Blick in Afghanistans Seele Träume und Terror
22.01.2008, 19:43 UhrKabul in den 70er Jahren. Afghanistan noch vor der Invasion der Sowjetischen Armee. Amir ist ein Sohn aus wohlhabendem Haus, Hassan der ungebildete Sohn des Hausdieners. Amir ist Paschtune, Hassan gehört der Völkergruppe der Hazara an. Zwischen beiden Jungen liegen Welten. Doch trotz der Klassen- und ethnischen Unterschiede sind Amir und Hassan beste Freunde, vielleicht auch weil sie Milchbrüder sind. Beide verloren ihre Mütter kurz nach der Geburt und beide Kinder bekommen Milch von der gleichen Amme.
Hassan ist einer der besten "Drachenläufer" von Kabul. Bei den traditionellen Drachenrennen starten viele Papierflieger und die Kunst besteht darin, die Schnur der gegnerischen Drachen abzutrennen, bis nur noch der eigene am Himmel ist. Amir und Hassan sind beim Drachenfliegerwettbewerb unschlagbar. Amir will das Turnier unbedingt gewinnen, um seinen Vater stolz zu machen, und tatsächlich läuft Hassan wie um sein Leben, als er den siegreichen Drachen nach Hause bringen will.
Doch die Freundschaft nimmt ein jähes Ende, als Hassan von einer Jugendbande brutal vergewaltigt wird. Sein Freund wird Augenzeuge, kommt ihm aber nicht zu Hilfe. Das Trauma dieses Verrats wird Amir sein ganzes Leben lang nicht wieder los. Hassan und sein Vater verlassen das Haus. Nach dem Einmarsch der Sowjets flieht Amir mit seinem Vater in die USA.
Jahre später wird er während der Taliban-Herrschaft von einem Freund seines inzwischen verstorbenen Vaters zurück in die Heimat gerufen. Amir wird Hassan nicht wieder sehen, die Taliban haben seinen Freund umgebracht. Doch Hassan hat einen Sohn, Amir bringt ihn heraus aus dem Land seiner Kindheit, das er kaum wiedererkennt, und wird ihn wohl am Ende mitnehmen nach Amerika. Die Reise zurück ist schmerzhaft, weil er sich der eigenen Schuld stellen muss und auch einer unbekannten Seite seines Vaters begegnet. Denn Hassan war nicht nur sein Milchbruder, sondern sein Halbbruder.
In einer Zeit, in der Afghanistan nur der Ort sein soll, an dem auch die Freiheit der Deutschen verteidigt wird, hat es Khaled Hosseini geschafft, Afghanistan den Afghanen wieder zurück zu geben. Sein Roman ist eine große Geschichte von Freundschaft und Verrat, von Schuld und Sühne, aber auch eine Hommage an sein Land, an das Afghanistan der Stämme, an seine Menschen und seine Traditionen und eine Referenz an das, was auch aus Afghanistan werden kann. Gerade kommt der Film zum Buch ins Kino.
Khaled Hosseini: "Drachenläufer", Bvt Berliner Taschenbuch Verlag, 2007, 385 S., 10,50 Euro
Quelle: ntv.de