Raus aus den Schulden Petros Zwegatos in Athen
14.09.2011, 12:55 Uhr
Evangelos und Giorgos sind verzweifelt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ihm geht es nicht um seinen Gewinn. Er berät kostenlos. Doch es wartet ein ganz schwerer Fall. Giorgos und Evangelos sind hoffnungslos überschuldet. Die beiden Griechen wissen nicht mehr ein und aus. Der Schuldnerberater eilt in den Süden. Ein imaginärer TV-Tipp.
Ein Mittwoch in Athen. Giorgos Papandreou und sein Leidensgefährte Evangelos Venizelos sitzen bei einem Ouzo und einer Schachtel Karelias auf einer noch nicht abgezahlten Couch vor dem Großbild-Fernseher und gucken Pay-TV. Da klingelt es. "Man hat mich gerufen - und ich bin gekommen", stellt sich Petros Zwegatos mit einem Augenzwinkern vor. "333 bei Issos Keilerei. Darf ich reinkommen?" Selbstverständlich, die Griechen sind ein gastfreundliches Volk. Die Anreise war beschwerlich. Nicht nur die Fluglotsen, auch die Taxifahrer befinden sich im Ausstand.

Auf der Gästetoilette
(Foto: dpa)
Zunächst macht der Schuldnerberater aus dem fernen Deutschland die obligatorische Wohnungsbesichtigung: Vier Zimmer, zwei Bäder, Gästetoilette, schicke Einbauküche, Blick aufs Meer. Alles halbwegs ordentlich, an der ein oder anderen Stelle könnte häufiger Staub gewischt werden. Auf Schränken und Fensterbänken Antiken-Nippes. Im Wohnzimmer allerlei Unterhaltungselektronik, vor der Tür zwei nagelneue deutsche Mittelklassewagen.
"Was denken Sie, wie viel Schulden Sie haben?", fragt Zwegatos die beiden trotz allem fröhlich wirkenden Bewohner. "Viel, sehr viel", bekommt er zur Antwort. Man habe in den letzten Jahrzehnten den Überblick verloren. Leider sind auch die Unterlagen nicht komplett. Zwegatos seufzt, klemmt sich die unsortieren Papiere unter den Arm und verzieht sich zum Aktenstudium nach Deutschland. Werbepause.
Die bittere Wahrheit
Eine Woche später, zweiter Besuch. Der legendäre Flip-Chart kommt zum Einsatz. Links ein paar dürre Zeilen mit Einnahmen: Hauptsächlich Transferzahlungen, außerdem Steuereinnahmen und die überschaubaren Erlöse aus mehreren Betrieben. Rechts unendliche Kolonnen roter Zahlen. Schulden bei Banken, Schulden bei Regierungen, Schulden bei Anlegern. Ausgaben für Zinsen, Renten, Waffen, Autobahnen, Staatsbedienstete in erstaunlicher Zahl, Flughäfen, noch mehr Waffen, Repräsentation, U-Bahnen, Olympische Spiele und und und. Kurz: Ein ganz harter Brocken.
Zwegatos greift zur Zigarette. "Ist bei der Familie etwas zu holen? Bei Freunden, bei Steuerzahlern? Sonst bleibt nur der Weg in die Insolvenz!" Evangelos und Giorgios (man ist inzwischen per Du) schauen sich an. Eigentlich haben die beiden schon alle angepumpt, die nicht bei drei auf den Oliven-Bäumen waren. "Zu pfänden ist hier ja nichts", tröstet Zwegatos. Insofern würden alle Gläubiger leer ausgehen. Das macht die Sache mit einem Vergleich leichter.
Wer kann helfen?

Merkel übergibt Zwegatos das Geld.
(Foto: picture alliance / dpa)
Dann beginnt der Schuldenberater eine "Betteltour" durch halb Europa. Sogar nach Finnland muss Zwegatos reisen. Mit seinem Charme und der unterschwelligen Insolvenz-Drohung "zwei nackten Männern greift man nicht in die Tasche" gelingt es ihm tatsächlich, ein erkleckliches Sümmchen zusammenzukratzen. Einen besonders großen Brocken macht er traditionell bei der Hellas-freundlichen Bundeskanzlerin klar. Die Deutsche Bank beteiligt sich mit großen Schlagzeilen und einem symbolischen Euro. Jedenfalls reicht es am Schluss, um knapp 30 Prozent der Forderungen zu bedienen. Den Gläubigern setzt er die Pistole auf die Brust: "Besser ein Spatz in der Hand als eine tote Taube auf dem Dach". Zähneknirschend wird eingewilligt und die Restschulden werden erlassen. Werbepause.
Evangelos und Giorgios sind dankbar, aber nicht euphorisch. Zwegatos blickt ihnen tief in die Augen und die beiden müssen Besserung geloben. "Kalo Taxisi (Gute Reise)", rufen die Griechen ihm hinterher. "Ich hoffe, dass wir uns nicht wiedersehen", erwidert Zwegatos den Gruß. Werbung und weiter mit "stern TV".
Quelle: ntv.de