Zeichen stehen auf Austausch Kulturarbeit in China
27.08.2007, 09:10 UhrDie Zeit des reinen Kulturexports nach China ist vorbei. Nach fast 20 Jahren schlägt das Goethe-Institut in Peking einen neuen Kurs in seiner Projektarbeit ein. "Die Zeit, in der das chinesische Publikum gierig allem nachgerannt ist, was aus dem Westen kam, ist vorüber", berichtet der Leiter Michael Kahn-Ackermann in Peking. Seine chinesischen Kooperationspartner, die heute auch meist finanziell und infrastrukturell besser ausgestattet seien als das Goethe-Institut selbst, hätten inzwischen deutlich höhere Ansprüche. "Wir müssen heute qualitativ sehr gute Angebote machen." Auch müssten die Vorhaben für China von Bedeutung sein. "Es muss an etwas andocken, was hier zur Frage steht", sagt Kahn-Ackermann zu den gestiegenen Erwartungen von chinesischer Seite: "Wir müssen heute zu einer wirklichen kulturellen Kooperation kommen."
Neben dieser Neuausrichtung baut das Goethe-Institut in Peking seine Sprachprogramme massiv aus. Die Nachfrage ist so groß, dass ein Drittel der Interessenten abgewiesen werden musste, da nur 1200 Chinesen im Jahr im Institut Deutsch lernen können. Da Sprachkurse nach dem Kulturabkommen nicht außerhalb der eigenen Räumlichkeiten angeboten werden dürfen, wurde jetzt eine neue Lösung gefunden: In Peking und acht anderen Orten wird das Goethe-Institut mit örtlichen Einrichtungen als Vertragspartner eigene Sprachlernzentren gründen. Erstmals seit mehr als zehn Jahren bekommt das Goethe-Institut in Peking auch mehr Geld aus Berlin - dank neuer Zuschüsse des Auswärtigen Amtes für die Institute weltweit und der Einstufung Chinas neben Indien als Schwerpunktland.
Gemeinsam in Bewegung
"Bisher haben wir immer nur gespart", sagt Kahn-Ackermann und begrüßt die Verdoppelung seiner Projektmittel. "Nachdem wir uns bis an die Grenze der Überlebensfähigkeit heruntergemagert haben, ist das jetzt eine Überlebensspritze." Es gibt aber auch zusätzliche Aufgaben. Für die Bundesregierung hat das Institut nicht nur das Konzept für eine dreijährige Präsentation Deutschlands in China entworfen, sondern auch deren Organisation übernommen. Einen Tag vor Goethes Geburtstag an diesem Dienstag (28. August) sollte am Montag in Peking die einmalige Veranstaltungsreihe, die das bisher größte deutsche Vorhaben dieser Art in China ist, eröffnet werden. Das Motto heißt "China und Deutschland - Gemeinsam in Bewegung". Es geht um Zukunftsfragen vor allem der Städte und um gemeinsame Lösungen.
Den Kulturaustausch will das Goethe-Institut auch mit einem Webportal im Internet vorantreiben, das im Oktober vorgestellt wird. Es wird Informationen über die Kooperation und ein Forum für einen direkten Dialog zwischen den Kulturszenen in China und Deutschland bieten. Kahn-Ackermann träumt ferner von einer deutsch-chinesischen Kulturstiftung. Seine Arbeit in China sieht er immer weniger durch politische Restriktionen erschwert. Er weiß, wie es früher war. Als das Goethe-Institut 1988 als erstes und lange einziges ausländisches Kulturinstitut seine Arbeit aufnahm, war Kahn-Ackermann der erste Leiter. 2006 ist er auf seinen früheren Posten zurückgekehrt.
Politische Grenzen der Kultur
Einst durfte nur Spracharbeit geleistet werden. Als erstmals Programmarbeit zugelassen wurde, wurde die erste Ausstellung des Düsseldorfer Künstlers Günther Uecker 1994 kurz vorher abgesagt, weil auf einem der Ausstellungsstücke etwas über Menschenrechte stand. In diesem Juni wurde die Ausstellung in der Nationalgalerie nachgeholt. "So ändern sich die Dinge", sagt Kahn-Ackermann. Seit 2005 muss er seine Programme auch nicht mehr vom Kulturministerium genehmigen lassen. 95 Prozent der Veranstaltungen werden heute ohnehin mit lokalen Partnern organisiert, die sich um Zulassungen kümmern.
Doch Projekte im Medienbereich oder Internet unterliegen immer noch starken politischen Beschränkungen. Wie heikel etwa Filme sind, erlebt Kahn-Ackermann gerade wieder bei der Deutschland-Präsentation in Nanjing, wo die Behörden entscheiden müssen, ob der deutsche Film "Das Leben der anderen" über die Bespitzelung in der DDR gezeigt werden darf. Die Zensur hat den Film eigentlich in China verboten, dabei ist die DVD überall als Raubkopie erhältlich.
Von Andreas Landwehr, dpa
Quelle: ntv.de