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Zum Dahinschmelzen! Schokolade braucht Spucke

Quälende Entscheidung: Welche Sorte esse ich als erste?

Quälende Entscheidung: Welche Sorte esse ich als erste?

(Foto: shutterstock)

Bridget Jones vernascht sie schon morgens, Juliette Binoche verführt ein ganzes Dorf damit. Schokolade macht glücklich, auch wenn Diätapostel an diesem Satz lange würgen müssen. Weshalb aber Schokolade unsere Sinne betört und warum sie wie schmeckt, erklärt Eva Derndorfer.

Es gibt tausend Gründe, Schokolade zu lieben. Mindestens! Aber es genügen viel weniger, um stets einen Grund zu finden, der süßen Versuchung nachgeben zu dürfen. 111 davon hat Eva Derndorfer aufgeschrieben; "111 Gründe, Schokolade zu lieben" bestärkt Schoki-Fans, sich ihrem Genuss hinzugeben, räumt mit Vorurteilen auf und bietet außerdem kurzweiliges Lesevergnügen. Derndorfer hat für dieses Buch keinen Selbstversuch gescheut: "Ich habe gefriergetrocknetes Astronautenschokoladeneis bestellt und gekostet, mir Schokoladenmasken auf das Gesicht geschmiert und zu Räucherforelle keinen klassischen Sahnemeerrettich gegessen, sondern Meerrettich mit weißer Schokolade verfeinert. Ich habe Schokolade gegrillt und mit ihr eingekocht."

Schokolade ist ein Produkt, das man gerne teilt und wohl zu jenen Lebensmitteln gehört, die am seltensten weggeworfen werden. Schokolade hat einen hohen Unterhaltungswert, sei es beim Kuscheln auf der Couch oder als duftende Gesichtsmaske. Sie macht glücklich und munter, regt das Gehirn an und liefert Energie. Und entgegen so manch böser Behauptung, macht sie nicht dick, wenn man die Futtermenge nach Genusseinheiten bemisst.

Für die Österreicherin Eva Derndorfer ist Schokolade nicht nur Genuss-, sondern auch Studienobjekt.

Für die Österreicherin Eva Derndorfer ist Schokolade nicht nur Genuss-, sondern auch Studienobjekt.

(Foto: Privat)

Bei ihren 111 Gründen beruft sich die Autorin nicht nur auf allgemeine und ganz persönliche Wahrnehmungen und Empfindungen, sondern natürlich auch auf Wissen und Weisheiten, Historie und Histörchen, auf diverse Studien und Veröffentlichungen. Selbstverständlich auch auf ihre eigenen profunden Kenntnisse, schließlich ist Eva Derndorfer sozusagen Genießerin von Berufs wegen, promovierte noch dazu, und setzt sich seit vielen Jahren mit dem Genuss von Lebensmitteln auseinander. Sie studierte Ernährungswissenschaften und spezialisierte sich auf die Sensorik, die Wahrnehmung von Lebensmitteln mit allen Sinnen. Nach jahrelanger Berufstätigkeit im Hochschulsektor und der Lebensmittelindustrie, wo sie sich u.a. mit der Entwicklung von Schokolade befasste, gründete Eva Derndorfer 2008 ihr eigenes Unternehmen. Sie hält Sensorikschulungen und Genusswerkshops, ist Lehrbeauftragte an Universitäten und Fachhochschulen, berät als Ernährungswissenschaftlerin Unternehmen der Lebensmittelbranche und ist Autorin zahlreicher Bücher rund um das Thema Essen. Ihr Buch "Brot im Klartext" wurde 2013 mit dem Gourmand World Cookbook Award ausgezeichnet.

Riechen ist nur die halbe Miete

Angebot und Konsum von Schokolade haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert- Geschmack ist nicht nur individuell, sondern auch dem Zeitgeist unterworfen, und so gehen Hersteller mit der Mode. Inzwischen ist die Vielzahl kreativer Sorten kaum überblickbar; dunkle Schokolade ist Trend. Was nicht heißt, dass ausgesprochene Süßschnäbel nicht auf ihre Kosten kommen, denn der Schokoladenmarkt bietet wahrlich für jeden Geschmack jede Menge. Was noch vor wenigen Jahren völlig absurd war, etwa die Kombination von Schokolade mit Käse, Fleisch oder Fisch, mit Chili, Pfeffer oder Oliven, gibt es heutzutage nicht nur in Gourmetrestaurants.

Beliebt bei kleinen und großen Genießern: Schokomilch.

Beliebt bei kleinen und großen Genießern: Schokomilch.

