
Hängt seine Lizenz zum Töten an den Nagel: Daniel Craig im neuen Bond-Film.
(Foto: picture alliance/dpa/DANJAQ and Metro Goldwyn Mayer Pictures/Universal Pictures)
Der neue "Bond"-Film "Keine Zeit zu sterben" versucht dieser Tage das Kino zu retten. Daniel Craig ist zum fünften und letzten Mal im Dienste Ihrer Majestät zu sehen. Doch welchen Platz nimmt Craig in der Riege der "007"-Darsteller ein?
Als Anfang der 1960er-Jahre "James Bond" sein Kino-Debüt feierte, war der 1930 in Schottland als Thomas Connery geborene und spätere Sir Sean Connery nicht die erste Wahl. Produzent Albert R. Broccoli favorisierte den damaligen Hollywood-Star Cary Grant und "007"-Erfinder Ian Fleming konnte sich David Niven, Roger Moore oder gar seinen Cousin Christopher Lee in der Rolle vorstellen.
Connery machte bekanntlich das Rennen und brachte es - inklusive der außer der Reihe laufenden Bond-Verfilmung "Sag niemals nie" - auf sieben Auftritte als Geheimagent Ihrer Majestät. Connery war der Erste, er prägte nachhaltig das Bild, wie die Figur des "James Bond" wahrgenommen wurde. Im Zeitalter der #MeToo-Debatte kann aber auch nicht ignoriert werden, dass Connerys Bond ein sexistischer Macho war, dessen Avancen dem weiblichen Geschlecht gegenüber oft den Sachverhalt der sexuellen Nötigung erfüllten. Die Ausrede, dass dies nur dem Zeitgeist jener Tage geschuldet sei, löst heute zu Recht Kopfschütteln aus.
Humor und charakterliche Tiefe
George Lazenby hatte 1969 inmitten der Connery-Ära seinen einzigen Auftritt als James Bond. Obwohl der Australier der Rolle nichts Markantes hinzufügte, hat seine Solo-Nummer dem Charakter auch nicht geschadet. "Im Geheimdienst Ihrer Majestät" ist ein solider "007"-Film, der bei objektiver Betrachtung sogar einige Connery-Produktionen überschattet.
Immer freitags präsentiert Ronny Rüsch "Oscars & Himbeeren", den ntv-Podcast rund ums Streamen. Diesmal geht's um das Phänomen "James Bond". Nach 59 Jahren auf der Leinwand ist "007" mehr als nur ein einziges Gesicht. Bond war auch immer ein Spiegelbild seiner jeweiligen Epoche.
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Als Roger Moore 1973 die Rolle des berühmten Agenten übernahm, begann im Bond-Universum die Epoche der Action-Komödie. Moore drückte von der ersten Szene an dem Agenten-Franchise seinen Stempel auf. Sein Bond hatte - abgesehen vom Sexismus - mit Connerys Interpretation nichts gemein. Man kann bei Roger Moore geteilter Meinung sein, um eine Tatsache aber kommt man nicht herum: All seine Auftritte als Bond - mit Abstrichen sogar "Der Mann mit dem goldenen Colt" - machen Spaß und bieten tolle Action-Szenen. Bis zu seinem letzten Abenteuer, als er fast 60-jährig "Im Angesicht des Todes" auf dem Eiffelturm herumsprang, versprüht sein James Bond einen augenzwinkernden, gar liebenswerten Snobismus.
Timothy Dalton - der Vierte im Bunde - war mit seiner "007"-Darstellung in den Tagen des Mauerfalls seiner Zeit voraus. Sein Bond war den Zuschauern damals zu ernst. Daltons zweite und auch letzte Mission in "Lizenz zum Töten" gilt als eine der humorlosesten und härtesten überhaupt. Der Waliser ist vielleicht nicht der beste Bond, aber er verlieh "007" eine charakterliche Tiefe, die nur von Daniel Craig perfektioniert werden sollte.
Eine geschlossene Einheit im Bond-Universum
Auch der Ire Pierce Brosnan hat im Grunde nichts falsch gemacht. Sein Bond war die perfekte Connery-Moore-Symbiose: charismatisch, hart, witzig und aristokratisch. Dennoch, die Zeit des Laserstrahl- und Schleudersitz-Agenten, der Frauen unaufgefordert an die Wäsche geht, war endgültig vorbei. Und so wird es neben Connery und Moore vor allem Daniel Craig sein, der mit der Rolle des James Bond verknüpft wird.
Am Anfang noch als "blonder Bond" hämisch belächelt, hat Craig den fiktiven MI6-Agenten in die moderne Zeit geführt. Craigs "007" hat ein Anfang und ein Ende. Seine fünf Missionen stehen im Bond-Universum als geschlossene Einheit, die sich ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen haben. Sein James Bond löste sich von den verkrusteten Strukturen der Vorgänger. Daniel Craig verlieh der von Ian Fleming erdachten Romanfigur ein Eigenleben. Der "blonde Bond" konnte auch Bond-Gegner für sich gewinnen.
Ob ihn diese Tatsachen zum besten James Bond aller Zeiten machen, ist schwer zu beantworten. Nach 59 Jahren auf der Leinwand ist "007" mehr als nur ein einziges Gesicht. Bond war auch immer ein Spiegelbild seiner jeweiligen Epoche. Alle bisherigen sechs Akteure haben den berühmtesten Agenten der Filmgeschichte mitgestaltet und jeder hat die eine oder andere Facette hinterlassen.
Eine ausführliche Besprechung zu allen "James Bond"-Filmen - von denen 25 bei Sky zu streamen sind - gibt es jetzt in der neuen Folge des ntv-Podcasts "Oscars & Himbeeren" mit Ronny Rüsch und Axel Max.
Quelle: ntv.de