Unterhaltung

Ein "enfant terrible" wird älter Grard Mortier feiert 65.

Eigentlich hat der Kulturmanager und Starintendant Grard Mortier schon immer getan, was er wollte. Nicht umsonst gilt er als "enfant terrible" der europäischen Kulturszene. Doch in Zukunft will der Leiter der Pariser Opern Bastille und Garnier noch entschiedener seine Ideen durchsetzen. "Wenn man älter wird, ist der einzige richtige Weg der, nur noch die Ideen umzusetzen, von denen man auch innerlich überzeugt ist. Ich will keine Kompromisse mehr eingehen", sagte er der dpa. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass sich Mortier zu seinem 65. Geburtstag an der Pariser Oper "Fidelio" gewünscht hat, Beethovens erste Oper. Ein Werk, in dem der Freiheitswille über jegliche Unterdrückung siegt.

Viel Beethoven gehört

"Ich habe in den letzten Monaten viele Quartette von Beethoven angehört, vor allem die "Missa Solemnis", ein unglaubliches Werk", meinte der 1943 im belgischen Gent geborene Kulturmanager. "Missa Solemnis" entstand zwischen 1818 und 1822, zu einer Zeit, in der der Komponist in einer schweren Lebenskrise steckte. "Man spürt darin förmlich die existenziellen Fragen, die man sich im Alter immer häufiger stellt", erklärte Mortier. Die Zeit werde im Alter immer kostbarer und deshalb sei kein Platz mehr für "Wenn und Abers".

Mortier war jedoch schon immer der künstlerischen Kompromisse überdrüssig. So auch in Salzburg, wo er 2001 das Ende seiner Ära als Intendant der Salzburger Festspiele ankündigte. Nach zehn Jahren war er es leid, Buhmann des konservativen Stammpublikums zu sein und ständig um sein kühnes Programm aus Mozart, Vorklassischem und Moderne kämpfen zu müssen.

Künstlerisch anspruchsvolles Programm

Heute sucht Mortier, den es nach Salzburg zunächst an die Ruhr zur Gründung der RuhrTriennale geführt hatte, nach einem Haus, wo er uneingeschränkt tun kann, was er will. Sein Fünf-Jahres-Vertrag an der Spitze der Opra de Paris läuft aus Altersgründen in wenigen Monaten aus. Der reibungslose Übergang von der Seine-Stadt an die New York City Oper im September 2009 hätte beinahe geklappt, wäre da nicht die desolate finanzielle Lage des New Yorker Hauses gewesen. Statt eines Jahresbudgets von 60 Millionen Dollar wurden ihm nur 36 Millionen zugesichert - zu wenig für Mortiers künstlerisch anspruchsvolles Programm.

"Die Entscheidung fiel mir schwer. Denn man hatte dort alles toll vorbereitet, den Umbau des Hauses, die neuen Proberäume, auch die Verhandlungen mit den Gewerkschaften", erzählte Mortier. Doch der Weltenbummler ist ein geborener und vor allem rastloser Kulturmanager und hat immer mehrere Eisen im Feuer. Nach einer erfolglosen Bewerbung vor wenigen Wochen zusammen mit Nike Wagner um die Nachfolge ihres Onkels in der Leitung der Bayreuther Richard-Wagner- Festspiel gibt es bereits neue Gerüchte: eine mögliche Intendanz am Teatro Real in Madrid.

Mit dem Beruf verheiratet

Mortier ist mit seinem Beruf verheiratet. Zwischen Konferenzen und Jetsetten von einem Opernhaus zum anderen bleibt nicht viel Zeit. "Ich muss mich bei meinem Rhythmus gut organisieren. Aber ich bin diszipliniert", meinte der Starintendant. Eine Eigenschaft, die auf seine Zeit im Jesuiten-Gymnasium zurückgeht, wie er selber sagt. Und so begnügt er sich bei Abendessen mit einem Glas Wein und kennt Paris am Besten von seinem Büro im achten Stock der Pariser Bastille aus. Von dort hat er einen herrlichen Blick, der vom Eiffelturm bis zum Wolkenkratzer-Viertel La Dfense im Westen von Paris reicht.

Er fühle sich durchaus wohl in Paris, dennoch wird er nach seiner Amtszeit erstmals nach Brüssel ziehen. "Ich bin kein Heimatverbundener, aber Brüssel ist nicht nur übersichtlich, sondern liegt auch verkehrstechnisch günstig. Man kann von dort aus schnell überall hin", sagte der studierte Jurist, der sich ebenso elegant und geistreich in vier Sprachen ausdrücken kann, wie er seine Karriere bisher entschieden und fast kompromisslos gesteuert hat. Der amerikanische Regisseur Peter Sellar meinte schon vor langer Zeit: "Er weiß genau, was er tun möchte, und er tut es dann auch."

Quelle: ntv.de, Sabine Glaubitz, dpa

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