(Foto: shutterstock)

Warum eigentlich schmeckt uns Schokolade? Weil …??? Da fällt einem nicht weiter ein als: "Sie schmeckt halt!" Eva Derndorfer erklärt, warum Schokolade schmeckt, warum man im Prinzip nichts dagegen tun kann: Die Biologie ist schuld! Doch die angeborene Präferenz für Süßes kann ebenso verlernt werden wie die Ablehnung von Bitterem sich durch  allmähliche Gewöhnung wandelt. Deshalb schmecken dem kleinen Menschen Kinderschokolade und Grießbrei so gut wie ihm später als Erwachsenen die Bitterschokolade und Campari munden. Ausnahmen bestätigen die Regel. Bei Oma und Opa, die plötzlich wieder auf Kuchen und Milchreis stehen, schließt sich der Kreis. "Es ist das Resultat dessen, dass sich unser Geschmackssinn im Laufe des Lebens ändert", schreibt Derndorfer. Die Fähigkeit zu schmecken lässt nämlich im Laufe des Lebens nach; die fünf Grundgeschmacksarten süß, sauer, salzig, bitter und umami (Geschmackseindruck eiweißreicher Lebensmittel) verändern sich aber unterschiedlich stark. Fazit: Wenn Sie sich bei dem Satz ertappen: "Früher hat alles besser geschmeckt" und Sie lieber wieder an der Kinderschokolade statt an der guten Herrenschokolade lutschen, dann ist es Zeit für die Rentenklärung. Oder um es mit Derndorfer zu sagen: "Süß bleibt uns am besten erhalten. Will heißen: Man kann sich das Leben in jedem Alter versüßen!"

232 Seiten geben Aufschluss über die kulinarische Vielfalt von Schokolade.

232 Seiten geben Aufschluss über die kulinarische Vielfalt von Schokolade.

Ob die Schokolade nach Kakao, Nuss oder Karamell schmeckt, nehmen wir mit der Nase und nicht mit der Zunge wahr. Das weiß jeder, der sich schon mal mit verstopfter Nase über den Schnupfen hinweg trösten wollte: Die kleine Köstlichkeit schmeckt dann nämlich nach gar nichts, nur nach süß! Denn einen eigenen "Schokoladengeschmackseindruck" gibt es nicht. All die Aromen, die zum größten Teil bei der Schokoladenherstellung entstehen, und jene, die durch Zutaten eingebracht werden, nehmen wir mit Hilfe der Nase wahr. Wer nun aber glaubt, an der Schokolade zu riechen genügt, um die Lust darauf zu befriedigen, irrt gewaltig. Schon mal was von 3-Methylbutanal, 2-Methylbutanal und Phenylacetaldehyd gehört? Ich auch nicht, höchstens noch bei der Abi-Vorbereitung, und das ist schon sehr, sehr lange her! Chemiker stellten fest, dass diese drei wesentlichen Aromastoffe in Anwesenheit von Wasser bzw. Speichel in gerösteten Kakaobohnen und in Schokolade vermehrt gebildet werden. Das heißt ohne chemisches Brimborium: "Erst beim Essen von Schokolade entsteht das volle Aroma. Ohne Speichel weniger Aroma. Nur Riechen ist erst die halbe Miete."

Eva Derndorfer spannt in ihrem Buch den Bogen von den ersten Kakaogenießern der Menschheit, den Olmeken um 1300 v. Chr., bis zu den heutigen Schoki-Fans und lässt dabei nichts aus: Warum Schokolade gesund ist, weshalb jedermann sie ständig und überall genießen kann, wie man mit Schokolade Gutes tun und seinen geistigen Horizont erweitern kann. Selbst die EU macht keinen Bogen um die Schokolade, investiert Millionen Euro in ein Forschungsprojekt - und das alles nur, um Schokolade im Auge des Genießers besser dastehen zu lassen. Zur Freude aller Kinder und zur Beruhigung ihrer Mütter erklärt die Autorin, warum es sinnvoller ist, dem Nachwuchs Schokolade statt Bonbons oder andere klebrige Süßwaren zum Naschen zu geben: Kakao arbeitet nämlich gegen Karies!

Wer wissen will, warum Ärzte und Krankenschwestern, Sportler und Piloten, Autofahrer und Bergsteiger gerne zur Schokolade greifen, was sie mit dem prämenstruellen Syndrom (PMS) zu tun hat, wieso Katzenzungen verbaler Blödsinn sind und weshalb man ab und zu doch mit Essen spielen darf, ob Schokolade auch zum Bier schmeckt und weshalb sie zwar anregt, dennoch nicht auf der Dopingliste steht, der sollte das Buch "111 Gründe, Schokolade zu lieben" lesen. Es ist im April bei Schwarzkopf  & Schwarzkopf erschienen, hat 232 Seiten und kostet 9,99 Euro. Das Taschenbuch ist kleiner als manche Pralinenschachtel und eignet sich an deren Stelle sehr gut als nettes Geschenk. Oder doch lieber mit Praline & Co.? Denn: "Neun von zehn Leuten mögen Schokolade. Der Zehnte lügt", zitiert Eva Derndorfer den amerikanischen Karikaturisten John Tullius. Und damit ist alles gesagt.

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Quelle: ntv.de

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