Wirbel um Grand-Prix-Beitrag Spanier beweisen Humor
26.03.2008, 12:13 UhrJahrein, jahraus hatte Spanien beim Eurovision Song Contest nichts zu bestellen. Der letzte Sieg liegt genau 40 Jahre zurück. Nun nehmen die Spanier bittere "Rache" am Grand Prix. Bei der Auswahl des spanischen Kandidaten entschieden sie sich dafür, sich über das Festival lustig zu machen und einen Komiker zum Finale am 24. Mai nach Belgrad zu schicken. Die spanischen TV-Zuschauer stimmten für die Spaßfigur Rodolfo Chikilicuatre und dessen Ulknummer "Baila el Chiki-chiki" (Tanz den Chiki-chiki).
Die Entscheidung sorgte in Spanien für gehörigen Wirbel und löste knapp zwei Monate vor dem Grand Prix eine heftige Debatte aus. Die einen finden die Wahl lustig und bescheinigen dem TV-Publikum, Humor bewiesen zu haben. Die anderen sprechen von einer "Schande" und empören sich darüber, dass ihr Land bei dem Festival durch einen "unwürdigen" Beitrag vertreten sein wird.
Chikilicuatre trägt eine überdimensionale Elvis-Presley-Tolle, 50er-Jahre-Koteletten und vor der Brust eine Spielzeuggitarre aus Plastik. Das Stück des Komikers, hinter dem sich der Schauspieler David Fernndez verbirgt, ist eine Parodie auf die Reggaeton-Musik und hört sich an wie eine Mischung von Hip-Hop und Kinderlied. Der Text enthält neben sprachlichen Gags eine Aufzählung von Prominenten, die angeblich bereits den "Chiki-chiki" tanzen.
Für den Grand Prix werden die Namen von Politikern gestrichen, damit es keinen Ärger mit den Veranstaltern gibt. Dafür wird zusätzlich eine Strophe auf Englisch eingefügt, in der international bekannte Spanier wie der Rennfahrer Fernando Alonso oder die Hollywoodstars Javier Bardem und Antonio Banderas genannt werden.
Mit seinem Ulk-Stück tritt der Komiker in die Fußstapfen ehemaliger deutscher Grand-Prix-Teilnehmer wie Guildo Horn ("Guildo hat euch lieb"/1998) oder Stefan Raab ("Wadde Hadde Dudde Da?"/2000). Bei einem Teil des spanischen Publikums löste die Wahl heftige Proteste aus. "Es ist nicht hinnehmbar, dass das staatliche Fernsehen TVE einer solchen Clownerie zu einer Bühne verhilft", empörte sich die Zeitung "El Mundo". "Man macht sich nicht nur über das Festival lustig, sondern blamiert nebenbei ganz Spanien vor 300 Millionen TV- Zuschauern in Europa."
Die Sängerin Massiel, die 1968 für Spanien den Wettbewerb gewann, sagte pikiert: "Was da gewählt wurde, kann man nicht einmal als ein Lied bezeichnen." Den Erfolg von Massiel konnte niemand wiederholen. Selbst ein Julio Iglesias errang 1970 nur den vierten Platz. Seit 2005 kamen die Spanier über Rang 20 nicht mehr hinaus. Das Interesse am Grand Prix ging rapide zurück. Da entschloss sich das TVE, nur noch das Publikum über den spanischen Teilnehmer entscheiden zu lassen. Damit öffnete es den Blödelbarden Tür und Tor.
Die Zeitung "El Pas" konnte die Wahl des Komikers nachvollziehen: "Chikilicuatre übernimmt die Funktion eines Rächers. Er begleicht eine alte Rechnung der spanischen TV-Zuschauer mit dem geschmacklosesten Festival der Welt. Das Kalkül sieht so aus: Wenn wir mit Schnulzen, kraftvollen Stimmen oder Flamenco-Anleihen schon nicht gewinnen können, wollen wir wenigstens dazu beitragen, den Wettbewerb zu sprengen."
Von Hubert Kahl, dpa
Quelle: ntv.de