-jährige Monarch ist gesundheitlich angeschlagen. 2003 litt er an Blasenkrebs und musste operiert werden, zwei Jahre später sorgten Herzprobleme dafür, dass sein Sohn Kronprinz Haakon Termine seines Vaters wahrnehmen musste. Anders als Carl XVI. Gustaf von Schweden ist Harald V. bei seinem Volk sehr beliebt. Im Herrscherhaus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg gilt nun auch die Regel, dass das älteste Kind den Thron besteigt. Bei Haakon, der 1973 geboren wurde und mit Märtha Louise (Geburtsjahr 1971) eine ältere Schwester hat, gilt die Regel der männlichen Nachfolge zum letzten Mal. Der Kronprinz hat mit seiner Frau Mette-Marit zwei gemeinsame Kinder. Mette-Marit brachte einen Sohn mit in die Ehe. Die 2004 geborene Prinzessin Ingrid ist derzeit die Nummer zwei der norwegischen Thronfolge.

In Dänemark zeigt die 73-jährige Königin Margrethe II. noch keine Anzeichen von Amtsmüdigkeit. Sie folgte Anfang 1972 ihrem verstorbenen Vater Frederik IX. auf den Thron. Der 1968 geborene Kronprinz Frederik, der 2004 die Australierin Mary Donaldson heiratete, muss wohl noch eine Weile warten. Das Paar hat vier Kinder. Das Kronprinzenpaar ist wie die amtierende Monarchin bei den Dänen sehr beliebt.

Fast schon im Rentenalter und immer noch kein König: Prinz Charles.

Fast schon im Rentenalter und immer noch kein König: Prinz Charles.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Großbritannien gibt es keine Tradition für eine vorze itige Abdankung des Monarchen. Der Rücktritt von Edward VIII. im Jahr 1936 zugunsten seines jüngeren Bruders Georg VI. hing mit der Heirat mit der bereits zweimal geschiedenen US-Amerikanerin Wallis Simpson zusammen. Die konservative Regierung von Premierminister Stanley Baldwin zwang Edward VIII. zum Thronverzicht. Seit 1952 ist die jetzt 87-jährige Elizabeth II. Chefin des Herrscherhauses Windsor. Ihr ältester Sohn Charles wird erst nach ihrem Ableben König von Großbritannien und Nordirland. Dem heute 64-Jährigen folgt sein ältester Sohn William. Im britischen Königshaus wurde die Regel der Thronfolge erst kürzlich geändert. Anders als in den Jahrhunderten zuvor, wird nun auch dort das erstgeborene Kind unabhängig vom Geschlecht König beziehungsweise Königin. Diese Reform wurde von der Queen offiziell begrüßt.

In Belgien ist der 78-jährige Albert II. König. Er residiert seit dem Tod seines Bruders Baudouin I. 1993 im Brüsseler Schloss Laeken. Eine Abdankung Alberts zugunsten seines Sohnes Philipp steht auch wegen der schwierigen innenpolitischen Lage Belgiens derzeit nicht zur Disposition. Im südlichen Nachbarland der Niederlande gilt das Herrscherhaus Sachsen-Coburg und Gotha als letzter Garant für die Einheit des Landes. Der belgische Monarch muss seit Jahren zwischen den Volksgruppen der Flamen und Wallonen moderieren. Erstgenannte streben verstärkt nach einem eigenen Staat. Bei den Belgiern ist Albert II., der seit 1959 mit der italienischen Prinzessin Paola Ruffo di Calabria verheiratet ist, beliebter als sein Sohn. Der 53-jährige Kronprinz Philippe gilt als sehr konservativ. Gemeinsam mit seiner 13 Jahre jüngeren Frau Mathilde hat er vier Kinder.

Das Bourbonen-Haus befindet sich in Turbulenzen: Juan Carlos mit seinem Sohn Felipe.

Das Bourbonen-Haus befindet sich in Turbulenzen: Juan Carlos mit seinem Sohn Felipe.

