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Sarko jr. heiratet Satire spaltet Frankreich

Er ist blond, jung und ehrgeizig. Der 21 Jahre alte Jean Sarkozy hat seine politische Karriere eben erst als Abgeordneter im Stadtrat der feinen Pariser Vorstadt Neuilly begonnen. Seit einigen Wochen steht der Sohn von Staatspräsident Nicolas Sarkozy im Zentrum einer bizarren Antisemitismus-Debatte, die immer weitere Kreise zieht. Ende dieser Woche mischten sich unter anderem Nobelpreisträger Elie Wiesel und der Pariser Bürgermeister Bertrand Delano ein.

Der Anlass der Debatte ist jedoch nicht politisch, sondern rein privat: die Verlobung von Sarkozy junior mit seiner Schulfreundin Jessica Sebaoun, die aus einer reichen jüdischen Familie stammt. Eine bissige Bemerkung eines altbekannten Satirikers reichte, um Frankreich seinen eigenen Karikaturenstreit zu bescheren. "Jean Sarkozy hat angekündigt, er wolle vor der Hochzeit mit seiner jüdischen Verlobten, der Erbin der Elektrokette Darty, zum Judentum konvertieren. Er wird es noch weit bringen, der Kleine", schrieb der Journalist Sin in der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo".

Seitdem ist unter französischen Intellektuellen ein heftiger Streit entbrannt, ob eine Satirezeitschrift mit dem Klischee des reichen Juden spielen darf. Sarkozys Anwalt betonte, dass die Geschichte erfunden sei, und verlangte eine Entschuldigung. Chefredakteur Philippe Val versuchte vergeblich, Sin dazu zu bewegen. "Lieber schneide ich mir den Schwanz ab", erwiderte der 79-Jährige, der noch nie um markige Sprüche verlegen war. Prompt wurde er gefeuert.

Bislang galt die Satirezeitschrift als mutiges Blatt, das auch vor der Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen nicht zurückschreckte. Der damalige Innenminister Nicolas Sarkozy befürwortete die Veröffentlichung der Karikaturen, die 2005 weltweit für Unruhen mit zahlreichen Toten sorgten. "Ihre Zeitschrift steht in einer alten französischen Tradition, nämlich der Satire", schrieb Sarkozy damals in einem offenen Brief.

Das französische Feuilleton hat mit Sins Kommentar und seiner anschließenden Entlassung sein Sommerthema gefunden. Der Philosoph Bernard-Henri Lvy kritisierte Sins Kolumne in einem fast ganzseitigen Beitrag in "Le Monde" als Ausdruck einer rassistischen und antisemitischen Ideologie. Gemeinsam mit knapp zwei Dutzend Prominenten, darunter der Schriftsteller Wiesel und Bürgermeister Delano, unterzeichnete er einen Aufruf. Pressefreiheit bestehe schließlich nicht darin, antisemitische und rassistische Äußerungen zu veröffentlichen. "Warum gibt man nicht einfach zu, dass Sin einmal mehr die Schwelle vom Humor zur Beleidigung und Hasskarikatur überschritten hat?", heißt es weiter.

Auf der anderen Seite haben bereits knapp 9000 Franzosen einen Appell zur Unterstützung von Sin unterzeichnet. "Was soll daran antisemitisch sein? Sin hat bloß in seinem typisch bissigen Stil den Opportunismus des Präsidentensohnes beschrieben", lautet das Argument. "Wir brauchen Übertreibungen wie von Sin. Wir können kaum noch atmen in diesem Land", heißt es in einem Beitrag in "Le Monde". Die Pressefreiheit sei ohnehin schon schlimm dran: Selbst die einzig oppositionelle Zeitung habe sechs Seiten Werbung für die neue CD der Präsidentengattin Carla Bruni gemacht.

Bei den Sarkozys haben sich weder Junior noch Senior in der Affäre zu Wort gemeldet. Jean Sarkozy ist möglicherweise zu sehr mit Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt; die Vermählung soll noch in diesem Jahr stattfinden.

Von Ulrike Koltermann, dpa

Quelle: ntv.de

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