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Harrison Ford wird 75 Wann ist der Mann ein Mann?

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"Star Wars" und seine Rolle als Han Solo machten Harrison Ford zum Star.

(Foto: imago/United Archives)

Er bedient Spieltrieb und Nostalgie. Er steht für eine Welt, in der Lederjacken getragen, Schätze gesucht, Prinzessinnen umworben und Gegner mit Laserkanone erledigt werden. Harrison Ford ist eine Ikone der Popkultur. Es hätte auch anders kommen können.

Harrison Ford könnte heute ein angesehener Geschäftsmann sein, der seinen 75. Geburtstag feiert. Wahrscheinlich würde er in einer selbstgebauten Villa wohnen, in einem der besseren Viertel von Los Angeles. Er würde nostalgisch auf ein paar Serienrollen zurückblicken, die er in jungen Jahren erfolglos gespielt hatte. Und auf kleine Rollen in ein paar Filmklassikern: "American Graffiti" etwa oder "Apocalypse Now".

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"Ich liebe dich", sagt Prinzessin Leia. "Ich weiß", antwortet Han Solo - der Satz soll Fords Idee gewesen sein.

(Foto: imago/Cinema Publishers Collection)

Vor allem aber würde Ford zurückblicken auf eine erfolgreiche Karriere als Zimmermann und Tischler, die er einschlug, als es mit der Schauspielerei nicht so recht klappen wollte. Er musste ja seine Familie ernähren. Er brachte sich das Handwerk selbst bei, hatte sich schnell einen Namen als Möbelschreiner erarbeitet, als einer der besten in Los Angeles. Er hatte für Stars und Sternchen gearbeitet und viel Geld verdient. Die filmischen Ambitionen hatte er dagegen schnell aufgegeben.

Zum Glück aber kam es anders.

Harrison Ford war Mitte der 70er ein erfolgloser Schauspieler, aber gut gebuchter und renommierter Tischler, als ihm das Glück hold war. Und zwar so richtig. George Lucas - der ihn in "American Graffiti" besetzt hatte, weil er gerade bei ihm einen Schrank einbaute - engagierte Ford für ein paar Sprechproben für die Besetzung seines neuen Projekts, einem Science-Fiction-Film. Eine Rolle kam für Ford nicht infrage - Lucas bestand auf neuen Gesichtern.

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Mut zur Düsternis: Ford in "Blade Runner".

(Foto: imago/ZUMA Press)

Allerdings änderte der Regisseur und Produzent von "Star Wars" seine Meinung: Harrison Ford wurde Han Solo, "der große Tunichtgut des Universums", wie er ihn selbst einmal nannte. Die ikonische Rolle des Weltraumschmugglers, der sich eher widerwillig der Rebellion gegen das galaktische Imperium anschließt, wurde für Ford zum Durchbruch und zum Dauererfolg - noch dreimal zog er in den Sternenkrieg, zuletzt 2015.

Abenteuerlustig, machohaft, charmant

Vor allem aber prägte die Figur das Image, für das Ford stand und steht: Er ist nicht der makellose Held, sondern das gewiefte Schlitzohr mit dem Herz am rechten Fleck. Er ist so abenteuerlustig wie bodenständig, mitunter machohaft, aber charmant - und verfügt darüber hinaus auch noch über Selbstironie und eine stoische Komik. Ein Mann zum Pferdestehlen, der seine Stunts oft selbst ausführt. Ein Mann, den Frauen mögen, und Männer.

Dieses Image perfektionierte Ford mit seiner zweiten ikonischen Rolle, dem Archäologen mit Lederjacke, Fedora-Hut und Peitsche: Indiana Jones. Auch hier half das Glück etwas nach. Lucas, der "Jäger des verlorenen Schatzes" produzierte, riet Regisseur Steven Spielberg von Ford ab. Er wollte nach "Star Wars" nicht schon wieder mit ihm zusammenarbeiten. Doch als der ursprünglich angefragte Tom Selleck absagen musste, drängte Spielberg darauf, Ford zu besetzen. Der Rest ist Geschichte.

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Mit "Der einzige Zeuge" wandte sich Ford 1985 vorläufig vom Blockbuster-Kino ab.

(Foto: imago/United Archives)

Zwei Rollen, acht Filme - Harrison Ford hat ausgesorgt. Er hat seinen Stammplatz im popkulturellen Gedächtnis der Welt sicher. Bis heute lässt er die Herzen von Kindern und kindlicher Erwachsener höher schlagen. Mit Lederjacke und Laserkanone bedient er gleichzeitig Nostalgie und Spieltrieb. In ihm verbinden sich gute, alte Abenteuerfilme mit fantastischen Welten in einer weit, weit entfernten Galaxie - inklusive Nazis und Prinzessinnen, Schatzsuche und Mythologie.

Doch so sehr Ford auch selbst dieses Image pflegt - man täte ihm Unrecht, ihn darauf zu beschränken. Selbst in den 80er-Jahren, in denen er immer wieder seine beiden bekanntesten Rollen wiederholte, fand er Zeit für andere, für düstere Charaktere: 1982 spielte er die Hauptrolle in "Blade Runner" von Ridley Scott, einem Science-Fiction-Film ohne Prinzessinnen, aber mit Robotern, der wegweisende Fragen zur künstlichen Intelligenz behandelt und inzwischen als Kultfilm gilt.

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Mit über 70 Jahren reüssiert Ford in seinen bekanntesten Rollen: "Star Wars", "Indiana Jones" und "Blade Runner".