(Foto: picture alliance / dpa)

In Turbulenzen befindet sich das Bourbonen-Herrscherh aus in Spanien. Die Umfragewerte für den seit November 1975 amtierenden König Juan Carlos sind auf dem Tiefpunkt. Der 75-Jährige ist gesundheitlich angeschlagen und leidet unter Arthrose. Die Menschen im krisengeschüttelten Land nehmen dem Monarchen die Teilnahme an einer Elefantenjagd im afrikanischen Botswana sowie außereheliche Seitensprünge übel. Noch mehr erschüttert der Korruptionsskandal seines Schwiegersohnes Iñaki Urdangarin, der mit der Infantin Cristina verheiratet ist, das Könighaus. In Spanien gilt, dass der älteste Sohn dem Herrscher auf den Thron folgt. Damit steht der 45-jährige Felipe in der Thronfolge vor seinen älteren Schwestern Elena und Cristina. Es ist völlig unklar, ob Juan Carlos einmal aus gesundheitlichen Gründen zugunsten seines Sohnes auf den weiteren Verbleib auf dem Bourbonen-Thron verzichtet. Die spanische Monarchiegeschichte weist Brüche auf. Juan Carlos' Großvater Alfons XIII. musste 1931 auf Druck der republikanischen Regierung zurücktreten. Der jetzige Rey wurde Nachfolger des von 1939 bis 1975 regierenden Diktators Francisco Franco und war maßgeblich an der Errichtung einer parlamentarischen Demokratie in Spanien beteiligt.

In Luxemburg ist Großherzog Henri Staatsoberhaupt. Hier sorgte die Abdankung seines 1921 geborenen Vaters Großherzog Jean für einen vorzeitigen Wechsel. Dem 58-jährigen Henri wird irgendwann sein Sohn Erbgroßherzog Guillaume folgen. Das zukünftige Oberhaupt der Dynastie Nassau hat im Oktober 2012 die belgische Gräfin Stephanie de Lannoy geheiratet. Im Familienpakt von 2010 ist die Thronbesteigung durch den jeweils Erstgeborenen festgeschrieben. Damit ist es möglich, dass Luxemburg auch einmal eine Großherzogin haben wird.

Haben Liechtenstein im Griff: Fürst Hans-Adam II. und Erbprinz Alois.

Haben Liechtenstein im Griff: Fürst Hans-Adam II. und Erbprinz Alois.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

In Liechtenstein wurde Hans-Adam II. nach dem Tod seines Vaters Franz Josef II. 1989 Fürst. Laut Verfassung ist der zwischen der Schweiz und Österreich gelegene Zwergstaat eine Erbmonarchie. Für Aufsehen sorgte eine 2003 eingebaute Verfassungsnovelle, die dem Fürsten in seinem Land mehr Rechte als anderen Monarchen in ihren jeweiligen Ländern einräumt. Kritiker sehen einen Rückschritt hin zum Absolutismus. Der 68 Jahre alte Fürst nutzte seinen politischen Spielraum. Er übergab 2004 die Staatsgeschäfte an seinen Sohn Erbprinz Alois.

Im noch kleineren Monaco herrscht Fürst Albert II. seit April 2005. Er folgte seinem verstorbenen Vater Rainier III. Das 54-jährige Grimaldi-Oberhaupt, das seit Juli 2011 mit der gebürtigen Südafrikanerin Charlene Wittstock verheiratet ist, hat gemeinsam mit der US-Amerikanerin Tamara Jean Rotolo die Tochter Jazmin. Diese darf aber nicht Fürstin werden. Nummer eins der Thronfolge ist derzeit Alberts ältere Schwester Caroline von Hannover, auf Platz zwei folgt Carolines 1984 geborener Sohn Andrea Casiraghi.

So wird der der nächste Thronwechsel in Europa wohl auf sich warten lassen. In den meisten Monarchien werden die gekrönten Häupter älteren Jahrgangs noch eine geraume Zeit die Schlagzeilen bestimmen. Aber vielleicht setzt sich niederländische Abdankungsmodell auf dem alten Kontinent irgendwann einmal durch. Denn auch die Königshäuser werden sich auf die immer dynamischer werdenden Gesellschaften in ihren Ländern einstellen müssen.

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