Skandal an Wiens Vorzeige-Bühne Intendant des Burgtheaters lässt Amt ruhen
11.03.2014, 07:04 Uhr
An der "Burg" sind die Zahlen tiefrot.
(Foto: picture alliance / dpa)
Es ist eine Institution auch über die österreichischen Grenzen hinaus. Doch das Wiener Burgtheater ist derzeit nicht wegen seiner Aufführungen im Gespräch. Vielmehr haben offenbar Misswirtschaft und Betrug das Haus tief ins Minus gedrückt.

Intendant Matthias Hartmann sieht sich auch persönlichen Anfeindungen ausgesetzt - und zieht Konsequenzen.
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Vor dem Hintergrund der schweren Finanzkrise am Wiener Burgtheater lässt dessen deutscher Intendant Matthias Hartmann ab sofort sein Amt ruhen. Er sei tief betroffen von öffentlichen Anfeindungen. Mit seiner Entscheidung wolle er "den Weg für die Versachlichung der Diskussion ermöglichen", sagte der 50-Jährige.
Der Aufsichtsrat des Theaters hatte in einem am 27. Februar vorgelegten Bericht den Verdacht auf Urkunden- und Bilanzfälschung sowie Untreue geäußert. Die Vorwürfe richten sich allerdings nicht gegen Hartmann, sondern gegen dessen im vergangenen November entlassene Vizedirektorin Silvia Stantejsky. Diese hatte jede Schuld von sich gewiesen.
"Mediale Schlammschlacht"
Hartmann sagte weiter: "Obwohl es mir gelungen ist, die besten Besucherzahlen und die höchsten Einnahmen in der Geschichte des Hauses zu erreichen, werde ich für Buchhaltungsvorgänge aus der Ära meiner ehemaligen Co-Geschäftsführerin verantwortlich gemacht. Ich selbst habe vor mehr als zwei Jahren gängige Abschreibungspraktiken des Hauses in Frage gestellt."
Der Intendant sprach zugleich von einer "medialen Schlammschlacht", deren Folgen bereits seine Familie erreicht hätten - "meine Kinder werden bereits angepöbelt". Angesichts dessen lasse er seine "Funktion als Geschäftsführer des Burgtheaters bis zur Klärung aller Sachverhalte ruhen".
Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) und die österreichische Bundestheater-Holding zeigten sich überrascht von dem Schritt. Der Minister habe das entsprechende Schreiben Hartmanns erst am Nachmittag erhalten, sagte ein Sprecher.
Millionen-Minus erwartet
Im Tagesverlauf soll bei einem Frühstücksgespräch ein Rechtsgutachten zur möglichen Mitverantwortung von Hartmann für die Krise beraten werden. Das Gutachten soll auch im Zentrum einer Aufsichtsratssitzung stehen, die ebenfalls für diesen Dienstag angesetzt worden ist.
Hartmann will nach eigenem Bekunden zur weiteren Aufklärung der Finanzkrise des Theaters beitragen. Er stehe selbstverständlich dem Kulturausschuss im Parlament und auch dem Rechnungshof sowie all jenen, die zur Aufklärung beauftragt wurden, zur Verfügung, ließ er über seine Pressesprecherin mitteilen. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass es in den nächsten Wochen in einem versachlichten Klima gelingen wird, der Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen."
Das Burgtheater rechnet für die Spielzeit 2012/2013 mit einem Minus von 8,3 Millionen Euro. Zudem drohen Steuernachzahlungen in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro. Aufsichtsratschef Georg Springer hatte vor wenigen Wochen mitgeteilt, dass das laufende Geschäftsjahr mit Ausnahme der Steuernachzahlungen "nicht belastet" sei. Zudem beklagt Intendant Hartmann seit längerem, dass die Subventionen in Höhe von 46,3 Millionen Euro nicht mehr ausreichten.
Das Burgtheater gilt als eine der renommiertesten Bühnen Europas. Zum Ensemble des Vorzeige-Theaters gehören unter anderem Mavie Hörbiger, Birgit Minichmayr, Johanna Wokalek, Klaus Maria Brandauer, August Diehl, Udo Samel, Peter Simonischek, Gert Voss und Martin Wuttke.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa