"Fühlte mich so machtlos" Heard: Depp vergewaltigte mich mit Flaschen
06.05.2022, 01:25 Uhr
Amber Heard schilderte die mutmaßlichen Gewaltausbrüche von Johnny Depp.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Seit zwei Tagen sitzt Amber Heard im Verleumdungsprozess um Johnny Depp im Zeugenstand. Nun berichtet die Schauspielerin erneut von vielen Misshandlungen, unter denen sie gelitten haben soll. Auch auf den berüchtigten Streit in Australien kommt sie zu sprechen.
In dem Verleumdungsprozess, den sie und ihr Ex-Mann Johnny Depp gegeneinander führen, ist US-Schauspielerin Amber Heard am Donnerstag in Fairfax im US-Bundesstaat Virginia am zweiten Tag in Folge in den Zeugenstand getreten. In ihrer Anhörung schilderte sie erneut die vermeintlichen Gewaltausbrüche des Hollywood-Stars unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen.
Demnach hätten nur sie und Depps "treu ergebene" Angestellte über seinen hohen Konsum gewusst, weshalb sie begonnen habe, ihn während seiner "Blackouts" zu fotografieren, sagte Heard. Einige dieser Aufnahmen wurden dem Gericht gezeigt. Auf ihnen ist der Schauspieler laut der 36-Jährigen "bewusstlos" zu sehen, nachdem er einige Nächte durchgemacht habe. Weiter beschrieb die "Aquaman"-Darstellerin, wie übermäßig eifersüchtig der 58-Jährige mit der Zeit geworden sei. Sie habe sich immer wieder für Schauspieljobs rechtfertigen müssen und habe keine Rollen mehr angenommen, in denen sie romantische Szenen hatte oder oft kurze Röcke und Make-up tragen musste.
2013 habe er ihr in London während ihrer Dreharbeiten zu "London Fields" einen Heiratsantrag gemacht. "Er hat mir versprochen, dass er mich jeden Tag, wenn ich aufwache, mindestens einmal zum Lächeln bringen würde ... Ich hatte so viel Hoffnung in diesem Moment", sagte Heard. "Ich fühlte mich wie das glücklichste Mädchen der Welt", sagte sie. Doch nur kurze Zeit später sei die Stimmung erneut gekippt, als einer ihrer Kollegen vom Filmset sie und andere Darsteller zu einem Konzert einlud. Als sie Depp um Erlaubnis gebeten habe, habe er gedroht, die Verlobung aufzulösen. Sie sei "dumm und naiv zu glauben, jemand würde mich einfach zu einem Konzert einladen", gab Heard wieder.
Eifersucht auf James Franco
Nach der Met Gala in New York im Jahr 2014 sei Depp wieder handgreiflich geworden, und habe sie beschuldigt, bei der Veranstaltung mit einer Frau geflirtet zu haben. Im Hotelzimmer habe Depp sie über dem Schlüsselbein gepackt und mit Flaschen um sich geworfen. Er habe ihr auch so stark ins Gesicht geschlagen, dass sie dachte, er habe ihr die Nase gebrochen.
Auch die Dreharbeiten zu "The Adderall Diaries" seien "ein Albtraum" gewesen, weil Depp eifersüchtig auf Heards Co-Star James Franco gewesen sei. Depp wirft seiner Ex eine Affäre mit ihrem Kollegen vor, mit dem sie bereits für "Ananas Express" vor der Kamera gestanden hatte. Während eines Flugs nach Los Angeles, bei dem Depp nach "Gras und Alkohol stank", habe er ihr vor seinen Leibwächtern und seinem Assistenten eine Szene wegen Franco gemacht, so die 36-Jährige. Seine Fragen über ihre Kussszenen mit Franco seien so explizit geworden, dass sie sich vor den Anwesenden geschämt habe.
Um dem Streit zu entgehen, habe sie mehrmals ihren Sitzplatz gewechselt, führte Heard weiter aus. Depp habe sie mit verschiedenen Gegenständen beworfen und sie geschlagen, geschubst und schließlich in den Rücken getreten, sodass sie zu Boden fiel. Keiner der Anwesenden habe auf Depps Gewaltausbruch reagiert. Später habe der Hollywood-Star verlangt, dass die Flugbegleiterin ihm einen Sauerstofftank bringe. Er habe angefangen, "wie ein Tier zu heulen" und sich im Badezimmer eingeschlossen. Auch das habe sie aufgenommen, weil sie wusste, dass sich Depp später nicht mehr daran erinnern könne. Die Aufnahme wurde dem Gericht vorgespielt.
