Charmant und sadistisch Waltz über die "Basterds"
19.08.2009, 14:43 Uhr
Der Mann ist angekommen.
(Foto: REUTERS)
Christoph Waltz stellt mit seinem Auftritt in Quentin Tarantinos Weltkriegs-Farce "Inglourious Basterds" sogar Hollywoodstar Brad Pitt in den Schatten. Für seine Rolle als ebenso charmanter wie sadistischer SS-Mann Hans Landa ist der gebürtige Österreicher bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes als bester Schauspieler ausgezeichnet worden.
Im Interview sprach Waltz über den Sinn von Kinofilmen mit historischen Stoffen, die befreiende Wirkung des Lachens und seine Bewunderung für Tarantino.
Wie haben Sie sich der fiktiven Figur von Hans Landa genähert - einem teuflischen, leidenschaftlichen Gehilfen des NS-Terrors und polyglotten Feingeist, der die Weltgeschichte auf eigene Faust umschreiben will?

Mit Hollywood-Produzent Harvey Weinstein im Plausch.
(Foto: REUTERS)
Waltz: "Ich halte es nicht für die Aufgabe des Kinos, didaktisch zu wirken - speziell was Geschichte betrifft und noch einmal spezieller was diesen Teil der Geschichte betrifft, die von uns handelt. Ich halte es für die Aufgabe des Kinos, sich mit uns zu befassen, die wir heute leben und den Film sehen. Ich halte es nachgerade für verantwortungslos und frevelhaft, Filme zu machen, die den Anschein erwecken sollen, von der Wahrheit zu handeln. Ich halte das für eine Bestätigung der Selbstgerechtigkeit, die einen wirklichen Umgang und eine wirkliche Aufarbeitung, die nach wie vor unerlässlich ist, verhindern."
Dann hat der Film "Der Untergang" von Oliver Hirschbiegel und Bernd Eichinger, der sich so eng wie möglich an die überlieferten historischen Tatsachen hält, sicher nicht Ihre Zustimmung gefunden ...
Waltz: "Wir brauchen nicht die Bestätigung dessen, was wir wissen - das haben wir nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern mit seiner ganzen moralischen Tragweite verinnerlicht. Wozu zeigt man denn das noch so auf diese Weise? Doch nur als Marketing-Gag. Nur unsere eigene Selbstvergewisserung, auf der richtigen Seite zu stehen, wird plötzlich zur Marketing-Strategie. Wie verlogen kann man denn eigentlich sein? Ich suche in so einer Rolle all das, was das nicht auflegt. Alles, was Dinge infrage stellt."
Was ist dann die Aufgabe des Spielfilms?
Waltz: "Sagen wir: Es ist Kunst. Ich bin bereit, nicht nur eine Lanze, sondern alle Lanzen für Quentin Tarantino als Künstler zu brechen. Die Aufgabe der Kunst speziell in dieser Hinsicht ist es, uns eine neue Perspektive auf die Welt zu ermöglichen - eine neue Möglichkeit, die Wirklichkeit zu betrachten. Weil dieser neue Blick möglicherweise unsere Wirklichkeit wirklich verändern kann."
Wird es Zeit, dass wir über die Nazis lachen?
Waltz: "Lachen ist eine fast vegetative Erleichterung von Druck. Lachen hat ja auch verschiedene Qualitäten. Wir können - und dieses Mittels haben sich große Dramatiker immer bedient - über uns selbst lachen, wenn jemand anderer uns unser Spiegelbild vorhält. Denn über jemand anderen zu lachen ist einfacher, als über sich selbst zu lachen."
Was hat sich seit Ihrem Erfolg in Cannes verändert? Bekommen sie jetzt haufenweise Rollenangebote?
Waltz: "Nicht so auf Knopfdruck. Aber es beginnt, sich zu ergeben, dass sich neue Möglichkeiten eröffnen. Schauen wir mal, was daraus wird. Mehr Menschen sehen mich jetzt im Zusammenhang mit dem, was sie so vorhaben. Und das war ja bislang bei weitem nicht so. Speziell hierzulande gab es durchaus eine Gruppe, die reagiert hat auf mich - aber andere haben auch gesagt zu speziell, Nische."
Quelle: ntv.de, Elke Vogel, dpa