Dieter Hildebrandt wird 85 "Geld brauche ich immer"
22.05.2012, 10:40 Uhr
Feiert seinen 85. Geburtstag: Dieter Hildebrandt ist noch immer im Geschäft.
(Foto: dapd)
"Ich kann doch auch nichts dafür": So lautet der Titel von Dieter Hildebrandts aktuellem Programm. Im Interview zu seinem 85. Geburtstag spricht der Kabarettist über die faule Ausrede - und dass auch die Deutschen nach Hitlers Ende sie gebrauchten.
Dieter Hildebrandt ist seit Jahrzehnten im Geschäft - als einer der bedeutendsten Kabarettisten der Republik. Jetzt wird er 85 Jahre alt und steht immer noch auf der Bühne. Sein aktuelles Programm heißt, so Hildebrandt, wie die "Universalausrede schlechthin": "Ich kann doch auch nichts dafür".
Im Alter von 85 Jahren hört Hildebrandt häufiger die Frage, ob er nicht einmal daran denke, kürzerzutreten - oder ob er seinem Dasein als Kabarettist auch aus finanziellen Gründen weiterhin nachgehe. "Geld brauche ich immer, es brauchen auch Leute Geld, die mit mir zusammenleben. Außerdem bin ich es nicht gewöhnt, kürzerzutreten. Ich mache immer etwas längere Schritte. Kürzere Schritte habe ich nicht so gerne. Das sieht immer so nach trippeln aus und ich trippele nicht gerne", sagte der Kabarettist im Interview.
"Das Volk sagte: Das war doch nur der Hitler"
Über den Titel seines aktuellen Programms sagte Hildebrandt: "Das ist ein Spruch, der sich durchgesetzt hat. Es kann natürlich jeder was dafür und trotzdem fällt immer wieder überall dieser Satz. Das hat mich fasziniert. Sie hören den Spruch täglich. Und im Grunde hat der Eichmann, als er in Jerusalem vor Gericht stand, auch nichts anderes gesagt als 'Ich kann doch auch nichts dafür'. Das ist eine absolute Ausrede seit vielen, vielen Jahren - und zumindest seit dem Tod von Adolf Hitler. Danach hat ja auch das ganze Volk gesagt: 'Ich kann doch auch nichts dafür, das war doch nur der Hitler.'"
Gleichermaßen gibt auch Hildebrandt zu, nicht gegen Ausreden solcher Art gewappnet zu sein. "Kabarettist zu sein heißt ja nicht, dass man nicht in der Lage ist, die gleichen Fehler zu machen, die man anderen vorwirft. Wir sind doch keine Mönche. Und selbst Mönche bestehen nicht darauf, völlig fehlerfrei zu sein."
"Unser Leben ist voller Politik"
In Schutz nahm Hildebrandt in dem Interview Kollegen, denen Kritiker vorwerfen, eher Comedians als Kabarettisten zu sein. "Ein Kabarettist ist immer auch ein Comedian - und umgekehrt. Es gibt hervorragende Comedians, die eigentlich immer mal wieder auch Kabarettisten sind. Es ist ja ein Missverständnis, dass nur derjenige, der über Politik redet, auch Politik meint. Unser Leben ist voller Politik. Es ist nur so, dass es inzwischen bei den Comedians den Hang dazu gibt, nur noch über die Unterschiede zwischen Mann und Frau zu sprechen. Das langweilt mich natürlich. Das hat mit Politik nun wirklich nichts mehr zu tun."
Die Liebe zu seinem Beruf erklärte Hildebrandt auch mit seinem "unruhigen Hintern": "Ich sitze manchmal etwas nervös herum und denke: Was wird mit dieser Republik? Manchmal denke ich, diese Demokratie ist etwas in die Jahre gekommen und wir müssen aufpassen, dass sie nicht überaltert. Ich werde etwas unruhig, wenn ich merke, dass die Wahlbeteiligungen zu gering sind, dass das Interesse an Politik stark zurückgeht oder wenn ich merke, dass es jetzt Parteien gibt, die gegen Parteien sind und daraus eine Partei machen. Das ist wieder so Missverhältnis, darüber kann ich schon wieder lachen."
Quelle: ntv.de, dpa