(Foto: imago/E-PRESS PHOTO.com)

In "Der einzige Zeuge" - für den er seine einzige Oscar-Nominierung erhielt - tauchte er als abgebrühter Großstadtpolizist bei den Amish unter, um einen Zeugen zu beschützen. In dem zivilisationskritischen Film "Mosquito Coast" zieht Ford als Familienvater nach Honduras, wo der Traum vom naturnahen Leben sich jedoch als Illusion erweist. In "Frantic" von Roman Polanski suchte er verzweifelt in Paris nach seiner verschwundenen Frau. "Aus Mangel an Beweisen" handelte von Korruption bei der Polizei, "In Sachen Henry" von der Selbstfindung eines Egozentrikers.

Neben das Image vom zupackenden Schlitzohr tritt ein weiteres Motiv in Fords Filmen: die Suche nach einer tieferen Wahrheit, das Kratzen an der Oberfläche. Jener Oberfläche, die er zuvor in seinen großen beiden Rollen bedient hatte. Es hat Ford gut getan, sich vom Kreis um Lucas und Spielberg zu lösen. Er hat mit Peter Weir zusammengearbeitet, mit Alan J. Pakula und Mike Nichols, mit Scott und Polanski, später mit Sydney Pollack und Wolfgang Petersen - renommierte Regisseure mit ganz eigenen künstlerischen wie politischen Ansichten. Aus dem Blockbuster-Star Ford wurde der Schauspieler Ford.

Schnörkellose Action, intelligente Unterhaltung

Auf dem Höhepunkt seiner Bekanntheit - und an der Spitze der Gehaltsliste - nutzte er das ausgiebig für Filme, die bei Publikum wie Kritik gleichermaßen ankamen: "Auf der Flucht", "Das Kartell" und "Air Force One" verbanden schnörkellose Action mit intelligenter Unterhaltung. Andere Werke versanken dagegen im Mittelmaß oder floppten komplett. Gerade im neuen Jahrtausend sind Fords Erfolge rar gesät. "Ich denke, amerikanische Filme leiden derzeit an ihrer Maßlosigkeit", sagte er 2003. Sie ähnelten eher Videospielen, ihnen fehlten die Geschichten über das Leben.

Vermutlich passt Ford einfach nicht zum Blockbuster-Actionkino, auch wenn er es einst mit seinen ikonischen Rollen mitbegründete. Doch selbst da war er stets pragmatisch, bodenständig gewesen. "Mein Ansatz beim Schauspielern ist die 'so tun, als ob'-Schule", sagte er einmal. "Wenn man tatsächlich etwas fühlt, sollte man das zeigen", ansonsten gelte die Regel: "Imitiere, bis es sich richtig anfühlt." Kein Method Acting also, keine Einfühlung, keine schauspielerischen Höhenflüge, aber auch keine unnötigen Schnörkel, kein Brimborium.

Das zeigt auch die Anekdote um eine der berühmtesten Szenen aus "Jäger des verlorenen Schatzes": Nach endloser Verfolgungsjagd und vielen Kampfszenen stellt sich ein schwarzgekleideter Schwertkämpfer Indiana Jones in den Weg. Der schaut erst überrascht, dann genervt greift zum Revolver und schießt den Angreifer kurzerhand nieder. Was die verblüffende Selbstironie von Hauptfigur und Filmreihe so treffend auf den Punkt bringt, hatte einen improvisierten Hintergrund: Ford litt an dem Tag an Durchfall und wollte die Szene so kurz wie möglich halten, weshalb der ursprünglich geplante Zweikampf einfach gestrichen wurde.

So kennt man Harrison Ford: gradlinig und unkompliziert. Und selbstironisch. Gefragt, ob er an die ominöse Macht glaube, um die es in "Star Wars" geht, sagte er einst: "Ich denke, die Macht ist in uns. Mach was draus." Er wäre auch ein ziemlich guter Tischler geworden.

Was Sie noch nicht über Harrison Ford wussten
  • Ford hat väterlicherseits irische und deutsche Vorfahren, die Eltern seiner Mutter waren jüdische Einwanderer aus Minsk. Er war dreimal verheiratet, hat vier leibliche und ein adoptiertes Kind sowie drei Enkel.
  • In den 60er-Jahren arbeitete Ford unter anderem als Roadie für The Doors und auf dem Monterey Pop Festival.
  • Er führte etliche Stunts selbst aus. Seit einem Unfall in seiner frühen Karriere hat er mehrere falsche Zähne. Beim Dreh zu "Tempel des Todes" verletzte er sich den Rücken, bei "Auf der Flucht" gab's einen Bänderriss, bei Star-Wars-Dreharbeiten 2015 einen Knöchelbruch. Seine Narbe auf dem Kinn kam dagegen von einem Autounfall 1968.
  • Ford hatte eine kleine Rolle als Rektor in "E.T. - Der Außerirdische" - die Szene wurde aber herausgeschnitten.
  • Wegen seines Engagements für die Erhaltung der Arten - er ist Vize-Chef von Conservation International - wurden eine Ameise (Peidole harrisonfordi) und eine Spinne (Calponia Harrisonfordi) nach ihm benannt.
  • Er ist begeisterter Pilot - im Jahr 2000 rettete er so eine Wanderin in der Nähe seiner Ranch in Wyoming. 2015 wurde er bei einer Notlandung seiner Maschine verletzt, 2017 stieß er beinahe mit einer Boeing zusammen.

Quelle: ntv.de

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