Bühnen in aller Welt Mendes entfacht Beifallssturm
27.05.2010, 11:23 Uhr
Filme haben Sam Mendes weltberühmt gemacht, für "American Beauty" erhielt er sogar den Oscar. Doch mit Schauspielern aus New York und London arbeitet der britische Regisseur im "Bridge Project" an Shakespeare-Inszenierungen, die auf Bühnen in aller Welt gezeigt werden.
Seine melancholische Inszenierung von William Shakespeares "Der Sturm" wurde am Mittwochabend bei den Ruhrfestspielen mit langem Beifall begrüßt. Dabei macht es der britische Regie-Star seinem Publikum nicht leicht: Es wird in Shakespeares Englisch gespielt, das sowohl derbe Volkssprache als auch subtile Lyrik umfasst. Mendes breitet die märchenhafte Geschichte um den weisen Prospero, der vor seinem bösen Bruder mit seinem Töchterchen ins Exil auf eine einsame Insel fliehen musste, übersichtlich aus. Die Guten werden belohnt, die Bösen bestraft, und die Verbindung der wunderschönen Tochter mit einem edlen Prinzen sorgt für ein musterhaftes Happy End.
Der Regisseur inszeniert werktreu - und gleichzeitig dekonstruiert er Shakespeares Fünfakter. Die Geschichte bleibt unverändert, die Figuren werden nach Shakespeares Vorlage plastisch ausgeformt, und das Ensemble spielt makellos. Das Märchen galt zu Shakespeares Zeiten, und es gilt noch heute: Die lustvolle Dekonstruktion beginnt, wenn die Schauspieler Kostüme unserer Zeit tragen, Prospero einen verschlissenen schwarzen Anzug, die Schiffbrüchigen Frack und Galauniform.
Stephen Dillane, ein schlanker, eleganter Darsteller, spielt den Prospero als Melancholiker. Der hat bei seinen Studien herausgefunden, dass die Menschen nicht aus eigener Einsicht gut sind - man muss sie zwingen. Deshalb ist er Zauberer geworden. Die Schwermut Prosperos durchzieht die ganze Aufführung. Sie stimmt zu dem Grundgedanken, dass der "Sturm", in dem alles gut endet, doch leider nur ein Märchen ist.
Nur wenige Effekte sorgen für dramatischen Schwung, denn Mendes hat die Komödie eher nachdenklich inszeniert. Mit der anstrengungslos souveränen Reduktion auf das Wichtigste gelingt ihm und seinem "Bridge Project" zweifellos Welttheater.
Quelle: ntv.de, soe/dpa