The Beatles Never ending story
07.05.2008, 14:57 UhrDa denkt unsereins, es gäbe nichts mehr zu erzählen über diese Band, deren Musik nach ihr zum Maßstab jedweden guten Rock and Rolls geworden ist. Und dann tauchen fast zeitgleich drei Ton- bzw. Bildträger auf, die doch noch etwas zu berichten haben, was wir so noch nicht wussten oder zumindest nicht gehört oder gesehen hatten.
Die "Beatles Jukebox" bietet einen Überblick über die Musik, die die Fab Four zu ihren späteren Höhenflügel inspirierte und/oder die sie nachspielten. Da hat's zunächst einen, der zur Bildung der Quarry Men, der Ur-Beatles sozusagen, führte. Lonnie Donegan, der "King of Skiffle" ist mit zwei seiner Standards vertreten: "Wreck Of The Old '97" und "Cumberland Gap". Skiffle, das war und ist eine Musik, die mit einfachsten, häufig selbst gebastelten Instrumenten anglo- und afroamerikanische Anstöße aufnahm/-nimmt. Vielleicht war Skiffle auch der britische Vorläufer der dortigen Variante des Rock 'n' Roll, aus der Tommy Steele, Billy Fury, Johnny Kidd And The Pirates, Cliff Richard und die Shadows und schließlich die Beatles entstanden. Doch, wie das so ist, der Eingebungen waren viele. Und so fehlt Little Richard mit seinem "Long Tall Sally" ebenso wenig wie Carl Perkins' "Matchbox" und "Honey Don't" oder Chuck Berrys "Rock 'n' Roll Music" plus "Roll Over Beethoven", Songs, die John, Paul, George und Ringo dann selbst einspielen sollten. Nebenbei: George Harrison hat das Riff bei "Roll Over Beethoven" auf "With The Beatles" so genial gespielt, wie es der Meister bis auf den Tag nicht geschafft hat. "Twenty Flight Rock" von Eddie Cochran blieb Inspiration, nie sollten die Beatles einen Titel dieses viel zu früh von dieser Welt gegangenen US-Rockers einspielen. Es blieb Paul McCartney auf seiner Solo-LP "Run, Devil, Run" vorbehalten - eine weniger gelungene Version - dieses umwerfenden Klassikers aufzunehmen.
Und dann wird natürlich einer geehrt, der neben Lonnie Donegan der Stichwortgeber der Liverpooler war: Buddy Holly aus Lubbock/Texas ist mit seinem "That'll Be The Day" zu hören, ein Song, der - wie das beigefügte, sauber recherchierte Booklet vermerkt - 1956 zur ersten Plattenaufnahme der späteren Beatles wurde. Nicht zuletzt der Name von Buddys Band The Crickets (Die Grillen) war es, der - der Legende zufolge - John Lennon zu den Beetles (Käfer) "with an a", "Beetles mit einem a" anregen sollte. Was fehlt, sind die Girl Groups und die Rhythm & Blues-Interpreten. "Chains" vom ersten Beatles-Album hatte das New Yorker Mädchentrio The Cookies aufgenommen, "Baby, It's You" stammte von den Shirelles. Und "Money (That's What I Want) von Berry Gordy, dem Begründer des Tamla-Motown-Sounds, um nur einige Beispiele zu nennen. Vielleicht sollte dies auf einem Volume II der "Beatles Jukebox" in Angriff genommen werden.
Im Smoking auf der Reeperbahn?
Weniger geglückt ist die "Destination Hamburg getitelte DVD, die uns "nie zuvor gesehenes Filmmaterial" verspricht. Sicher, da ist die eine oder andere Sequenz, die einem neu erscheint, die Aufnahmen gehen an einigen Stellen aber so durcheinander, dass es nur so seine Art hat. Und sie wiederholen sich, wie - zum Beispiel - das Photo von John Lennon bei einem Auftritt der Quarry Men. Die Geschichte der Geburt der Beatles will man erzählen, aber wie passen dazu Bilder von der Verleihung der "Order of the British Empire"-Auszeichnungen 1965 durch die Queen? Haben die vier schon auf der Reeperbahn Smoking getragen? Tony Sheridan, mit dem die Band als The Beat Brothers ihre ersten Platten einspielte, plaudert aus dem Nähkästchen, das ist spannend. Interessant der Gedanke, dass Liverpool und Hamburg als Hafenstädte, die in Weltkrieg II bombardiert wurden, zu Ausgangspunkten der Beat-Revolution wurden. Schade aber, dass aus der Hamburger Zeit nur verjazzte Versionen von "My Bonnie" und ähnliches zu hören sind. Zumindest ein paar 62er Aufnahmen aus dem Star Club hätten auf die DVD gehört. Mithin: Ein Muss für Fans, aber für die anderen ein etwas komplizierter Weg, sich den Zugang zur größten Rock 'n' Roll-Band aller Zeiten zu erschließen.
Mit der DVD "Plastic Ono Band erscheint eine weitere Scheibe der lobenswerten Eagle-Vision-Serie "Classic Albums", in der schon so fundamentale Alben wie Pink Floyds "The Dark Side Of The Moon" oder "Disraeli Gears" von Cream in Bild und Ton vorgestellt wurden. "Plastic Ono Band, 1970, war Lennons erstes Solowerk. Zu Wort kommen Ringo Starr, der als einziger der Beatles bei dem Projekt mitmachte. Und Klaus Voormann, der Bassist und Autor des berühmten Covers der 1966 erschienenen Beatles-LP "Revolver". Aufnahmen so grundlegender Stücke wie "Working Class Hero", "Give Peace A Chance" und "Instant Karma" gehören selbstverständlich dazu. Unvermeidlich die Präsenz von Yoko Ono. Wer wissen will, was schlechte Musik ist, sollte sich der Dame als Urschrei bezeichnetes Gegröle anhören. Für manchen mag es nachvollziehbar sein, dass sich John Winston Lennon in eine Frau aus dem exotischen Japan verliebt hat. Dass er aber eine so untalentierte Egozentrikerin bei seinen Aufnahmen mitmachen ließ, bleibt tragisch. Als das Oeuvre erschien, waren die Beatles noch zusammen, die Ono Band war Onos Idee. Dass trotzdem ein so großes Werk entstand, lag am Genie Lennons. Der Anteil seiner Frau blieb glücklicherweise gering. "Plastic Ono Band" markiert jedoch den endgültigen Bruch der Fab Four. Daran hat, wie auch diese Dokumentation zeigt, die Frau mit der Sonnenbrille und dem Panamahut einen entscheidenden Anteil.
Wer also Interesse am Aufstieg und am Niedergang der Beatles hat, der sollte sich die vorliegenden CD/DVDs nicht entgehen lassen.
"The Beatles: Destination Hamburg - The Early Years", DVD, Wienerworld
John Lennon: "Plastic Ono Band, DVD, Eagle Vision
Vipers Skiffle Group u. a.: "The Beatles Jukebox", CD, Chrome Dreams
Quelle: ntv.de