"Ich fühlte mich machtlos"
In Los Angeles sei Heard nicht mit Depp nach Hause, sondern in ein Hotel gefahren. Dort habe sie viel geweint. "Ich fühlte mich machtlos ... Ich habe versucht, die Kraft zu finden, ihn zu verlassen." In einer SMS habe der "Sweeney Todd"-Star sich aber für seinen "Blackout" entschuldigt. Wenig später habe er sie in New York besucht, um ihr zu beweisen, dass er abstinent sei und entschlossen, sich zu ändern. "Ich habe ihn unter der Bedingung zurückgenommen, dass er sein Versprechen einhält, die Behandlung und vollständige Entgiftung durchzuführen." Depp hatte 2011 nach einem Unfall am "Fluch der Karibik"-Set eine Abhängigkeit von Opioid-Schmerzmitteln entwickelt.
Johnny Depp selbst und mehrere Zeugen haben sich in dem Prozess ebenfalls zu dem Flug geäußert. Sie behaupten, Heard sei streitlustig gewesen und habe ihren Verlobten angeschrien, weswegen dieser sich mit einem Kissen im Badezimmer eingeschlossen habe. Der Schauspieler streitet auch ab, handgreiflich geworden zu sein. Er habe vor dem Flug eine so hohe Dosis an Opioiden zu sich genommen, dass er nur habe schlafen wollen. Zu einer physischen Auseinandersetzung sei er wegen der "extremen Downer" auch gar nicht in der Lage gewesen, wie er im Zeugenstand sagte.
Einen Monat vor der Hochzeit ist Depp laut Heard erneut handgreiflich geworden. Er habe sie gegen die Wand geschleudert und als sie versuchte habe, zu fliehen, habe er sie an den Haaren gezogen und sie zu Boden gerissen. Mit seinem Knie auf ihrem Rücken habe er sie geschlagen. "Er hat mich angeschrien, dass es vorbei ist. Er wollte mich nicht heiraten (...) Und ich erinnere mich, dass ich auf dem Boden geweint habe." Es habe ihr das "Herz gebrochen". Nur einen Monat später waren sie verheiratet.
Heard berichtet von Australien-Streit
Auch auf ihren berüchtigten Streit in Australien, bei dem Depp eine Fingerkuppe verloren haben soll, kam die Schauspielerin zu sprechen. Ihr Ex habe "acht bis zehn MDMA-Pillen" genommen und ihr unterstellt, Affären mit ihren Co-Stars von "The Danish Girl" zu haben. Am nächsten Tag sei Depp noch immer wach und auf Streit aus gewesen. Die Schauspielerin räumte ein, sich nicht genau an die Reihenfolge der Ereignisse erinnern zu können. Depp habe aber ihren Kopf gegen die Wand geschlagen und sie als "Hure", "Schlampe" und "Fettarsch" beleidigt, bevor er sie gegen eine Tischtennisplatte geworfen und ihr wiederholt ins Gesicht geschlagen habe.
In dem Streit sei es auch um Depps Alkoholkonsum gegangen, berichtete Heard sichtlich aufgebracht weiter. Sie sei hinter dem Barbereich gefangen gewesen, während Depp sie mit Flaschen und Dosen beworfen habe. Er habe ihr das Nachthemd vom Leib gerissen, sodass sie nackt vor ihm stand, dann habe er sie auf die Bar gedrückt und ihr eine Flasche vaginal eingeführt und sie "immer wieder in mich hineingeschoben". Dabei habe er ihr immer wieder gesagt, dass er sie hasse. Sie habe so viele Scherben um sich herum gesehen, dass sie gebetet habe, dass die Flasche nicht kaputt sei, sagte Heard unter Tränen.
Kurz darauf habe sie Depp entkommen können und sei in ihr Schlafzimmer gegangen. Sie habe zahlreiche Wunden von dem Kampf davongetragen, auch im Gesicht. Am nächsten Tag habe sie sich in einem verwüsteten Haus wiedergefunden, berichtete Heard. Depp habe Möbel zerschlagen und überall mit Blut und Farbe auf die Wände gekritzelt. Als sie den 58-Jährigen gefunden habe, habe sie auch seinen verletzten Finger erstmals gesehen. Depp dagegen behauptet, Heard habe eine Zigarette in seinem Gesicht ausgedrückt und ihn mit Flaschen beworfen. Die zweite Flasche sei an der Bar zerschellt und habe seine Hand getroffen, wobei ein Stück seines Mittelfingers abgetrennt worden sei.
Beweisen Fotos Verletzungen durch Depp?
