Hollywood in Krisenstimmung Rezession als Kinohit?
18.06.2009, 12:16 UhrDer amerikanische Dokumentarfilmer ist ja bekannt für seinen bissigen Humor. Michael Moore bittet in einem Teaser-Video für seinen nächsten Film um eine großzügige Spende. "Bitte helfen Sie denen, die von der Wirtschaftskrise schwer getroffen wurden", frotzelt der Oscar-Preisträger ("Bowling for Columbine").
Er hält eine Spendenbüchse für verarmte Banker, Manager und die Vorstandsbosse bankrotter Konzerne hoch. Im Oktober kommt der noch namenlose Streifen in die Kinos, ein satirisch-böse Abrechnung mit denen, die aus Moores Sicht an der Finanz- und Bankenkrise Schuld sind. "Weil die Reichen irgendwann beschlossen, noch immer nicht reich genug zu sein", nennt Moore vorab als einen Grund für das globale Drama.
Wall-Street-Machenschaften
Hollywood hat die Rezession in all ihren Facetten für sich entdeckt. Ob Horror-Film, Reality-Show, TV-Komödie oder Dokumentation, auf Kinogänger und Fernsehzuschauer kommt in den nächsten Monaten eine Welle von fiktiven Wall-Street-Machenschaften und ihren ruinösen Folgen zu.
Oliver Stone lässt den korrupten Finanz-Hai Gordon Gekko mit einer Fortsetzung von "Wall Street" aufleben. 22 Jahre nach seinem Oscar-prämierten Drama über die dunkle Seite des Finanzwesens holt er in "Money Never Sleeps" erneut Michael Douglas in der Rolle des geldgierigen Brokers vor die Kamera, der einen jungen Nachwuchsbörsianer (Shia LaBeouf) für seine Geschäfte einspannt. Stone drehte das Drama 1987 mit Blick auf die kriminellen Skandale um das sogenannte Insider Trading nach den realen Vorbildern der Börsenspekulanten Ivan Boesky und Carl Icahn.
Alles dreht sich um und alle drehen über die "Finanzkrise"
Perfektes Timing in Zeiten von Massenentlassungen: In dem geplanten Drama "The Company Men" verliert ein erfolgsverwöhnter Jungmanager (Ben Affleck) seinen gut bezahlten Job. Regisseur Mark Waters, der zuletzt den Fantasy-Film "Die Geheimnisse der Spiderwicks" auf die Leinwand brachte, will als nächstes "Minimum Wage" (Mindestlohn) in Angriff nehmen. Die Komödie dreht sich um einen korrupten Geschäftsmann, der als Strafe für Betrug ein Jahr lang für einen Mindestlohn arbeiten muss.
"Australia"-Regisseur Baz Luhrmann hat sich die Rechte an einem Remake der Vor-Depressions-Fabel "Der Große Gatsby" gesichert. Der gesellschaftskritische Roman von Francis Scott Fitzgerald dreht sich um einen jungen reichen Geschäftsmann im New York der 1920er Jahre. Nicht mit dem erhobenen Zeigefinger sondern mit Fingerspitzengefühl will Luhrmann dem Publikum die Gefahr von Geld-Exzessen nahe bringen. "Wenn man den Leuten einen Spiegel vorhält, mit der Botschaft, ihr seid dem Geldrausch verfallen, dann schaut keiner hin", sagte der Regisseur dem Filmblatt "Hollywood Reporter". "Aber wenn das Augenmerk auf eine andere Zeit lenkt, dann kapieren sie es vielleicht."
Horror-Meister Sam Raimi machte sich in "Drag me to Hell" den Spaß, eine junge Kreditsachberaterin mit einem Fluch zu belegen. Christine Brown (Alison Lohman), die einer gruseligen Kundin einen Kredit verwehrt, hat nur drei Tage Zeit, den Fluch abzuwenden, bevor sie in die Hölle gezogen wird. Ganz ernst meinen es die Regisseure von "American Casino", die ihre Dokumentation über Täter und Opfer der Wall-Street-Krise im April beim New Yorker Tribeca-Filmfestival vorstellten.
Selbst bei den Simpons herrscht Flaute
Cartoon-Star Homer Simpson jammert den Fans der Hit-Serie «Die Simpsons» vor, dass sein Haus zwangsversteigert wird, weil er die Hypothek nicht mehr zahlen kann. Die Drehbuchautoren der TV-Serie "Alles Betty!", die in einem Verlagshaus spielt, haben rasch dramareife Kündigungen in die Handlung eingebaut. Sängerin Brandy hat eine Rolle in der ABC-Komödie "This Little Piggy" angenommen. Die geplante Serie dreht sich um drei erwachsene Geschwister, die aus Geldgründen zusammen im Elternhaus einziehen.
Die Reality-Show "Someone's Gotta Go"; (Einer muss gehen) schlachtet die Angst vor einer Kündigung als TV-Unterhaltung aus. Nach den Plänen des US-Senders FOX entscheiden die Mitarbeiter einer Firma in Finanznöten, wer gefeuert wird. Aus dem Umfeld des Immobilienmoguls Donald Trump verlautete kürzlich, dass er für seine Reality-Show "The Apprentice" (Der Lehrling) Job-Kandidaten sucht, denen die Wirtschaftskrise schon übel mitgespielt hat.
Hollywood selbst geht in diesem Sommer kein Risiko ein, die Studios setzen auf Sequels von erprobten Hits, wie "Star Trek", "Transformers" und "Nachts im Museum". Ein unerwarteter Glückstreffer ist die Junggesellenkomödie "Hangover", die in weniger als zehn Tagen über 100 Mio Dollar in die US-Kinokassen brachte und an den letzten beiden Wochenende auf dem Spitzenplatz der Filmcharts thronte. Der Streifen über eine feucht-fröhliche Bachelor-Party in Las Vegas wurde für weniger als 30 Milo Dollar produziert. Von solch einer Rendite kann Wall-Street derzeit nur träumen.
Quelle: ntv.de, dpa