Deutschland liegt Lena zu Füßen Und der Rest der Welt?
27.05.2010, 16:12 Uhr
Als Verlobte aus Oslo grüßen ... Didi und Lena? Nee, alles nur Promo. Oder?
(Foto: dpa)
So einen Hype haben wir schon lange nicht mehr um den Eurovision Song Contest erlebt, und das liegt eindeutig an Lena. Unsere Vorzeige-Abiturientin scheidet allerdings die Geister: Die einen finden sie ein bisschen zappelig aber süß, die anderen belächeln ihre englische Aussprache.
Deutschland liegt ihr schon zu Füßen - folgt nun auch Europa? Am Samstag wird sich zeigen, ob Lena Meyer-Landrut ein nationales Phänomen bleibt oder ob sie es in die Kategorie eines europäischen Stars schafft. Mit ihrem deutschen Nummer-eins-Hit "Satellite" weckt die 19-Jährige Hoffnungen, dass Deutschland 28 Jahre nach dem Sieg von Nicole und "Ein bisschen Frieden" den Eurovision Song Contest (ESC) in Oslo gewinnen kann. Allerdings zeigte das erste Halbfinale am Dienstagabend, dass auf Meyer-Landrut starke Konkurrenz wartet.
In dem Vorentscheid wählten die Zuschauer in Europa zehn Finalisten für Samstag aus. Weitere zehn werden im zweiten Halbfinale am Donnerstag bestimmt. Mit den vier großen Geldgebern des ESC - Deutschland, Spanien, Großbritannien und Frankreich - sowie Vorjahressieger Norwegen sind dann die 25 Finalteilnehmer komplett.

Wenn wir in Südafrika nicht so weit kommen ... halb so wild, Lena lässt Germany genug leuchten.
(Foto: dpa)
Viele Auftritte im ersten Halbfinale waren zwar enttäuschend. Und unter den qualifizierten Ländern Bosnien-Herzegowina, Moldawien, Russland, Griechenland, Portugal, Weißrussland, Serbien, Belgien, Albanien und Island gibt es mehrere Kandidaten für hintere Plätze. Allerdings gibt es etwa mit dem Belgier Tom Dice und seinem in der Art von James Blunt vorgetragenen "Me and my guitar" einen Kandidaten, der ähnlich wie im vergangenen Jahr Sieger Alexander Rybak mit "Fairytale" die Zuschauer verzücken könnte. Auch die stimmgewaltige Isländerin Hera Björk bekam viel Applaus.
Mal das Orakel fragen ...
Allerdings sind die verbleibenden Tage vor dem Finale geprägt von viel Kaffeesatzleserei. Vor allem der Suchmaschinen-Gigant Google heizt die Erwartungen in Deutschland an, weil er mit einer internationalen Analyse von Webseiten-Abfragen Lena seit Tagen als Favoritin einstuft. Google wirbt damit, den Sieg Rybaks im vergangenen Jahr richtig vorher gesagt zu haben.
Das Google-Vorhersagewerkzeug könnte in der deutschen Delegation dennoch auch für Sorgenfalten sorgen. Denn Meyer-Landruts Vorsprung auf die Georgierin Sofia Nizharadze schrumpfte zuletzt deutlich. Und auf Rang drei pirscht sich der Franzose Jessy Matador heran: Sein Beitrag "Allez! Ola! Olé!" ist ein Fußball-Sommerhit. Und bei den britischen Buchmachern, bei denen Lena zeitweise ebenfalls Favoritin war, steht sie inzwischen "nur" auf Rang zwei hinter Aserbaidschan.
Die Lenastheniker
Für die von der Unbekümmertheit und Eigenwilligkeit Lenas verzückte deutsche Fangemeinde - auch Lenastheniker" genannt - dürfte es also ein Finale mit viel Zittern und Bangen werden. Je zur Hälfte entscheiden die Zuschauer per Telefonabstimmung und eine Jury aus den Teilnehmerländern über die Punkte. Deren Vergabe ist wie üblich von einem bis zwölf Punkte aufgeteilt. Jedes Land darf nur für Starter anderer Länder abstimmen - Punkte aus Deutschland gibt es für Lena also nicht.
Der Modus des ESC birgt Besonderheiten, die die Hoffnungen auf einen deutschen Sieg ebenfalls etwas trüben. So gewannen zuletzt immer die Teilnehmer des Halbfinals: Millionen Fans in ganz Europa verfolgen diese und legen sich dadurch bereits vor dem Finale auf einen Favoriten fest - womöglich zu spät für das gesetzte Deutschland.
28 ist nicht so geil
Die von Stefan Raab entdeckte Lena, die in Oslo ihren 19. Geburtstag feierte, versucht sich von all diesen Spekulationen möglichst frei zu machen. "Platz 28 wäre nicht so geil. Alles ab zehn ist okay", sagte sie im «Stern».
Deutlich optimistischer schätzt Vorjahressieger Rybak die Chancen für das in den vergangenen Jahren immer enttäuschend auf den hinteren Plätze gelandete Deutschland ein. Nachdem er sich die meisten Beiträge angehört hatte, sei er enttäuscht gewesen, sagte Rybak im NDR. "Aber dann habe ich dieses bezaubernde Mädchen aus Deutschland gesehen - ihr Lied hat das gewisse Etwas." Er hoffe, Meyer-Landrut gewinne. "Sie ist die Coolste in diesem Jahr."
Und auch ihr Entdecker Stefan Raab verbreitet Optimismus: "Ich hab den Eindruck, Lena hat auch das internationale Publikum erobert." Andererseits baut er vor: "Auch wenn sie hier nicht vorne landet, bleibt der Erfolg in Deutschland, den sie in den letzten Monaten hatte."
Van Morrison? Nie gehört!
Bei aller Medien-Hysterie und dem bedrohlich näher rückenden Riesen-Auftritt zeigt Lena weiter lebhaftes Interesse an unspektakulären Dingen wie kleinen Geburtstagsüberraschungen: Ihre schwedische Konkurrentin Anna Bergendahl überreichte ihr im Blitzlichtgewitter der Fotografen eine schön verpackte CD als nachträgliches Geschenk zum 19., den Lena am Sonntag feierte. Kaum war die Reportermeute mal für ein paar Sekunden ruhiggestellt, riss Lena neugierig die Verpackung auf. "Van Morrison. Wer ist das denn? Nie gehört", kommentierte sie etwas ratlos Richtung Begleiterin.
Bergendahl, noch ein Jahr jünger als die Deutsche, erwies sich auf Nachfrage als profunde Kennerin und glühende Verehrerin des Sängers aus Irland. Mit seinen 65 Jahren könnte er Großvater der beiden Eurovisions-Sängerinnen sein.
Quelle: ntv.de, AFP