Zurück in Los Angeles sei es zu vielen weiteren Fällen der häuslichen Gewalt gekommen, berichtete Heard weiter. Einmal habe sie auf seinem iPad Nachrichten von Depp und einer anderen Frau gesehen, mit der er sie offenbar kurz nach der Hochzeit betrogen hatte. In dem darauffolgenden Streit, bei dem auch ihre jüngere Schwester Whitney und Depps Leibwächter Travis McGivern anwesend waren, habe sie ihren Mann zum ersten Mal geschlagen, weil dieser auf ihre Schwester losgegangen sei. McGivern hatte vor wenigen Tagen selbst über den Vorfall ausgesagt. Seine und Heards Angaben gehen weit auseinander.
Wenige Monate später, im Dezember 2015, sei es erneut zu einem handgreiflichen Streit gekommen. Depp habe sie an den Haaren gezogen und ihr eine Kopfnuss gegeben. Er habe ihr mit der geschlossenen Faust mehrfach ins Gesicht geschlagen. Sie habe keinen Schmerz gefühlt, habe aber Angst um ihr Leben gehabt, da er ihr mit dem Tod drohte, berichtete die 36-Jährige. Den Geschworenen wurden anschließend Fotos von Heard gezeigt, auf denen sie blauen Flecken im Gesicht und eine verletzte Lippe hat. Ein anderes zeigt einen blonden Haarbüschel auf dem Boden. Auch diesen Vorfall hat Johnny Depp vor Gericht dementiert.
Als sie einen Tag später in der "Late Late Show with James Corden" zu Gast war, habe sie sich ihre Wunden mit starkem Make-up und Lippenstift übermalt. Für ihr erstes gemeinsames Weihnachten als Eheleute sei der ursprüngliche Plan in dem Jahr gewesen, mit Freunden und Verwandten auf den Bahamas zu feiern. Beim Anblick ihrer Verletzungen hätten ihre Freunde die Reise allerdings abgesagt, führte Heard weiter aus. Über die Feiertage sei sie dann mit Depp und dessen zwei Kindern, Lily-Rose und Jack, auf die Bahamas geflogen. "Es war irgendwie einfacher zu bleiben, ich wollte bei dem guten Johnny sein, den ich liebte", erklärte sie den Geschworenen ihren Entschluss.
Schläge zu Weihnachten
Gegen Ende der Reise habe Depp wieder begonnen zu trinken. Er sei immer wieder mit einem Glas in der Hand eingenickt und habe sie mit Rotwein überschüttet. Einmal sei sie aufgesprungen und habe gerufen: "Johnny, was machst du?" Als sie sich umgezogen habe, habe ihr Ex-Mann sie gegen die Schrankwand geschlagen und ihr gedroht: "Wenn du mich jemals wieder vor meinen Kindern in Verlegenheit bringst, bringe ich dich um." Durch ihren Badeanzug habe er seinen Finger in ihre Vagina gesteckt und sie gefragt, ob sie "so tough wie ein Mann" sei. Sie sei weggerannt, doch Depp habe sie bis zum Parkplatz verfolgt, wo er ihr so lange an den Haaren gepackt habe, bis zwei Angestellte eintrafen und sie trennten.
Wie schon am Mittwoch sah Depp seine Ex-Frau während ihrer gesamten Anhörung nicht einmal an. Stattdessen saß er mit gebeugtem Kopf an seinem Platz. Bilder, die im Internet kursieren, zeigen, dass der Schauspieler schon seit Prozessbeginn die meiste Zeit Bilder zeichnet. Ab und zu reagierte er mit einem Kopfschütteln oder einem Lachen auf die Aussagen seiner Ex-Frau.
Der Verleumdungsprozess zwischen Amber Heard und Johnny Depp geht am 16. Mai weiter. Dann wird die Schauspielerin sich auch im Kreuzverhör den Fragen der Anwälte ihres Ex-Mannes stellen müssen. Die Schlussplädoyers werden am 27. Mai wartet. Depp hat Heard auf 50 Millionen Dollar verklagt - wegen eines Beitrags, den sie 2018 in der "Washington Post" veröffentlichte. Darin behauptete sie, Opfer von häuslicher Gewalt zu sein. Depp hat sie nicht namentlich erwähnt, er behauptet aber, der Beitrag habe dennoch seine Karriere ruiniert, seinen Ruf beschädigt und dadurch viel Geld gekostet. Heard reichte eine Gegenklage gegen ihren Ex in Höhe von 100 Millionen Dollar ein.
Quelle: ntv.de, lpe